Mit eurem Startup FEMNA Health widmet ihr euch der Frauengesundheit. Welche Mission verfolgt ihr?
Maxie Matthiessen: FEMNA ist Frauengesundheit für eine neue Generation. Wir ermöglichen die Diagnostik für Zuhause mittels Selbsttests und vermitteln Ärztinnen und Heilpraktikerinnen, die zu den Befunden der Tests Online-Beratungen und Behandlungen durchführen. Unsere Kernbereiche reichen von Hormongesundheit, Darmgesundheit bis hin zu Blasengesundheit und Vaginalgesundheit.
Warum fühlen sich viele Frauen in unserem Gesundheitssystem nicht gut aufgehoben und warum bleiben bestimmte Symptome (z.B. Hautunreinheiten oder depressive Verstimmungen während der Periode), unter denen so viele Frauen leiden, häufig unbehandelt?
Maxie: Wir haben festgestellt, dass Frauen sich (A) mehr Gesprächszeit und (B) eine breitere Behandlungspalette wünschen. In Deutschland beträgt die durchschnittliche Behandlungszeit bei Fachärztinnen nämlich nur durchschnittlich 7 Minuten. Zum Vergleich: In Schweden sind es 22 Minuten. Da bleibt nicht viel Zeit zum Fragenstellen oder für eine ausführliche Anamnese. Auf der anderen Seite wird oftmals bei Problemen – als »die« Lösung – die Pille verschrieben. Nicht als Verhütungsmittel, sondern auch bei z.B. Akne, Periodenschmerzen, PMS und anderen Symptomen. Jedoch lehnt inzwischen die Mehrheit an Frauen die Zunahme von synthetischen Hormonen ab, da sie oftmals mit starken Nebenwirkungen verbunden ist. FEMNA bietet viel Zeit für Gespräche – man kann z.B. 40- oder 60-minütige Beratungen buchen. Und wir bieten, neben der schulmedizinischen Behandlung, naturheilkundliche Behandlungsmöglichkeiten. Gerade letztere stehen bei uns im Vordergrund und werden stark nachgefragt. Leider muss dies aktuell selbst gezahlt werden, es sei denn frau ist privatversichert oder hat eine Zusatzversicherung.
Was genau kann ich mit euren Tests herausfinden und inwiefern unterscheiden sich diese von der Diagnostik, die in der Arztpraxis durchgeführt wird?
Maxie: In den Praxen wird oftmals keine wirkliche Diagnostik durchgeführt, da alle Ärzt*innen nur ein bestimmtes Budget pro Quartal für Laborleistungen zur Verfügung haben. Daher wird, als Beispiel, meist gar kein Hormontest gemacht, wenn frau z.B. mit Stimmungsschwankungen oder Regelbeschwerden eine Praxis aufsucht. Oder es wird ihr die Pille »angedreht«. Beim Blasentest haben wir auch schon Keime gefunden, die nie getestet wurden. Eine Frau kam mit immer wiederkehrenden Blasenentzündungen zu uns und wir konnten sie dann auf diesen bestimmten Keim hin behandeln. Sprich, wir übermitteln eine sehr ausführliche Diagnostik und schauen dann anhand der Laborwerte ganzheitlich und mit viel Zeit auf das Problem. Und das Feedback spricht für sich: 97% aller Kundinnen würden FEMNA weiterempfehlen. Wir bekommen im Schnitt 4,7 von 5 Sternen.
Was mache ich dann mit den Ergebnissen? Wer hilft mir weiter?
Maxie: Sobald die Testergebnisse des Labors vorliegen, kann frau bei uns eine Beratung buchen. Sie kann dann online oder per Telefon mit einer Heilpraktikerin oder Ärztin ihr Testergebnis besprechen und bekommt einen Therapieplan, der zu 100% auf sie zugeschnitten ist.
Werden die Kosten für eure Tests und die anschließende Beratung von der Krankenkasse übernommen?
Maxie: Einige Tests und Beratungen werden von den privaten Krankenkassen oder über Zusatzversicherungen, je nach Tarif, erstattet. Andere Tests, zum Beispiel der Test auf Geschlechtskrankheiten, müssen privat gezahlt werden. Diese Tests sind aber auch in Praxen Selbstzahlerleistungen, wenn sie zur Vorsorge dienen.
Wie ist die Idee zur Gründung von FEMNA entstanden und welche Menschen stecken hinter dem Business?
Maxie: Die Idee zu FEMNA ist durch meine erste Gründung, Ruby Cup, entstanden. Ruby Cup war die erste Menstruationstassenfirma, die bekannt wurde. Damals bekamen wir unendlich viele Fragen zur Frauengesundheit und ich fragte mich damals schon, warum Frauen uns diese Fragen stellen. Somit entstand die Idee einer Produkt- und Online-Beratungsplattform für Frauen. Denn sind wir mal ehrlich: Wo kann man denn in Deutschland sonst aufgeklärt werden? Nur in der Schule! Und die Fragen einer 14-Jährigen unterscheiden sich stark von einer Frau, die um die 30 Jahre alt ist. Also haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, eine Anlaufstelle für Frauen mit all ihren Gesundheitsfragen zu gründen. Und daraus ist dann zusätzlich eine Beratungs- und Behandlungsplattform entstanden. Noch immer steht die Aufklärung auf Augenhöhe bei uns im Mittelpunkt.
Was sind eurer Erfahrung nach die Besonderheiten eines Unternehmens, das von Frauen geführt wird? Habt ihr den Eindruck, dass Frauen oftmals auf eine andere Art führen als Männer?
Maxie: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen oftmals Firmen gründen, die Produkte entwickeln, die ihnen selbst am Markt gefehlt haben. Daher sind viele frauengeführte Unternehmen auch »Firmen mit Sinn«, bzw. Firmen, die mit ihren Produkten das Leben von Frauen verbessern wollen.
Ich habe außerdem den Eindruck, dass frauengeführte Unternehmen häufig kollaborativ funktionieren, sehr demokratisch und weniger top-down geführt werden. Bei FEMNA wird z.B. auch offen über Schwächen oder Zweifel gesprochen, was die Loyalität der Mitarbeiter*innen stärkt, da sich ein »Wir-Gefühl« einstellt und man gemeinsam Dinge ausprobiert, testet und nicht jede*r Mitarbeiter*in darauf wartet, dass nur die Chefin weiß, wo es lang geht. Dies ist meines Erachtens für alle Beteiligten sinnstiftend – und auch entlastend für die Chefinnen.
Was war bislang eure größte Herausforderung als Gründerinnen? Und auf welchen Erfolg seid ihr besonders stolz?
Maxie: Die größte Herausforderung war es, zu realisieren, dass wir mit Produkten so nicht profitabel werden würden und eine 180-Grad-Wendung vollzogen haben, sprich von Produkten weg und hin zu Beratung und Tests zu gehen. Wir haben also klassisch pivotiert und diese Entscheidung war, rückblickend betrachtet, genau die Richtige, war damals aber auch mit einem starken Risiko verbunden. Inzwischen bin ich sehr stolz, dass wir unsere ursprüngliche Vision beibehalten haben, nämlich eine Plattform für die ganzheitliche Frauengesundheit zu sein – nur, dass der Weg dorthin sich geändert hat.
In welche Richtung möchtet ihr FEMNA in Zukunft weiterentwickeln?
Maxie: FEMNA ist im stetigen Fluss. Gerade heute haben wir darüber nachgedacht, wie wir uns in Zukunft aufstellen werden und Dinge eventuell wieder aufnehmen, von denen wir uns eigentlich verabschiedet haben. Sprich: Wir testen, lauschen, verwerfen, relaunchen ständig.
Das große Ziel aber ist, die Anlaufstelle für die ganzheitliche Frauengesundheit in Deutschland zu sein, »the female health companion in your pocket« sozusagen.
Über Maxie Matthiessen
Maxie Matthiessen ist eine deutsche Jungunternehmerin. Schon mit 26 Jahren gründete sie ihr erstes Unternehmen und wurde seitdem mehrfach ausgezeichnet - zuletzt mit dem Victress Award für führende Frauenvorbilder in Deutschland. Maxie hat unternehmerische Erfahrung in Ostafrika und Europa.
Ihre erst Gründung, Ruby Cup, entstand an der Copenhagen Business School. Das Unternehmen vertreibt Menstruationshygieneprodukte und ist Vorreiter des „Buy One, Give One“ Models, welches den Verkauf von Produkten mit einer Spende vereint. Ruby Cup unterstützt die Bildung von Mädchen in Ostafrika.
Mitte 2016 hat Maxie ihr zweites Unternehmen im Femtech Bereich gegründet. FEMNA Health ist die erste Tele-Medizin Plattform für Frauen in Deutschland mit einem neuen Ansatz, der die Schulmedizin und Naturheilkunde vereint. FEMNA bietet Selbsttests für Frauen & ganzheitliche Beratung.
Du möchtest mehr erfahren? Hier geht es lang zur Webseite von FEMNA.
Dieser Artikel ist Teil unserer Interviewreihe »Female Empowerment«. Lass dir die anderen spannenden Interviews nicht entgehen: