WEtell geht als Deutschlands erster nachhaltiger Mobilfunkanbieter an den Start: »Da haben wir uns gedacht, dann machen wir das eben selbst!«

Lange Vertragslaufzeiten, undurchsichtiger Tarifdschungel, mieser Kundenservice: Mobilfunkanbieter sind nicht gerade für ihr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit bekannt. Nun wollen die jungen Gründer*innen die Branche von WEtell ordentlich umkrempeln und ihr Startup von Grund auf ökologisch verantwortlich, transparent und fair aufbauen - 2-Jahres-Knebelverträge sucht man bei WEtell vergeblich. Was WEtell darüber hinaus noch anders macht als die anderen, erzählt Mitgründerin Alma Spribille im Interview.
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von Charlotte Clarke, 18. Mai 2020 um 07:55

Mit eurem Startup WEtell möchtet ihr der erste Mobilfunkanbieter in Deutschland sein, der Nachhaltigkeit wirklich im Kern seines Geschäftsmodells verankert. Welche Werte oder Aspekte der Nachhaltigkeit sind euch dabei besonders wichtig?

Alma Spribille: Wir sehen Nachhaltigkeit ganzheitlich, dazu gehören für uns Klimaschutz, Datenschutz, Fairness und Transparenz. Wir wollen in allen Belangen so nachhaltig agieren wie irgendwie möglich und damit einen Referenzpunkt im Mobilfunk setzen, um zu zeigen, dass auch Mobilfunk konsequent nachhaltig möglich ist.

Kannst du das Konzept eures Unternehmens etwas näher beschreiben? Was macht ihr - ganz konkret in der Praxis - anders als die herkömmlichen Anbieter?

Alma: 1. Klimaschutz: WEtell bietet klimaneutralen Mobilfunk und geht schonend mit Ressourcen um. Die durch WEtell Kund*innen verursachten CO2-Äquivalente werden mittels etablierter Modelle abgeschätzt und mit einem Sicherheitsfaktor beaufschlagt. Gemeinsam mit Partnern wie Greenpeace Energy (GPE) und den Elektrizitätswerken Schönau (EWS) werden in Deutschland Photovoltaik-Anlagen gebaut, deren Strom als »Graustrom« ins Netz eingespeist wird und somit echten Graustrom aus Kohle u.ä. verdrängt, so dass WEtell-Kund*innen mindestens bilanziell klimapositiv telefonieren und surfen.

2. Datenschutz: Im Gegensatz zur weit verbreiteten Praxis des Datensammelns, schöpft WEtell alle Möglichkeiten aus, um innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen möglichst wenige Kund*innendaten zu speichern. Diese werden in keinem Fall an Dritte weitergegeben oder für Werbezwecke genutzt. Damit positioniert sich WEtell klar und einzigartig am Markt.

3. Fairness und Transparenz: WEtell begegnet seinen Kund*innen auf Augenhöhe, ohne versteckte Kosten oder Mindestvertragslaufzeiten, dafür mit echtem Service von Mensch zu Mensch. Durch monatlich kündbare Mobilfunkverträge haben Kund*innen bei WEtell maximale Flexibilität wie im Prepaid-Bereich, während sie gleichzeitig die Bequemlichkeit der automatischen Abrechnung ohne Aufladen aus dem Postpaid genießen können.

Das Mobilfunkgeschäft ist ein extrem kompetitives Terrain - die Anbieter führen einen regelrechten Preiskampf um die günstigsten Tarife. Welche Strategie habt ihr, euch in diesem hart umkämpften Markt zu behaupten? Für welches Tarifprinzip habt ihr euch entschieden?

Alma: In Deutschland gibt es über 130 Mio. Mobilfunkanschlüsse. Gleichzeitig beziehen bereits über 12 Mio. Menschen in Deutschland Ökostrom. Das alles sind potenzielle WEtell Kund*innen. Gerade bewusst konsumierende Kund*innen, die auch andere nachhaltige Dienstleistungen wie Ökostrom beziehen oder eine nachhaltige Bank nutzen, können und wollen sich einen nachhaltigen Mobilfunk leisten. Wir sehen bei unseren bisherigen Kund*innen, dass viele bereits andere nachhaltige Dienstleistungen wie eine nachhaltige Bank (z.B. die GLS Bank) oder einen nachhaltigen Mailinganbieter (z.B. posteo) nutzen und nun auch nachhaltigen Mobilfunk wünschen.

WEtell bietet ausschließlich Postpaid-Mobilfunkverträge. Wir setzen dabei auf ein übersichtliches Tarifportfolio, in dem alle Kund*innen schnell den für sich passenden Tarif finden. Außerdem machen wir keine Rabattaktionen, da alle einen fairen und kostendeckenden Preis bekommen, mit dem auch WEtell nachhaltig wirtschaften kann. Alle Tarife sind monatlich kündbar, so dass auch keine Kund*innen in Verträgen hängenbleiben, die sie nicht mehr brauchen.

In vielen Branchen ist die Auseinandersetzung mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit bereits selbstverständlich und die Awareness der Verbraucher*innen diesbzgl. sehr hoch - ich denke da z.B. an die Modebranche, Lebensmittelhandel, Mobilität - selbst der Finanzsektor zieht langsam nach. Aber an der Mobilfunkbranche scheint die Debatte mehr oder weniger vorbeizuziehen. Was könnten eurer Ansicht nach die Ursachen dafür sein?

Alma: Ein Grund dafür ist sicherlich das bisher mangelnde Angebot. Bevor es nachhaltige Banken gab, hatten die auch noch keine Kund*innen. Aber natürlich sehen wir im Mobilfunkbereich den Bedarf, hier auch Aufklärungsarbeit zu leisten und auf den Beitrag des Mobilfunks zum Klimawandel hinzuweisen. Da wir gut mit anderen nachhaltigen Unternehmen vernetzt sind, sehen wir aber sehr gute Chancen.

Das Handynetz ist die eine Seite - die andere die Hardware. Klassische Marketingstrategien tragen wesentlich dazu bei, dass Smartphones in sehr kurzen Zeitabständen immer wieder neu gekauft werden - obwohl deren Lebensdauer eigentlich viel mehr hergeben würde. Wie geht ihr mit dem Bedarf der Verbraucher*innen um, immer das neueste Smartphone-Modell besitzen zu wollen? 

Alma: Wir bieten anfangs erstmal gar keine Hardware an. WEtell wird niemals 24-Monatsverträge mit ständig neuer Hardware verkaufen. Wir setzen darauf, dass unsere Kund*innen sich neue Hardware kaufen, wenn sie wirklich ein neues Telefon brauchen und das sollte unabhängig vom Mobilfunkvertrag sein. Wir gehen davon aus, dass wir besonders anfangs bereits bewusst konsumierende Kund*innen ansprechen, die es nicht als notwendig erachten, immer die neueste Hardware zu haben.

Foto: © WEtell GmbH

Welche Geschichte steckt hinter WEtell? Wie seid ihr auf die Idee gekommen, selbst einen Mobilfunkanbieter zu gründen?

Alma: Andreas, Nico und ich haben bereits in anderen Kontexten zusammengearbeitet. Vor zwei Jahren waren wir mit einer anderen Idee im Startup-Accelerator Smart Green Seed und haben immer wieder die Rückmeldung bekommen: Super Team, aber die Idee – naja.

Andreas hatte schon vor längerer Zeit soweit wie möglich versucht, alle seine bezogenen Dienstleistungen auf nachhaltige Alternativen umzustellen und hat sich gefragt, ob es eigentlich auch Mobilfunk in nachhaltig gibt. Bei unserer Recherche haben wir keinen konsequent nachhaltigen Mobilfunkanbieter in Deutschland gefunden. Da haben wir uns gedacht, dann machen wir das eben selbst! Die Idee haben wir dann auch bei dem Accelerator vorgestellt und den am Ende sogar gewonnen. Das war Anfang 2018, seitdem arbeiten wir an der Idee und stehen ganz kurz vor unserem offiziellen Marktstart.

Was waren bislang eure größten Herausforderungen bei der Umsetzung eurer Geschäftsidee? Wie seid ihr diesen begegnet und wo habt ihr Unterstützung gefunden?

Alma: Die größte Herausforderung war die Anbindung ans Mobilfunknetz. Die dachten wir bereits Mitte 2019 gelöst zu haben und haben damals mit dem Partner newsim auch bereits eine Übergangslösung angeboten. Leider hat newsim seit Januar 2020 selbst keine Anbindung ans Netz mehr, daher mussten wir uns einen neuen Kooperationspartner suchen, der WEtell ans Mobilfunknetz anbindet. Die Herausforderung haben wir durch viel Einsatz, einige Kontakte aus dem Nachhaltigkeitsbereich und viel Überzeugungsarbeit gelöst.

Nach vielen Gesprächen haben wir nun einen super Partner gefunden, mit dem wir starten können. Unterstützung haben wir von vielen Menschen aus der Nachhaltigkeitsszene, unseren Kolleg*innen und Coaches aus unserem Co-Working Space im Kreativpark Freiburg erhalten.

WEtell plant, sich nach den Richtlinien der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) zertifizieren zu lassen. Dies umfasst auch eine umfassende Reflexion der unternehmensinternen Strukturen, z.B. im Hinblick auf den Umgang mit Mitarbeiter*innen. Welche Werte lebt ihr untereinander in eurem Team? Worauf legt ihr besonderen Wert, wenn ihr neue Mitarbeiter*innen einstellt?

Alma: Den Prozess der GWÖ-Zertifizierung haben wir bereits angefangen. Wir haben eine flache Hierarchie, alle Menschen können ihre Ideen einbringen und wir kommunizieren auf Augenhöhe. Es gibt regelmäßige Feedbackgespräche unter den Teammitgliedern. Als Startup können wir aktuell noch eher begrenzte Gehälter zahlen, aber auch diese gestalten wir fair für alle.

Bei Neueinstellungen ist uns vor allem die Motivation für die Sache wichtig. Wir wünschen uns ein diverses Team mit freundschaftlichem Umgang und auch mal gemeinsamen Team-Abenden.

Im Laufe diesen Jahres wollt ihr offiziell den Markteintritt wagen. Wo steht ihr gerade und was sind eure nächsten Schritte? Und welche Möglichkeiten gibt es, euch bereits jetzt zu unterstützen? 

Alma: Wir befinden uns gerade in einem Sprint hin zum Marktstart. Wir bereiten gerade alle Systeme gemeinsam mit unserem Netzanbinder vor. Dazu bauen wir bei uns ganz aktuell den Customer Service mit zwei neuen Stellen aus.

Aktuell kann man uns unterstützen, indem man auf unserer Homepage Gutscheine bestellt, die man einlösen kann, sobald wir am Markt sind. Außerdem kann man sich in unseren Newsletter eintragen und am allerbesten: Man kann anderen von uns erzählen und so mehr Menschen darauf aufmerksam machen, dass WEtell als konsequent nachhaltiger Mobilfunkanbieter bald am Markt startet.


Du möchtest mehr erfahren? Hier geht es lang zur Homepage von WEtell.


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