Mit dem tomorrathon startest du ein Ideen-Festival für mehr Lebensqualität und Nachhaltigkeit in Städten. Magst du uns das Konzept kurz erklären?
Jan Schmirmund: Im Kern geht es beim tomorrathon um Involvement. Es geht darum, Bürger:innen zu befähigen, ihre eigenen Zukunftsideen für ihre Stadt zu entwickeln.
Die Menschen können sich kostenlos zum tomorrathon anmelden und widmen sich dann in 5er- bis 8er-Teams jeweils einer konkreten Challenge zu einer lokalen Herausforderung. Konkret passiert das in einem geführten 2-Tages-Power-Workshop. Dort entwickeln sie dann Lösungsideen, die am Ende in einen vorzeigbaren Prototypen gegossen werden.
Im Workshop kommen agile Methoden zur Innovationsentwicklung zum Einsatz. Zum Beispiel Design Thinking oder LEGO® Serious Play®. Der Vorteil dabei ist, dass solche Frameworks sehr gut auch mit ungeübten Teilnehmenden funktionieren.
Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um an einem tomorrathon teilzunehmen?
Jan: Beim tomorrathon können alle Menschen mitmachen. Man braucht keine speziellen Qualifikationen. Die einzige Voraussetzung: Die Bereitschaft in einem Team zwei Tage lang an einer Challenge zu arbeiten.
Du suchst nach einem Job mit Sinn?
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Mir ist wichtig, dass das Format wirklich für alle offen ist, also für die »ganz normalen« Bürger:innen aber eben auch für Menschen, die bei sowas gerne mal vergessen werden, wie z.B. Geflüchtete, Menschen ohne festen Wohnsitz oder auch Kinder.
Wie läuft der tomorrathon konkret ab? Findet das Event digital oder in Präsenz vor Ort statt? Welche Aktionsfelder können abgedeckt werden?
Jan: Der Plan ist, das Event auf jeden Fall in Präsenz vor Ort stattfinden zu lassen. Da es um lokale Teilnehmende und lokale Challenges geht, liegt das ja auch nahe. Aber sollte uns Corona doch noch einen Strich durch die Rechnung machen, können wir leicht auf digital umstellen. Wir haben aber vorsichtshalber den Termin auf den 24. bis 26. Juni 2022 nach hinten verlegt in der Hoffnung, dass sich die Lage bis dahin beruhigt hat
Der Ablauf sieht aus Sicht der Teilnehmenden folgendermaßen aus:
Nach der Anmeldung können sich die Teilnehmenden im Vorfeld auf eine Challenge bewerben, die sie gerne bearbeiten möchten. Die Challenges kommen aus einem von zwölf thematischen Tracks, die wiederum in vier Aktionsfelder einsortiert sind. Auf unserer Homepage kann man sich das ja mal im Detail anschauen ;-). Die Aktionsfelder und Tracks sind inspiriert von den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDGs) und auch den Megatrends unserer Zeit.
Der tomorrathon beginnt am Freitagnachmittag mit der Eröffnungsveranstaltung. Am frühen Abend gehen die Teams zusammen mit ihren Mentor:innen in die Workshop-Räume zum Check-in und um die Challenge nochmal im Detail kennenzulernen. Danach geht’s los mit der Ideengenerierung.
Beim ersten tomorrathon in Gießen werden die Räume bei verschiedenen Partnern über die ganze Stadt verteilt sein. Theoretisch kann ein tomorrathon aber auch komplett an einem einzigen Ort stattfinden, an dem jedes Team einen abgesteckten Bereich bekommen kann (z.B. eine Schule oder ein Konferenzzentrum). Dann beginnt der Workshop und die Ideenentwicklung. Bis Sonntagmittag hat dann jedes Team einen Prototypen als Lösungsidee für die jeweils bearbeitete Challenge gebaut. Am Nachmittag treffen sich dann wieder alle zur Abschlussveranstaltung. Dort werden die Ideen dann präsentiert.
Was passiert am Ende mit den entwickelten Projektideen?
Jan: Die besten Ideen werden auf der Abschlussveranstaltung prämiert. Dabei können die Teams selbst entscheiden, ob sie am Bürger:innen-Preis teilnehmen wollen oder sich für den Startup-Preis bewerben. Beim Bürger:innen-Preis erhalten die Teilnehmenden Geld- und Sachpreise und die Idee kann frei genutzt werden. Beim Startup-Preis erhalten die Gewinner:innen eine Förderung, um ihre Idee im Team weiterzuentwickeln.
Wer sind die Vordenker:innen und Coaches beim tomorrathon und welche Fähigkeiten oder Impulse bringen sie in die Ideenentwicklung ein?
Jan: Für die Themen aller Aktionsfelder und Tracks gibt es ja schon Menschen mit Initiativen, Projekten und Start-Ups, die zu diesen Themen arbeiten. Das können lokale Initiativen sein, Projekte aus anderen Städten oder überregionale Ansätze. Diese Vordenker:innen werden als Inspirator:innen eingebunden. Zum Beispiel, indem sie bei einem Info-Event über ihr Projekt erzählen und auf der tomorrathon-Webseite darüber berichtet wird. Damit wollen wir noch im ersten Quartal 2022 beginnen. Wenn jemand von euch ein Projekt hat, das sie oder er gerne vorstellen möchte, freue ich mich sehr über eine Kontaktaufnahme per E-Mail.
Was muss ich tun, wenn ich in meiner Stadt gerne selbst einen tomorrathon organisieren möchte? Welcher Aufwand ist damit verbunden und wie unterstützt ihr dabei? Wie laufen die ersten Schritte der Organisation ab und wie finde ich Unterstützer:innen?
Jan: Am besten wendest du dich in diesem Fall einfach an uns und wir klären dann deinen Bedarf und wie wir unterstützen können. Je nachdem, wie die du aufgestellt bist, gibt es ganz unterschiedliche Wege, einen tomorrathon bei dir durchzuführen und auch der Bedarf an Unterstützung ist sehr individuell.
Wie ist die Idee zum tomorrathon entstanden und welche Mission verfolgst du mit damit?
Jan: Ich glaube daran, dass jeder Mensch das Potential hat, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Egal ob im Großen oder im Kleinen. Der tomorrathon soll Menschen dazu befähigen, dieses Potential in konkrete Ideen zu verwandeln. Deswegen ist es auch so wichtig, dass anfassbare Prototypen entstehen, mit denen man zeigen kann: »Seht her, genau so könnte es gehen«. Es geht darum, den Menschen das Gefühl zu geben, etwas bewegen und eigene Ideen einbringen zu können.
Die Idee dazu ist tatsächlich an einem Abend auf der Couch entstanden. Die Themen Future City und Nachhaltigkeit faszinieren mich schon lange und Innovations-Formate sind Teil meiner beruflichen DNA. Und so kam eins zum anderen. Zuerst hatte ich tatsächlich den Namen. Den habe ich dann mal ein paar Leuten per WhatsApp geschickt und gefragt: Was glaubt ihr, was steckt hinter www.tomorrathon.city. Die Antworten waren alle ähnlich: »Irgendwas mit Stadtentwicklung und Hackathon«. Ja und dann habe ich die Domain registriert und angefangen, die Idee in Form der Webseite zum Leben zu erwecken. Und jetzt ist es real.
Welches Handlungsfeld, bezogen auf urbane Lebensräume, hat für dich eine besondere Dringlichkeit oder Bedeutung? Wie sieht in deiner ganz persönlichen Utopie die nachhaltige Stadt der Zukunft aus?
Jan: Ich glaube, dass alle Handlungsfelder wichtig sind. Langfristig ist es natürlich alles, was mit einem ökologischen Umbau von Städten zu tun hat. Aber auch die Verbindung zwischen den Menschen ist extrem wichtig, weil sonst überhaupt kein Umbau möglich ist. Ja, und ohne Digitalisierung und ohne Wirtschaft geht eben gar nichts.
Jan studierte Soziologie und Philosophie, war viele Jahre im Bereich Eventorganisation und Marketing selbständig, hat als Berater und Trainer für Social Media und Marketing-Kommunikation gearbeitet. Als Head of Social Media bei einer Tourismusorganisation war er für das weltweite Social Media Marketing verantwortlich. Später hat er sich der nutzerzentrierten Produktentwicklung verschrieben und hat diverse Ausbildungen u.a. als Design Thinking Coach absolviert. Seit 2020 arbeitet Jan im Hauptberuf bei einem grünen Energieversorger und unterstützt dort seine Kolleg:innen dabei, nutzerzentrierte Inhalte und Kundenerlebnisse zu gestalten. Als Gründer des tomorrathon möchte er einen zusätzlichen Beitrag zu einer lebenswerten Zukunft für alle leisten.
Bereit, deine Stadt zu verwandeln? Hier geht es lang zur Webseite von tomorrathon.
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