Warum ist Mitarbeiterbindung (engl. retention) erfolgsentscheidend?
Menschen – sie sind der entscheidende Faktor für den langfristigen Erfolg Ihrer Organisation. In Zeiten des Fachkräftemangels suchen sich die Talente ihren Arbeitgeber aus – und nicht andersherum. Es ist auch längst kein Geheimnis mehr, welch enorme Rekrutierungskosten durch hohe Fluktuationsraten entstehen. Eine Studie der I.O. Group® Wolf® Consulting kam 2016 zu dem Ergebnis, dass die durchschnittlichen Kosten pro Fluktuationsfall über 43.000 Euro betragen. Andere Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Gesamtkosten der Fluktuation einer Person auf bis zu 200 Prozent deren Jahresgehaltes belaufen können. Im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern kommt es daher nicht nur darauf an, dass Sie Mitarbeitende für sich gewinnen, sondern vor allem darauf, diese langfristig in Ihrem Unternehmen zu behalten.
Wenn Sie dies schaffen, hat das mehrere positive Konsequenzen: Sie sparen, wie bereits erwähnt, Zeit und Kosten bei der Personalgewinnung. Gleichzeitig arbeiten Mitarbeitende, die sich wohl fühlen und stark mit dem Unternehmen identifizieren, produktiver und motivierter, was Ihren Unternehmenserfolg wachsen lässt. Darüber hinaus sind Mitarbeitende, die gerne zur Arbeit gehen, die zufrieden sind und sich mit der Organisation verbunden fühlen, das wohl beste Aushängeschild, um weitere Talente anzuziehen, die wiederum zum Erfolg Ihrer Organisation beitragen. Wie können Sie nun diesen positiven Kreislauf für sich in Gang setzen?
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Zwei wichtige Ebenen der Mitarbeiterbindung
Es gibt verschiedene Modelle, die darstellen, auf welchen Ebenen Mitarbeiterbindung entsteht. Wir möchten hier zwei dieser Ebenen genauer betrachten: Die rationale Ebene und die emotionale Ebene.
Die rationale Ebene
Es gibt rein sachliche Gründe, die dafür sprechen, ein Unternehmen nicht zu verlassen. Dabei handelt es sich meist um Kriterien, die schriftlich in einem Vertrag festgehalten werden können, wie z.B. das Gehalt, bestimmte Benefits, Flexibilität der Arbeitszeiten, Anzahl der Urlaubstage, Home-Office-Möglichkeiten, Karriereperspektiven, Weiterbildungsangebote, usw. Diese Faktoren sind wichtig, insbesondere, wenn es um Flexibilität bzgl. Arbeitszeit und Arbeitsort geht. Und auch wenn ein Großteil der jüngeren Generationen vermehrt die Sinnerfüllung in den Mittelpunkt ihres Berufslebens stellt, vergessen Sie bitte nicht, dass das Gehalt nicht nur den Lebensunterhalt decken sollte, sondern auch eine wichtige Art der Wertschätzung darstellt. Gleichzeitig sind diese rationalen Faktoren nicht alles, denn: Sobald eine andere Organisation dieselben oder sogar bessere Bedingungen bietet, brauchen Sie mehr, damit die Menschen sich dafür entscheiden, langfristig für Sie zu arbeiten. Hier kommt die emotionale Ebene ins Spiel.
Die emotionale Ebene
Während die formalen Bedingungen die wichtige Basis dafür darstellen, dass Menschen gerne für Sie arbeiten, ist die emotionale Verbundenheit, die die Mitarbeitenden zu Ihrer Organisation spüren, das, womit Sie sich einzigartig machen. Gerade in den sozialen und nachhaltigen Bereichen sowie im Non-Profit-Sektor spielt die emotionale Bindung eine immense Rolle, da bei einigen rationalen Faktoren (z.B. Gehalt, Zusatzleistungen) durch einen Mangel an Ressourcen wenig Spielraum besteht. Die emotionale Verbundenheit entsteht beispielsweise durch eine Identifikation mit der Mission und Vision des Unternehmens, durch gute Beziehungen zwischen den Kolleg:innen und dadurch, dass die Werte der Organisation mit den eigenen übereinstimmen.
Nicht zu unterschätzen ist dabei auch die Tätigkeit an sich: Es macht einen Unterschied, ob jemand stärkenorientiert eingesetzt wird und genau das macht, was er oder sie gut kann und was dem eigenen Potenzial entspricht, oder ob sich die Führungskräfte nicht dafür interessieren, ob die Arbeit den einzelnen Teammitglieder Freude bereitet und ob sie daran wachsen können. Diese Faktoren sind wichtig, denn wenn sich Ihre Angestellten tief emotional verbunden mit Ihrer Organisation fühlen, kann das dazu führen, dass diese bessere Bedingungen anderer Unternehmen ausschlagen, um weiterhin für Sie tätig zu sein. Klingt das nicht traumhaft? Dann sehen wir uns mal an, wie das genau funktioniert.
So stärken Sie die emotionale Mitarbeiterbindung
Bevor wir nun auf die einzelnen Tipps eingehen, bitte merken Sie sich eine ganz wichtige Sache: Die meisten Kündigungen sind in Wahrheit keine Kündigung eines Jobs, sondern die Kündigung einer Beziehung. Die Beziehung zwischen Mitarbeiter:in und Führungskraft, Mitarbeiter:in und dem Team oder Mitarbeiter:in und dem Unternehmen an sich. Das ist auch einer der Gründe, warum die emotionale Bindung, die ja mit der Beziehungsebene einhergeht, so wichtig ist. Wie stärken Sie nun diese emotionale Bindung?
Durch gute Beziehungen zwischen den Mitarbeitenden:
Bieten Sie Ihren Teammitgliedern mehr als nur eine tolle jährliche Weihnachtsfeier. Sorgen Sie dafür, dass die einzelnen Teammitglieder regelmäßig in ihrem Arbeitsalltag Möglichkeiten haben, sich auszutauschen. Das können wöchentliche informelle Kaffeepausen oder Check-ins sein, bei denen es erlaubt und sogar erwünscht ist, darüber zu sprechen, wie es einem gerade geht und was einen privat beschäftigt. Zusätzlich sind gezielte Teambuilding-Maßnahmen sinnvoll. Formelle und durch professionelle Trainer:innen durchgeführte Workshops für den Teamzusammenhalt sind dabei genauso wichtig wie informelle Events, wie z.B. ein Sommerfest oder ein freiwilliges Treffen nach Feierabend. Es gibt zahlreiche Ideen, wie Sie Ihr Team dazu motivieren können, stärker zusammenzuwachsen und sich untereinander besser kennenzulernen. Seien Sie kreativ und sehen Sie es als eine Ihrer Hauptaufgaben als Führungskraft, dass sich die Mitarbeitenden untereinander gut kennen und verstehen.
Durch wertschätzende Führung:
Sie haben als Führungskraft eine enorme Vorbildfunktion. Wenn Sie möchten, dass unter den Mitarbeitenden Wertschätzung und Verbundenheit gelebt wird, ist es wichtig, dass Sie das vorleben. Wenn Sie selbst beispielsweise über bestimmte Teammitglieder lästern, dann ist es gut möglich, dass das auch innerhalb des Teams passiert - und das trägt nicht dazu bei, dass sich die Menschen in Ihrem Unternehmen wohl fühlen. Geben Sie stattdessen immer wieder kleine Zeichen der Wertschätzung. Die Kontinuität ist entscheidend, nicht die Größe der Geste. Sagen Sie auch bei den kleinsten Erfolgen “Gut gemacht”, bedanken Sie sich, auch wenn jemand “nur seinen Job” macht, loben Sie, wenn Sie sehen, dass sich jemand viel Mühe bei einem bestimmten Projekt gibt, auch wenn die Ergebnisse noch kaum sichtbar sind. Warum ist das so wichtig? Wenn Sie kontinuierlich die Beziehungsebene zu Ihren Mitarbeitenden durch Wertschätzung stärken, wird Feedback und konstruktive Kritik viel besser vertragen und angenommen. Schaffen Sie ein Umfeld, in dem es erlaubt ist, Fehler zu machen und feiern Sie auch noch so kleine Erfolge.
Wenn Sie sich Loyalität von Ihren Mitarbeitenden wünschen, dann zeigen Sie bitte auch, dass Sie sich ehrlich für sie interessieren. Hierfür gibt es jede Menge Möglichkeiten: Feiern Sie die Geburtstage und Firmenjubiläen der Mitarbeitenden. Führen Sie regelmäßig 1:1 Gespräche - nicht nur einmal im Jahr, sondern am besten wöchentlich oder monatlich. Fragen Sie Ihre Teammitglieder mehrmals im Jahr, ob sie zufrieden sind, wie es ihnen geht und was sie brauchen. Sie können dies in Form von 1:1 Gesprächen oder Umfragen tun, je nachdem, wie viele Menschen bei Ihnen arbeiten. Wichtig ist, dass Sie sich selbst immer wieder Feedback einholen und dieses auch umsetzen.
Eine wichtige Aufgabe jeder Führungskraft ist es, ein Umfeld der psychologischen Sicherheit zu etablieren. Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden sowohl gegenüber der Führungskraft als auch den anderen Teammitgliedern ohne Angst vor Bestrafung Fehler zugeben und sie selbst sein können. Wer als ganzer Mensch zur Arbeit kommen darf und nicht das Gefühl hat, sich verstellen zu müssen, kann sich langfristig wohlfühlen und das eigene Potenzial entfalten.
Durch die Identifikation mit dem Unternehmen:
Unternehmenswerte, die auf der Webseite Ihrer Organisation stehen oder auf hübschen Powerpoint-Folien im Rahmen einer Onboarding-Präsentation schick glänzen, sind das Eine. Was noch viel wichtiger ist, ist das Leben dieser Werte im Arbeitsalltag nach außen und nach innen. Leben Sie als Führungskraft die Unternehmenswerte täglich, d.h. im Umgang mit Ihrem Team, mit den Hausmeister:innen, den Postbot:innen und der Reinigungskraft? Denken Sie daran, dass Sie, wie bereits erwähnt, eine enorme Vorbildfunktion haben. Zeigen Sie darüber hinaus immer wieder, wie die Arbeit jedes und jeder Einzelnen auf die Mission des Unternehmens einzahlt. Sie können auch Workshops zu den Unternehmenswerten und Zielen durchführen und in diesem Rahmen erfragen, was die Werte und Ziele der einzelnen Personen sind. Auch hier zählt wieder das Interesse an den Menschen. Wenn Sie Ihre Angestellten dabei unterstützen, ihre persönlichen und beruflichen Ziele zu erreichen (beispielsweise durch Weiterbildungen, Sabbaticals oder Möglichkeiten zur persönlichen und professionellen Weiterentwicklung), dann seien Sie sicher, dass diese Menschen ihr Allerbestes geben, um Ihnen dabei zu helfen, die Ziele des Unternehmens zu erreichen.
Eine Unternehmenskultur, die sich Diversität nicht nur nach außen auf die Fahne schreibt, sondern auch wirklich nach innen lebt, trägt ebenfalls dazu bei, dass sich Talente im Unternehmen langfristig zuhause fühlen. Diversität bezieht sich dabei u.a. sowohl auf Alter, ethnische und soziale Herkunft als auch auf die persönlichen und neurologischen Grundvoraussetzungen verschiedener Menschen. Sie können sich zum Beispiel fragen, ob es im Arbeitsalltag genug Flexibilität für neurodivergente Menschen gibt. Das betrifft beispielsweise hochsensible Personen, introvertierte Menschen oder auch Autist:innen. Möglichkeiten für Teilzeit und Job-Sharing in Führungspositionen sind ein weiterer Faktor, mit dem Sie zeigen können, dass Diversität tatsächlich nach innen gelebt wird. Denn die Möglichkeit, als Führungskraft eine Familie gründen zu können, ist insbesondere für Frauen, die Familie und Karriere vereinen möchten, ein bedeutendes Kriterium. Dies gilt natürlich auch für Väter, denen dadurch zeitgemäße und gleichberechtigte Familienmodelle ermöglicht werden.
Durch die Erfüllung bei der Arbeit an sich:
Achten Sie bereits beim Recruiting darauf, dass die Person, die Sie auf eine bestimmte Position setzen, richtig Lust auf die Tätigkeit an sich hat und sich mit ihrer Persönlichkeit gut für die Stelle eignet. Wenn Sie z. B. jemanden für den Vertrieb suchen, fragen Sie ganz gezielt danach, ob es der Person Freude bereitet, viel mit Menschen in Kontakt zu sein, auf Messen zu fahren und Kundengespräche zu führen. Achten Sie auch darauf, ob es sich um eine eher extravertierte oder introvertierte Person handelt. Sie können, wenn Sie das möchten, auch Persönlichkeitstests nutzen, um besser einschätzen zu können, ob sich eine Person gut für die Tätigkeit eignet.
Suchen Sie Unterstützung in der Buchhaltung, kommt es darauf an, ob die Person Spaß am Umgang mit Zahlen hat. Eine der größten Gefahren im Recruiting ist, den Lebenslauf überzubewerten und von der Vergangenheit auf die Zukunft zu schließen. Es kann sein, dass jemand BWL mit dem Schwerpunkt Controlling studiert hat und jahrzehntelange Erfahrung nachweisen kann - und trotzdem keine Freude bei dieser Tätigkeit empfindet, selbst wenn er oder sie gut darin ist. Machen Sie also die Frage, wie viel Spaß die Person an der Tätigkeit an sich hat, zu einem zentralen Kriterium im Auswahlprozess. Denn es gibt keine bessere Garantie, morgens voller Freude aus dem Bett und in die Arbeit zu hüpfen, als dort genau das tun zu können, was einem Freude bereitet.
Geben Sie Ihren Mitarbeitenden außerdem die Möglichkeit, ihre natürlichen persönlichen und fachlichen Stärken weiterzuentwickeln. Interessieren Sie sich für das Potenzial der Mitarbeitenden und für deren Entwicklung, nicht nur für die statische Aufgabenerfüllung. Zeigen Sie durch eine gezielte Verteilung von Aufgaben und Projekten und auch durch wertschätzende Worte, dass Sie sehen, was die einzelnen Personen gut können, und dass Sie das sowohl schätzen als auch fördern.
Fazit - Loyalität durch Interesse und Wertschätzung
Sie haben vielleicht bereits bemerkt, dass sich diese beiden Worte wie ein roter Faden durch den gesamten Artikel ziehen. Interesse und Wertschätzung sind ein zentraler Schlüssel zu einer erfolgreichen Mitarbeiterbindung. Wenn Sie sich wirklich für das Wohl Ihrer Mitarbeitenden einsetzen und deren Bedürfnisse ernst nehmen, schaffen sie nicht nur eine positive Arbeitsatmosphäre, sondern fördern auch langfristige Loyalität und Engagement. So werden Sie die Talente gewinnen, die zum Erfolg Ihres Unternehmens beitragen - und die bleiben.