Am 7. März 2025 ist Equal Pay Day! Der Tag markiert symbolisch den Gender Pay Gap, der in Deutschland zum vierten Jahr in Folge 18 % beträgt. Das bedeutet: Frauen erhalten hierzulande durchschnittlich 18 % weniger Stundenlohn als Männer. Wird dieser Wert in Tage umgerechnet, arbeiten Frauen vom 1. Januar an im Vergleich zu Männern 66 Tage unentgeltlich – also bis zum Equal Pay Day.
Der Gender Pay Gap hat nicht nur zur Folge, dass Frauen über weniger Einkommen verfügen als Männer, sondern ist auch eine der grundlegenden Ursachen für eine stärkere Armutsgefährdung von Frauen. 2023 betrug der sogenannte Gender Pension Gap in Deutschland 27,1 %. Frauen ab 65 Jahren bezogen Alterseinkünfte in Höhe von 18.700 Euro brutto im Jahr, bei Männern waren es 25.600 Euro. Etwa jede fünfte Frau ab 65 Jahren gilt als armutsgefährdet.
Berufswahl, Position, Teilzeitarbeit: Darum ist der Gender Pay Gap so hoch
Doch wie kommt eine so hohe Lohnlücke zwischen Frauen und Männern überhaupt zustande? Die Ursachen sind vielfältig:
- Frauen arbeiten häufiger in Berufen, die gesellschaftlich unterbewertet und unterbezahlt sind, und umgekehrt sind frauendominierte Berufe gesellschaftlich unterbewertet und unterbezahlt. Das betrifft vor allem soziale Berufe, wie die Kinderbetreuung oder die Pflege. Männer hingegen arbeiten öfter in Berufen, die mit einem überdurchschnittlichen Verdienst und mehr Karriereoptionen einhergehen, zum Beispiel in der Finanz- oder MINT-Branche.
- Auch innerhalb von Betrieben und Branchen arbeiten Frauen und Männer in unterschiedlichen Positionen. So ist der Anteil von Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen nach wie vor gering, während Männer häufiger in Chefetagen zu finden sind.
- Frauen arbeiten öfter in Teilzeit, was mit einem schlechteren Stundenlohn einhergeht. Die häufigere Teilzeitarbeit von Frauen liegt insbesondere am sogenannten Gender Care Gap: Frauen brachten 2023 im Durchschnitt 44,3 % mehr Zeit für unbezahlte Care-Arbeit auf als Männer. Das beinhaltet Kinderbetreuung, Haushaltsarbeit und die Pflege von Angehörigen.
Diese Faktoren begünstigen sich teils gegenseitig. Beispielsweise hat eine Frau, die in Teilzeit arbeitet, schlechtere Chancen auf eine Führungsposition, da diese meist mit einer Vollzeitstelle einhergeht. All den genannten Faktoren, die den Gender Pay Gap begünstigen, liegt eine gemeinsame Ursache zugrunde: Geschlechterstereotype. Vorurteile beeinflussen unsere Berufswahl, etwa dass Frauen sozialer sowie emotionaler und Männer rationaler und besser im logischen Denken wären. Ebenso beeinflussen sie, dass es in heterosexuellen Beziehungen meist Frauen sind, die sich um Kinder und Angehörige kümmern, oder dass Männern Führungspositionen eher zugetraut werden als Frauen.
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Mythen um den Gender Pay Gap
Werden all die Ursachen für den Gender Pay Gap in dessen Analyse berücksichtigt, bleibt der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap von 6 %. Dieser gibt an, wie groß die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern wäre, wenn ansonsten alle Voraussetzungen für ihren Verdienst gleich wären. Das bedeutet: Gleiche Qualifikation, Berufserfahrung, berufliche Tätigkeit, Position und Branche. Laut Statistischem Bundesamt, das die Zahlen jedes Jahr erhebt, kann der bereinigte Gender Pay Gap als „Obergrenze“ für Lohndiskriminierung verstanden werden. Sprich: Es ist zwar möglich, dass die ganzen 6 % durch Diskriminierung rein aufgrund des Geschlechts zustande kommen. Jedoch wird davon ausgegangen, dass die Unterschiede geringer ausfallen würden, wenn weitere Informationen über relevante Einflussfaktoren zur Analyse zur Verfügung stünden, zum Beispiel Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, der Geburt von Kindern oder der Pflege von Angehörigen.
Häufig wird behauptet, weder der unbereinigte Gender Pay Gap von 18 % noch der bereinigte Gender Pay Gap von 6 % würden eine Diskriminierung darstellen, da sie beide statistisch erklärbar seien. Doch wichtig ist: Erklärbar bedeutet nicht diskriminierungsfrei! Dass der unbereinigte Gender Pay Gap von 18 % dadurch beeinflusst wird, dass Frauen öfter in unterbezahlten Berufen arbeiten, macht den schlechteren Verdienst in diesen Branchen nicht fair oder angemessen. Und wenn der bereinigte Gender Pay Gap von 6 % dadurch zustande kommt, dass Frauen aufgrund von Schwangerschaft und Geburt häufiger ihre Erwerbsarbeit unterbrechen und dementsprechend im Anschluss schlechter entlohnt werden, dann macht das diese geringere Vergütung nicht diskriminierungsfrei. Im Gegenteil.
Weil es sich lohnt – Entgelttransparenz jetzt!
Was also können wir tun, um den Gender Pay Gap zu reduzieren? Unter dem Motto „Weil es sich lohnt – Entgelttransparenz jetzt!“ rückt die diesjährige Equal Pay Day Kampagne den Zusammenhang zwischen dem Gender Pay Gap und Lohntransparenz in den Fokus. Denn Lohndiskriminierung kann in erster Linie nur durch transparente Gehaltsstrukturen sichtbar gemacht werden – und wegen mangelnder Transparenz bleiben Lohnunterschiede und Entgeltdiskriminierung oft unbemerkt.
Das 2017 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz sollte dieses Problem adressieren. Es beinhaltet, dass Arbeitnehmer:innen einen Anspruch auf Auskunft über ihre Bezahlung haben und dass Arbeitgeber:innen ihre Lohnstrukturen überprüfen sollen sowie regelmäßig über den Stand von Gleichstellung und Lohngleichheit in ihrem Betrieb berichten müssen. Doch eine Evaluation aus dem Sommer 2023 zeigt: Das Entgelttransparenzgesetz wirkt nicht. Es ist zu unbekannt, zu wenige Beschäftigte machen davon Gebrauch, zu wenige Betriebe halten sich an die Vorgaben.
Das bringt die Europäische Entgelttransparenzrichtlinie
Die Evaluation kommt zu dem Schluss, dass das Entgelttransparenzgesetz bekannter gemacht werden muss und die Regelungen klarer, einheitlicher und verbindlicher sein müssen. Hier kommt die Europäische Entgelttransparenzrichtlinie ins Spiel: Diese muss bis Juni 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden und nimmt Arbeitgeber:innen in die Pflicht, zu definieren und klar zu kommunizieren, nach welchen Kriterien sie wie bezahlen. Sie beinhaltet starke Maßnahmen zur Förderung von Lohntransparenz in Organisationen:
- Bewerber:innen haben einen Anspruch auf Auskunft über das Einstiegsgehalt oder dessen Spanne.
- Beschäftigte haben einen Anspruch auf Auskunft darüber, wie sie durchschnittlich im Vergleich zu Kolleg:innen entlohnt werden.
- Ab 100 Beschäftigten müssen Arbeitgeber:innen regelmäßig Bericht über Lohngleichheit erstatten. Bei nicht-erklärbaren Gender Pay Gaps müssen Arbeitgeber:innen gemeinsam mit einer Arbeitnehmer:innenvertretung ihre Lohnstrukturen bewerten und Maßnahmen gegen diese Lohnlücke einleiten.
- Verbindliche juristische Mittel wie Entschädigungen für Arbeitnehmer:innen und Sanktionen gegen Arbeitgeber:innen sollen durchgesetzt werden.
Der Referent:innenentwurf für die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht liegt bereits vor, konnte durch den Regierungsbruch und die vorgezogenen Neuwahlen jedoch nicht mehr verabschiedet werden. Der neue Bundestag muss sich dem so bald wie möglich widmen – nur so können wir den Gender Pay Gap wirksam bekämpfen und Gleichstellung einen Schritt näherkommen.
Auch abseits von Lohntransparenz gibt es einige Maßnahmen, die den Gender Pay Gap reduzieren können: Flexiblere Arbeitszeitmodelle fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit eine faire Aufteilung von Sorgearbeit. Quoten ermöglichen mehr Frauen den Zugang zu Führungspositionen; und neue Ansätze für eine faire Bewertung von Arbeit wie der Comparable Worth Index können unsere Art, Arbeit zu bewerten, revolutionieren. Und das sind nur wenige von vielen Ansätzen, wie Lohngleichheit endlich Realität werden kann. Es ist an der Zeit!