Ratgeber Sozialunternehmer: Von der Gründung zum Wachstum

Im Fokus steht ein gesellschaftlicher Mehrwert, nicht der Profit! Das ist das Wesen von Social Entrepreneurship. Mit innovativen Lösungen und neuen Methoden werden gesellschaftliche und ökologische Probleme angepackt. Aus dieser Idee heraus hat sich eine neue Art von Unternehmertum entwickelt, die über ein eigenes Netzwerk verfügt. Auch der Weg zur Gründung unterscheidet sich in einigen Punkten.
von Regina Rohland, 21. November 2016 um 07:37

Sozialunternehmen wollen mit ihrem Angebot ein Mehrwert für die Allgemeinheit schaffen. Mit neuen Produkten oder Dienstleistungen begeben sie sich, ebenso wie konventionelle Unternehmen, auf den freien Markt. Zugleich machen sie auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam und wollen die gesellschaftliche Entwicklung fördern.

Motivationen und Impulse zur Gründung

Manche die ein Sozialunternehmen gründen möchte, haben schon ein bestimmtes Gesellschaftsproblem im Blick, für das sie brennen. Vielleicht weil es sie aus persönlichen Erfahrungen heraus beschäftigt oder sie bei ihrer Arbeit in einem sozialen oder ökologischen Bereich damit vertraut sind. Zum Beispiel Programme zur unabhängigen Weiterbildung von benachteiligten Personengruppen oder neue Konzepte im Pflegebereich. Sie suchen gezielt nach neuen Lösungen für bestehende Probleme. Andere haben bereits in der Unternehmenswelt berufliche Erfahrungen gesammelt und wollen umsatteln, weil aus der bisherigen Tätigkeit nicht die gewünschte Befriedigung gezogen wird. Sie suchen vielleicht noch das Thema, welches ihnen persönlich liegt?

Schritte zur Gründung eines Sozialunternehmens

Das gesellschaftliche Problem bezeichnen ist der erste Anhaltspunkt vor den Überlegungen zur Gründung. Denn von hier aus geht weiter... 

1. Problemidentifikation: Das muss doch auch anders gehen?

Wem nicht ad hoc eine innovative Lösung vorschwebt, sollte zunächst das Problem aus allen Blickwinkeln beleuchten. Der erste Schritt zum Social Entrepreneur liegt in der Status-quo-Analyse. In welchen Sektor fällt das Problem? Wer arbeitet bereits an dem Problem? Sind es öffentliche oder private Institutionen? Mit welchen Lösungsansätzen gehen andere Organisationen und Sozialunternehmer vor? Mit diesen Überlegungen bekommt auch das gesellschaftliche Problem eine feste Gestalt. Mit Blick auf die Aktivitäten anderer Akteure werden die möglichen Lösungen, aus denen ein Mehrwert für die Betroffenen erwachsen kann, deutlicher.

Und hier liegt der Anfang zum eigenen Netzwerk. Aus der Problemidentifikation ergeben sich mögliche Partner. Andere Sozialunternehmen oder Organisation, die sich dem gleichen Thema widmen, können bei der Umsetzung und Förderung der eigenen Idee helfen.

2. Partnersuche und Vernetzen

Im Gegensatz zum konventionellen Unternehmertum sollte es nicht um Konkurrenz gehen, sondern um den Austausch und darum gemeinsam Ziele zu erreichen. Sich zu vernetzen und aufeinander aufmerksam zu machen, kann erheblich zum Erfolg beitragen und den Einstieg erleichtern. Wer also von den anderen Akteuren kann miteinbezogen werden? Wie können Kooperationen aussehen? 

3. Es geht an´s Eingemachte: Geschäftsmodell entwickeln

Um Kooperationen aufbauen, die Finanzierung klären und ein Marketingkonzept entwerfen zu können, braucht es ein erstes Geschäftsmodell. Zunächst hilft es das bestehende Angebot auf dem Markt zu prüfen. Von hier aus lässt sich die eigene Idee für ein Produkt oder eine Dienstleistung erneut prüfen und besser anpassen. Wer wären die Kunden? Wie kann das eigene Angebot einen Mehrwert schaffen?

Im Praxisleitfaden Soziales Unternehmertum, herausgegeben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, werden hier drei Typen von Geschäftsmodellen unterschieden:

  • Sozialer Mehrwert in der Herstellung: der soziale Mehrwert entsteht hier während der Leistungsherstellung. Das kann heißen, dass die Waren nachhaltig, ökologisch oder fair produziert werden, oder benachteiligte Menschen, zum Beispiel Personen mit Behinderung, einbezogen werden
  • Sozialer Mehrwert beim Kunden: dieser entsteht dadurch, dass einer bestimmten Zielgruppe ein Produkt oder eine Dienstleistung angeboten wird, wodurch sich die Lebenssituation der betroffenen Gruppe verbessern soll. Zum Beispiel Solarlampen für Menschen ohne ausreichende Stromversorgung in Entwicklungsregionen
  • Sozialer Mehrwert im Angebot: der soziale Mehrwert erwächst aus dem Produkt oder der Dienstleistung selbst. Häufig sind es soziale Innovationen, die entwickelt wurden um bestimmten Personengruppen den Alltag zu erleichtern, z.B. Hilfsgeräte für Senioren

Diese drei Typen von Geschäftsmodellen helfen den zukünftigen Sozialunternehmern zunächst bei der Einordnung ihrer Idee und dem nächsten Schritt – dem Entwurf eines Businessplans.

Ein Businessplan zeigt, wie das Geschäftsmodell funktionieren soll. Damit schafft er vor allem einen Überblick für einen selbst, zeigt mögliche Probleme auf und hilft eine Vorstellung von den bevorstehenden Herausforderungen zu bekommen. Eine kurze Zusammenfassung reicht für den Anfang schon aus. Dazu gehören eine Auflistung der Mitbewerber und möglicher Unterstützer, eine Aufstellung der Finanzen und zu erwartenden Kosten ebenso wie ein Ausblick auf den Markterfolg. Damit hat man auch gleich eine Risikoanalyse zur Hand.

Business Modell Canvas für Startups und Social Enterprises

Für Startups hat sich häufig das Business Modell Canvas (BMC) als effizient und nützlich erwiesen. Entwickelt wurde es von Alexander Osterwalder, veröffentlicht in "Business Model Generation". Die wichtigsten Elemente des Geschäftsmodells können schnell aufgelistet werden. So lassen sich leicht verschiedene Varianten miteinander vergleichen. Dies ist besonders hilfreich bei Startups, da diese ihren Businessplan oft noch umstrukturieren oder anpassen müssen, bevor es an die tatsächliche Umsetzung geht. Berücksichtigt werden im Business Modell Canvas die "Schlüsselpartner" und ihre Erwartungen, ebenso wie der Kundenkreis und wie das Marktmodell kommuniziert werden kann.

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Gründen: Besonderheiten der Finanzierung bei Sozialunternehmen

Social Entrepreneurs finanzieren sich in der Startphase oft über Stiftungen, Spenden, Non-Profit-Organisationen oder aus eigener Hand. Gelder von Stiftungen können über Anträge bezogen werden, diese sind in der Regel zweckgebunden und zeitlich begrenzt. Zudem fördern Stiftungen meistens nur gemeinnützige Organisationen und geben mit einer Satzung einige Vorgaben, die eingehalten werden müssen. Bei der Einnahme von Spenden müssen rechtliche Vorgaben genau beachtet werden, um Verstöße zu vermeiden.

Natürlich sind auch Darlehen über Banken eine Möglichkeit der Finanzierung. Es gibt einige die sich auf Social Entrepreneurs spezialisiert haben und besondere Konditionen anbieten. Eine weitere Anlaufstelle sind Soziale Investoren, die häufig sogar eine Wachstumsfinanzierung anbieten.

Social Entrepreneurship Finanzierung – ein Planetensystem (Ashoka)

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Auch die Teilnahme an Wettbewerben kann das Startkapital aufstocken. So erhält man gleichzeitig ein Feedback zur Idee oder Beratung bei der Verwirklichung. Sehr beliebt ist auch Crowdfunding geworden. Neben der Möglichkeiten der Finanzierung können hier Marketingstrategien erprobt und ein erster Kontakt zu den Kunden aufgebaut werden. Dadurch erhalten Entrepreneurs ebenfalls Feedback, um die Erwartungen der Kunden besser kennenzulernen.

Welche Rechtsform ist die richtige?

Juristisch gesehen besteht die Gründung aus der notariellen Registrierung von Körperschaften und Personengesellschaften bzw. der steuerlichen Anmeldung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). Doch zunächst muss man sich für die richtige Rechtsform entscheiden, diese hängt oft von den gewählten Mitteln der Finanzierung und Kooperationen ab, kann aber auch später geändert werden. Die Beantragung einer Gemeinnützigkeit erfolgt beim Finanzamt und entscheidet über die steuerrechtlichen Verpflichtungen.

Zu den gemeinnützigen Formen gehören der eingetragene Verein (e.V.), die gUG (gemeinnützige Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt) und die gGmbH (gemeinnützige GmbH). Auch andere Rechtsformen wie GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder eG (eingetragene Genossenschaft) können sinnvoll sein. Die rechtliche Bedeutung von Gemeinnützig ist in der Abgabenordnung (AO) § 51 ff. festgehalten.

Einen Überblick über die verschiedenen Rechtsformen bietet der Social Start Up Blog.

Härteprobe: Auf dem Markt etablieren

Beim Social Entrepreneurship steht im Vordergrund den gesellschaftlichen Mehrwert zu steigern. Doch auch dafür müssen die notwendigen Einnahmen erzielt und das Unternehmen bekannt gemacht werden. Wenn das Unternehmen anläuft kommen gleichzeitig weitere Aufgaben hinzu, Personal aufbauen, Arbeits- und Organisationsstrukturen entwickeln und ausprobieren, sowie marktorientiertes Qualitätsmanagement oder Marketingkonzepte entwerfen. Die Rücksprache mit Förderern, Kunden und Partnern hilft ein Netzwerk aufzubauen, Lösungen zu finden und zu wachsen. Zusätzlich bieten verschiedene Agenturen und Organisationen professionelle Hilfe an allen Stellen.

Inspiration gesucht? Wer sind Social Entrepreneurs und ihr Netzwerk?

Social Startup: Jede Menge Social Entrepreneurs, ein Gründerlexikon, Events und weiterführende Seiten.

Social Impact: Neben aktuellen Trends und Events finden soziale Gründer hier direkte Ansprechpartner und guten Rat.

enorm Magazin: Berichet was andere mit ihren Ideen bereits bewegen und informiert über neue Entwicklungen und laufende Wettbewerbe. 

Networking

Tipps, wie man sich an andere Akteure herantrauen kann, findet ihr in unserem Beitrag "Wie du dich optimal auf Events vernetzt".

Beratung für soziale Gründer

heldenrat – Beratung für soziale Bewegungen e.V.: Bietet kostenlose Rat und Tat bei kleinen und großen Fragen. Mehr dazu auch im Interview mit Patrick Held: Beratung für Non-Profits: »Die Helden sind die, die wir beraten, nicht die Berater«.

PHINEO: Analyse und Beratungshaus für gesellschaftliches Engagement.

Für-Gründer.de: Gründerideen, Businessplan, Verträge... hier findet man Antworten auf Fragen in jeder Gründungsphase. 

Finanzierung und Wachstum: Beispiele und Möglichkeiten, Stiftungen und Agenturen

Wirtschaftswoche: Link-Sammlung Wettbewerbe: Einige der wichtigsten Wettbewerbe für Sozialunternehmer werden hier aufgeführt.

Ashoka-Fellow: Zentraler Akteur für erfolgreiche Skalierungsstrategien von Sozialunternehmen in Deutschland. Angeboten werden zum einen spezielle Finanzierungsangebote, zum anderen eine umfassende Netzwerkunterstützung.

Stiftung Mercator: Unterstützt Social Entrepreneuers und investiert in Start-Ups.

BonVenture: Fonds und Stifung für soziale Verantwortung, bietet Sozialunternehmern Startkapital und begleitet sie bei der Entwicklung unter anderem mit Beratung.

Social Venture Fund: Informationen und Unterstützung bei der Finanzierung von Social Entrepreneurs.

Schwab Foundation: Neben einem großen Netzwerk bietet die NGO Trainingsseminaren für Sozialunternehmer und verleiht den Preis "Social Entrepreneur of the Year".

Social Impact Finance: Verschiedene Modelle der Finanzierung werden aufgezeigt und professionell betreut, z.B. Crowdfunding.

Ratgeber für soziale Gründer zum Nachlesen

Praxisleitfaden Soziales Unternehmertum herausgegeben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Erste Übersicht, z.B. zu Businessplan, Rechtsformen, Tipps für Start-Ups, Finanzierung und Wettbewerbe – allerdings nicht direkt auf Social Entrepreneurship ausgelegt

Mehr über das Business Model Canvas

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Business Model Canvas

STARTPLATZ: Warum Business Model Canvas?

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