CSR-Qualifikation: Welchen Bedarf hat die Wirtschaft?

Über Nachhaltigkeit wird immer selbstverständlicher berichtet. Eine größer werdende Zahl der Unternehmen erstellt Nachhaltigkeitsberichte. Und durch gesetzgeberische Vorgaben sind die Unternehmen zunehmend sogar verpflichtet, diese Berichte nach vorgegebenen Kriterien zu erstellen. Diese Schlagworte verdeutlichen, dass die Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie für viele Unternehmen selbstverständlich geworden ist. Geeignete CSR-Manager zu finden, die in der Lage sind, diese Strategien auch umzusetzen, ist dagegen immer noch eine große Herausforderung.
von Ulf Leusmann & Benjamin Nölting, 28. Oktober 2015 um 07:33

Dieser Beitrag versucht, vor dem Hintergrund der Beschäftigungsmöglichkeiten im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement bzw. CSR, einen Überblick zur aktuellen Situation zu vermitteln. Dazu wird ein Blick darauf geworfen,

  • wie sich der aktuelle Stand der Umsetzung der Nachhaltigkeit in der Wirtschaft darstellt,
  • wie die Unternehmen heute ihren Mitarbeiterbedarf decken,
  • welche grundsätzlichen Einsatzbereiche es gibt und
  • welche Anforderungen an die Kompetenzen eines CSR-Managers gestellt werden.

Strategische Bedeutung der Nachhaltigkeit wächst weiter 

Unternehmen integrieren national wie international Nachhaltigkeitsaspekte immer stärker in ihre Unternehmensabläufe. Einige tun dies, weil Konsumenten und Gesetzgeber ein entsprechendes Verhalten erwarten, andere weil sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollen. Aber auch bei Investoren, Finanzanalysten und Ratingagenturen wächst das Interesse daran, wie nachhaltig die Wirtschaft arbeitet. Entsprechend müssen sich die Unternehmen viel stärker und selbstverständlicher rechtfertigen, wie ökologische und soziale Anforderungen erfüllt werden und wie sie sich strategisch zu diesem Themenfeld aufstellen. Die Unternehmen erkennen, dass die Befriedigung der Informationsbedürfnisse von Stakeholdern eine hohe Relevanz für ihre gesellschaftliche Legitimität bekommen hat.

Verschiedene Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Stand der Umsetzung der Nachhaltigkeit in der Wirtschaft. Für die "CEO-Nachhaltigkeitsstudie 2013" des United Nations Global Compact und der Unternehmensberatung Accenture wurden 1.000 Vorstandschefs in 103 Ländern zum Fortschritt der globalen Wirtschaft im Bereich der Nachhaltigkeit befragt. Interessant sind unter anderem die folgenden Aussagen:

Die Vorstandschefs verweisen aber auch auf eine Reihe von Hindernissen bei der Umsetzung. Problematisch wird unter anderem der Mangel an Kapital gesehen. Aber auch die offene Fragestellung, wie der Wertbeitrag der Nachhaltigkeit zum Geschäftserfolg angemessenen quantifiziert werden kann, erweist sich als hinderlich. In Bezug auf die Konsumenten wird festgestellt, dass sich die Nachhaltigkeit noch nicht ausreichend als unverzichtbares Kaufkriterium durchgesetzt hat, weswegen Unternehmen zum Teil zögern, sich hier stärker zu engagieren. Die auf Deutschland bezogene Untersuchung "Nachhaltigkeit 2012/2013: Strategie, Organisation und Umsetzung" der Managementberatung Kienbaum fand heraus:

Die Wirtschaft misst dem Thema Nachhaltigkeit eine wachsende strategische Bedeutung bei. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Bedeutung der Nachhaltigkeit quer durch alle Branchen weiter zunehmen wird.

Interessant im Zusammenhang mit der Beschäftigungssituation ist auch die Frage, wie die Unternehmen das Nachhaltigkeitsmanagement in die Unternehmensorganisation integrieren. Hier muss zwischen mittelständischen Unternehmen und großen Unternehmen unterschieden werden.

Für alle Unternehmensgrößen gilt, dass das Management der Nachhaltigkeit in der Unternehmensorganisation heute viel öfter institutionalisiert wird. In den großen Unternehmen wird häufig ein hochrangig besetzter Lenkungskreis zu Nachhaltigkeit oder CSR eingesetzt, in dem alle relevanten Geschäftsfelder vertreten sind. Dieser ist dann entweder als Nachhaltigkeitsgremium auf Vorstandsebene oder als Lenkungskreis auf der operativen Ebene aktiv. Fachlich und operativ werden diese Lenkungskreise meist durch eine CSR- oder Nachhaltigkeitsabteilung unterstützt. Diese Abteilungen wiederum können entweder direkt als Stabsstelle des Vorstands eingerichtet sein. Viele Unternehmen gliedern das CSR-Management aber auch an bereits bestehende Bereiche an, beispielsweise das Qualitätsmanagement, die Arbeitssicherheit, die Unternehmenskommunikation oder das Marketing. Anders stellt sich die Situation in mittelständischen Unternehmen dar. Hier wird häufig lediglich eine Fachkraft zusätzlich mit CSR-relevanten Aufgaben betraut. Zum Teil gibt es auch einen zentralen CSR-Verantwortlichen zur Koordination sowie zusätzlich Fachkräfte in den Abteilungen, die CSR-Aspekte in den jeweiligen Bereichen neben ihren klassischen Aufgaben bearbeiten.

Für das Management eröffnet nachhaltige Entwicklung eine neue, ganzheitliche Perspektive auf die eigene Organisation. Diese ist charakterisiert durch eine langfristige Zeitperspektive, den globalen Kontext, komplexe sozial-ökologische Systeme und gesellschaftliche Ansprüche an Gerechtigkeit, Fairness und Demokratie. Dabei ist die wissenschaftliche Sichtweise auf das Nachhaltigkeitsmanagement heute noch nicht eindeutig bzw. einheitlich ausgeprägt. Entsprechend ergibt sich für die Nachhaltigkeitsmanager die Notwendigkeit, und gleichzeitig Chance, sich kritisch mit unterschiedlichen Ansätzen auseinander setzen zu müssen. Als Ergebnis dieser Auseinandersetzung werden die inhaltliche Breite und methodische Vielfalt bei der Erarbeitung handlungsorientierter Nachhaltigkeitsstrategien gefördert. Solche Perspektivwechsel und eine neu wahrgenommenen Einbettung der Organisation bieten Möglichkeiten für Innovationsimpulse und eine Neuorientierung.

Parallel zu den strategischen Anpassungen, die die Unternehmen national wie international vornehmen, haben sich Beratungsunternehmen und andere Dienstleister auf das Geschäftsfeld Nachhaltigkeit bzw. CSR spezialisiert. Sie beraten Unternehmen bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsstrategien, der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten oder der veränderten kommunikativen Ansprache der Konsumenten und weiteren Stakeholder. Aus den vorangegangenen Betrachtungen geht hervor, dass der Bedarf an Mitarbeitern mit CSR-Kompetenzen in den letzten Jahren gewachsen ist und zukünftig auch weiter wachsen wird. Dieses betrifft neben den klassischen Umweltberufen wie Ingenieuren und Technikern auch Experten für Bereiche wie Controlling und Berichtswesen oder die Kommunikation. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Untersuchung der Ratingagentur oekom research, die 2012 festgestellt hat, dass nur 500 von 3000 untersuchten Unternehmen die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllen. Auch wenn davon auszugehen ist, dass sich die Relation in der Zwischenzeit verbessert hat, wird deutlich, dass hier ein immenser Nachholbedarf besteht, für den bisher oft die entsprechend ausgebildeten Mitarbeiter fehlen.

Teil 2: Mangelware CSR-Experten und mögliche Einsatzbereiche 

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