Next Kraftwerke ist ein virtuelles Kraftwerk. Wie genau kann ich mir das Konzept vorstellen und wie funktioniert es?
Nils Neuneier-Quak: Next Kraftwerke vernetzt dezentrale Stromproduzenten wie Biogas, Solar oder Wind, industrielle Stromverbraucher und Stromspeicher digital in einem virtuellen Kraftwerk. Die so aggregierte Leistung wird entweder auf dem europäischen Strommarkt für kurzfristigen Stromhandel veräußert oder zur Stabilisierung des Stromnetzes gegen Netzschwankungen eingesetzt. Darüber hinaus können industrielle Stromverbraucher auch über Next Kraftwerke ihren Strom beziehen und von den Strompreisschwankungen an der Börse profitieren.
Was sind die größten Vorteile gegenüber »traditionellen« Kraftwerken?
Neuneier-Quak: Der größte Vorteil gegenüber konventionellen Kraftwerken ist, dass die Stromproduktion nachhaltig ist. Unsere vernetzte Leistung ist mit über 7.500 MW mittlerweile so groß wie zwei bis vier konventionelle Kraftwerke – aber grün. Zudem sind durch die Energiewende mittlerweile dezentrale erneuerbare Stromproduzenten aus unserer heutigen Stromlandschaft nicht mehr wegzudenken. Diese Anlagen müssen ja auch möglichst effizient in das Stromsystem eingebunden werden. Dezentrale Kraftwerke leisten diese Arbeit und bündeln die dezentrale Leistung. Zudem können Anlagen der erneuerbaren Energien in der Regel ihre Stromproduktion viel schneller verändern und so viel effizienter Strom produzieren.
Viele Menschen stehen der fortschreitenden Digitalisierung in sämtlichen Bereichen des täglichen Lebens noch relativ kritisch gegenüber und bemängeln u.a. die Vulnerabilität (leichtes Ziel für Hacker, Störungsanfälligkeit etc.) von digitaler/virtueller Energieversorgung. Wie versucht ihr, solcher Kritik entgegen zu wirken?
Neuneier-Quak: Wir sind uns der Risiken der Digitalisierung bewusst und nehmen diese sehr ernst. Als Teil der kritischen Infrastruktur Deutschlands müssen wir zum einen sehr strenge Auflagen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erfüllen – in diesem Kontext müssen wir jedes Jahr auch vom TÜV unsere Informationssicherheit zertifizieren lassen (ISMS). Zum anderen erfolgt die Kommunikation zu den einzelnen Teilnehmer*innen unseres virtuellen Kraftwerks nicht über das reguläre Internet, sondern über verschlüsselte VPN-Tunnel innerhalb geschlossener Nutzergruppen.
Ihr seid davon überzeugt, dass Deutschland seine Energieversorgung bis 2050 zu 100% aus erneuerbaren Energien gewinnen könnte. Was müsste getan werden, damit dies auch wirklich realisiert werden kann und welchen Beitrag können virtuelle bzw. digitale Kraftwerke dabei leisten?
Neuneier-Quak: Wichtig ist aus unserer Sicht, dass wir nicht auf halbem Weg der Energiewende anfangen, unser Ziel aus den Augen zu verlieren und den Schwung aus der Energiewende nehmen. Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass wir gerade einiges an Geschwindigkeit und Fokus einbüßen. Wir sehen beispielsweise stagnierende Zahlen im Zubau von Neuanlagen, während der Kohleausstieg noch immer sehr halbherzig angegangen wird. Zudem ist wichtig, eine Infrastruktur zu etablieren, die diese neue Art der dezentralen Stromproduktion noch besser unterstützt.
Wie kann ich meine Stromversorgung über Next Kraftwerke laufen lassen? Ist dies überall in Deutschland möglich und wenn ja, was muss ich beachten?
Neuneier-Quak: Zunächst sollte man wissen, dass wir im B2B-Bereich tätig sind, d.h. hauptsächlich Industrie-Kund*innen beliefern.. Wer eine Anlage mit mehr als 100 kW besitzt, kann bei uns mitmachen. Ab einem Jahresverbrauch von 100.000 kWh bieten wir eine Strombelieferung an.
Das Unternehmen hat 2019 seinen 10. Geburtstag gefeiert. Herzlichen Glückwunsch dazu! Wenn ihr zurückblickt, was waren anfänglich die größten Hürden und Herausforderungen und wie habt ihr diese gemeistert?
Neuneier-Quak: Die größten Hürden waren struktureller Art. Das, was wir machen, war in der deutschen Stromlandschaft noch nicht etabliert, es gab keinen regulatorischen Rahmen. Teilweise mussten wir uns den Weg mit rechtlichen Mitteln erkämpfen, um etwa den Strom aus dezentralen Anlagen zur Netzstabilisierung zu nutzen.
Hättet ihr vielleicht auch etwas anders gemacht, wenn ihr die Zeit zurück drehen könntet? Habt ihr einen guten Ratschlag für angehende Gründer*innen, z.B. welche Fehler sie vermeiden sollten?
Neuneier-Quak: Ich würde jetzt nicht sagen, dass wir ganz konkret etwas anders machen würden, wenn wir die Zeit noch einmal zurückdrehen könnten. Einen Tipp für Gründer*innen, der zwar sehr banal klingt, aber langfristig doch sehr hilfreich ist, ist schon früh zu versuchen, eine gute Balance zwischen geordneten Strukturen und Startup-Spirit zu finden. Schnell lässt man sich vom Startup-Gefühl treiben und muss an irgendeinem Punkt feststellen, dass der eine oder andere kodifizierte Prozess doch etwas Zeit und Arbeit sparen würde. Je früher man sich daran macht, so etwas umzusetzen, umso weniger hält es einen zu einem späteren Zeitpunkt auf. Andererseits muss man aber auch aufpassen, dass man nicht voller lauter Prozessen das Kerngeschäft aus dem Blick verliert – ein Balanceakt.
Seid ihr zurzeit auf der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen? Wenn ja, für welche Bereiche kann man sich bei euch bewerben?
Neuneier-Quak: Wir suchen immer motivierte und engagierte Mitarbeiter*innen. Insbesondere in den Bereichen IT und Stromhandel. Wer sich angesprochen fühlt, ist herzlich eingeladen, auf unseren Job- und Karriereseiten vorbeizuschauen.
Was habt ihr Spannendes für die Zukunft geplant und wie möchtet ihr euch weiterentwickeln?
Neuneier-Quak: Wir möchten, dass unser virtuelles Kraftwerk eine Lösung ist, die auch andere Markteilnehmer*innen auf der Welt für sich nutzen können. Aus diesem Grund haben wir die Software hinter unserem virtuellen Kraftwerk so weiterentwickelt, dass wir sie interessierten Kunden weltweit als Software-as-a-Service-Produkt anbieten können. Mittlerweile haben wir auch Kund*innen aus Japan, Korea oder UK, die auf diese Lösung setzen.
Über Nils Neuneier-Quak:
Nils Neuneier-Quak arbeitet seit 2014 bei Next Kraftwerke in der Unternehmenskommunikation. Er kümmert sich dort um das Personalmarketing und sorgt als Media Production Manager dafür, dass die Marketingmaterialien technisch den Vorstellungen des Unternehmens entsprechen.
Mehr über Next Kraftwerke erfährst du auf der Webseite des Unternehmens.
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