Unternehmen in einer krisenhaften Welt
Die Welt befindet sich in einem permanenten Krisenmodus: Klimawandel, soziale Ungleichheit, politische Polarisierung und geopolitische Spannungen stellen Gesellschaften vor enorme Herausforderungen. Auch Deutschland ist von diesen Entwicklungen betroffen – sei es durch die Energiekrise, Debatten um soziale Gerechtigkeit oder die zunehmende Spaltung der Gesellschaft. In dieser Situation genügt es nicht mehr, dass Unternehmen sich auf wirtschaftliche Interessen beschränken oder lediglich freiwillige soziale Verantwortung (CSR) übernehmen. Sie müssen sich auch ihrer politischen Verantwortung bewusst werden. Hier setzt das Konzept der Corporate Political Responsibility (CPR) an.
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Definition: Was ist Corporate Political Responsibility (CPR)?
Corporate Political Responsibility (CPR) beschreibt die Verantwortung von Unternehmen, sich aktiv in politische und gesellschaftliche Prozesse einzubringen. Dabei geht es nicht nur um das klassische Lobbying für eigene Geschäftsinteressen, sondern um eine transparente, ethische und gemeinwohlorientierte Einflussnahme auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Dabei richten sie auch ihre übergeordnete Strategie am Gemeinwohl aus. Dies kann die gängige Wirtschaftslogik durchaus in Frage stellen: Denn “Gemeinwohl” bedeutet, dass das Wohl des Kollektivs, sprich der gesamten Gesellschaft, an oberster Stelle steht - und nicht kurzfristige Vorteile und Profite für einzelne Unternehmen, Gesellschafter.innen oder andere Shareholder.
Abgrenzung zu CSR, Nachhaltigkeitsmanagement und Corporate Citizenship
Doch was konkret unterscheidet CPR von anderen unternehmerischen Nachhaltigkeitsaktivitäten wie Corporate Social Responsibility (CSR), Nachhaltigkeitsmanagement oder Corporate Citizenship? Die Übergänge und Schnittstellen zwischen allen Bereichen sind an vielen Stellen fließend, gleichwohl lassen sich die Begrifflichkeiten wie folgt differenzieren:
CSR (Corporate Social Responsibility) bezieht sich primär auf freiwillige unternehmerische Maßnahmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Wirtschaft, die über gesetzliche Anforderungen hinausgehen. Dies kann – muss aber nicht zwingend – gesellschaftspolitische Aktivitäten umfassen. CSR kann auch vor allem Maßnahmen beinhalten, die sich gezielt auf die Weiterentwicklung interner Prozesse beziehen, z.B. die Steigerung von Energieeffizienz, die Minimierung von Treibhausgas-Emissionen oder Abfall oder auch die Förderung von Diversity, Chancengleichheit, Gehaltstransparenz und Mitarbeiterzufriedenheit. Gleichwohl beinhaltet umfassende CSR auch die Einbeziehung externer Akteure und Interessengruppen (Stakeholder), z.B. im Hinblick auf Menschenrechte entlang der Lieferkette oder die faire und transparente Kommunikation mit Kund:innen. Auch Partnerschaften mit Non-Profit-Organisationen zur Förderung gemeinnütziger Zwecke können Teil von CSR sein.
Nachhaltigkeitsmanagement wird oftmals als deutsches Synonym zu CSR verwendet, hat jedoch eher einen viel strategischeren Charakter. Dies bedeutet, dass (messbare) Nachhaltigkeitsziele definiert werden und die Umsetzung dieser Ziele mit konkreten Maßnahmen, Prozessen, Zielwerten, Zeithorizonten und Zuständigkeiten gesteuert werden. Kombiniert mit einer entsprechenden Erfolgsmessung und stetigen Weiterentwicklung dieser Zielsetzungen wird das Nachhaltigkeitsmanagement zu einem wichtigen Teil der unternehmerischen Gesamtstrategie. Im Fokus stehen primär die Minimierung negativer sozial-ökologischer Auswirkungen der Geschäftsprozesse und finanzieller Risiken (z.B. durch Engpässe in der Lieferkette oder Klimawandelfolgen) sowie die Einhaltung umwelt- und nachhaltigkeitsbezogener gesetzlicher Vorschriften (Compliance). Die aktive Förderung positiver gesellschaftlicher Wirkungen des Unternehmens werden dabei zwar auch in den Blick genommen, stellen jedoch in der Regel nicht den zentralen Fokus des Nachhaltigkeitsmanagements dar.
Corporate Citizenship kommt dem CPR schon nahe. Aus der Perspektive des Corporate Citizenship verstehen sich Unternehmen als “gute Bürgerinnen” und übernehmen aktiv gesellschaftliche Verantwortung, die über ihre unternehmerische Tätigkeit hinausgeht. Damit ist Corporate Citizenship stärker “nach außen” gerichtet. Der Umfang des gesellschaftlichen Engagements kann jedoch stark variieren und umfasst z.B. Spenden und Sponsoring für gemeinnützige Projekte, Corporate Volunteering oder andere Formen der Kooperation mit Non-Profit-Organisationen. Manche Unternehmen fördern gezielt regionale Vereine (z.B. Sport-, Kultur- oder Umweltschutzvereine), andere unterstützen soziale Projekte in Ländern, in denen sie Rohstoffe beziehen (z.B. zur Förderung von fairen Arbeitsbedingungen und Umweltschutz entlang der Lieferkette). Auch die Gründung von unternehmenseigenen, wohltätigen Stiftungen kann eine Form des Corporate Citizenships sein.
Es gibt jedoch einen durchaus fundamentalen Unterschied zwischen, sagen wir, z.B. einer jährlichen Spendenaktion und einer klaren politischen Positionierung. Hier geht Corporate Political Responsibility (CPR) definitiv einen Schritt weiter.
CPR beinhaltet die aktive, stetige Gestaltung und positive Einflussnahme auf gesamtgesellschaftliche Herausforderungen und politische Prozesse, die über punktuelle Wohltätigkeitsaktionen hinausgehen. Dies erfordert, dass das Unternehmen in der Außenkommunikation eine klare Haltung und Positionierung innerhalb des politischen Meinungsspektrums bezieht.
Unternehmen, die ihre Verantwortung Akteure im komplexen gesellschaftspolitischen Gesamtkontext ernst nehmen, sind darum bemüht, im Sinne des Gemeinwohls Einfluss zu nehmen auf systemische und politische Rahmenbedingungen. Sie setzen sich aktiv ein für z.B. Chancengerechtigkeit, Inklusion, ein gerechtes Steuersystem, sinnvolle Umweltschutzpflichten und demokratische Grundwerte.
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Warum CPR für Unternehmen heute wichtiger denn je ist
Doch warum sollten Unternehmen überhaupt so weit über ihren eigenen Tellerrand hinausschauen? Gemeinwohl ist ja schön und gut - aber haben sie selbst davon überhaupt Vorteile? Schließlich ist der primäre Zweck eines privatwirtschaftlichen Unternehmens, monetären Gewinn zu generieren. Doch auch in diesem Sinne gibt es eine Reihe von guten Gründen, dies mit einer politischen Verantwortung zu verbinden:
- Gesellschaftliche Erwartungen steigen: Verbraucher:innen, Mitarbeiter:innen und Investor:innen fordern zunehmend, dass Unternehmen Haltung zeigen und sich für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Demokratie einsetzen.
- Regulatorischer Druck wächst: Regulierungen wie das Lieferkettengesetz oder ESG-Berichtspflichten fordern Unternehmen dazu auf, sich verstärkt mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinanderzusetzen.
- Reputation und Markenwert: Unternehmen, die sich glaubwürdig für gesellschaftliche Werte einsetzen, profitieren langfristig von einem besseren Image und einer stärkeren Kundenbindung.
- Risikomanagement: Politische und gesellschaftliche Instabilität sowie die Folgen des Klimawandels haben einen negativen Impact auf Geschäftsmodelle. Unternehmen müssen sich aktiv an der Lösung dieser Herausforderungen beteiligen, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Wie sieht CPR in der Praxis konkret aus?
Wie konkret kann gesellschaftspolitisches Engagement für Unternehmen in der Praxis aussehen? Dafür gibt es zahlreiche Möglichkeiten:
Politische Lobbyarbeit und Advocacy
Unternehmen können gezielt Einfluss auf politische Prozesse nehmen, indem sie etwa direkten Austausch mit politischen Entscheidungsträger:innen suchen. Dies kann z.B. so aussehen, dass sie Gespräche mit kommunalen Behörden, Ministerien, Abgeordneten und politischen Ausschüssen suchen, Stellungnahmen und Positionspapiere zu Gesetzesvorhaben einreichen oder Expertenanhörungen in Parlamenten nutzen. Auch die EU-Kommission oder nationale Regierungen laden regelmäßig zur Mitgestaltung von Richtlinien und Gesetzen ein. Unternehmen können hier aktiv ihre Perspektiven einbringen.
Eine wichtiger Teil von CPR ist zudem transparente Lobbyarbeit für eine zukunftsfähige Wirtschaft. Unternehmen sollten ihre Lobbyaktivitäten offenlegen, sich ins Lobbyregister eintragen (z.B. beim Deutschen Bundestag oder der EU) und sich für eine faire Regulierung einsetzen.
Mitgliedschaft in politischen Gremien, Verbänden und Initiativen
Unternehmen können in folgenden Organisationen aktiv werden:
- Nachhaltigkeits- und CSR-Verbände
Beispiele: Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ), B Corp-Bewegung (Nachhaltigkeitszertifizierung mit politischem Einfluss), DNK (Deutscher Nachhaltigkeitskodex) - Branchen- und Wirtschaftsverbände mit Nachhaltigkeitsfokus
Beispiele: Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) für nachhaltige Finanzprodukte, die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) sowie Unternehmensverbände wie der B.A.U.M. e.V. oder der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW), die sich für ökologisch orientierte Unternehmen einsetzen - Klimaschutz-Allianzen:
Beispiele: Stiftung 2° (Klimaschutzinitiative von Unternehmen), We Mean Business Coalition (internationale Unternehmenskoalition für Klimapolitik) oder die Science Based Targets Initiative (SBTi) (Entwicklung klimawissenschaftlich fundierter CO2-Reduktionsziele) - Initiativen für soziale Gerechtigkeit & Diversität:
Beispiele: Charta der Vielfalt e.V. (Förderung von Vielfalt in der Arbeitswelt), Fair Wear Foundation (Verbesserung sozialer Standards in Lieferketten) sowie der UN Global Compact (die größte Nachhaltigkeitsinitiative weltweit)
Förderung und Finanzierung von nachhaltigen Initiativen
Unternehmen können auch Einfluss nehmen, indem sie NGOs und Think Tanks finanziell unterstützen, die nachhaltige und soziale Gesetzgebung vorantreiben. Auch Investitionen in Forschungsprojekte zu klimafreundlichen Technologien oder sozialen Innovationen können eine Form der CPR darstellen. Einige Unternehmen legen Preise und Förderprogramme für nachhaltige Start-ups oder soziale Unternehmen auf und fördern somit innovative Geschäftsmodelle mit gesellschaftlichem Mehrwert.
Kooperationen mit der Zivilgesellschaft und Wissenschaft
Gezielte Partnerschaften mit Bürgerinitiativen und forschenden Institutionen (z.B. Bürgerräte, Hochschulen) können dazu genutzt werden, um die gesellschaftliche Beteiligung an politischen Entscheidungen stärken und gemeinsam faktenbasierte Politikempfehlungen zu entwickeln
Öffentliche Kommunikation und Mobilisierung
Im Sinne einer klaren öffentlichen Positionierung können Unternehmen ihre eigenen Kommunikationskanäle nutzen, um auf politische Missstände aufmerksam zu machen (z.B. via Social Media, Kampagnen, Veranstaltungen). Auch intern können sie ihre Mitarbeitenden und Kund:innen mobilisieren, sich für nachhaltige und soziale Themen einzusetzen. Vorbildfunktion nimmt in diesem Simme z.B. der Outdoor-Hersteller Patagonia ein, der seine Kund:innen dazu ermutigt, an Klimaschutz-Demonstrationen teilzunehmen.
Ethische Unternehmensführung als Vorbild für politische Veränderung
Essentiell für eine glaubwürdige CPR ist, dass das Unternehmen selbst mit gutem Beispiel vorangeht, dieses Engagement kommuniziert und dadurch andere Akteure inspiriert. Beispielsweise können sich Unternehmen freiwillig hohe Standards setzen und damit Druck auf die Politik ausüben (z.B. durch faire Löhne oder ambitionierte Klimaschutzziele, die über die gesetzlichen Mindestvorgaben hinausgehen). Auch eine Selbstverpflichtung, keine Spenden an Parteien zu leisten, die Klimaschutz oder soziale Gerechtigkeit behindern, sind eine mögliche Maßnahme.
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Herausforderungen bei der Umsetzung von Corporate Political Responsibility
Trotz der steigenden Bedeutung von CPR gibt es selbstverständlich auch Herausforderungen und Risiken, mit denen Unternehmen konfrontiert sein können:
- Glaubwürdigkeitsrisiken: Unternehmen, die sich politisch positionieren, laufen Gefahr, als opportunistisch oder inkonsequent wahrgenommen zu werden. Eine klare, langfristige Strategie und transparente Kommunikation sind entscheidend.
- Negative Reaktionen von Stakeholdern: Kund:innen, Mitarbeitende oder Investor:innen können unterschiedlich auf politische Aussagen reagieren. Unternehmen sollten deshalb auf Dialog setzen und ihre Positionen sorgfältig begründen.
- Rechtliche und regulatorische Einschränkungen: Politisches Engagement von Unternehmen kann durch gesetzliche Vorgaben eingeschränkt sein. Eine enge Abstimmung mit rechtlichen Berater:innen ist daher empfehlenswert.
- Internes Alignment: Auch unterschiedliche Meinungen innerhalb des Unternehmens können zu Spannungen führen. Eine klare interne Kommunikation und Werteorientierung helfen, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen.
Um diesen Herausforderungen adäquat zu begegnen, können Unternehmen folgende Strategien verfolgen:
- Authentizität und Konsistenz: Politische Verantwortung sollte aus der Unternehmenskultur heraus erwachsen und mit bestehenden Nachhaltigkeitsstrategien im Einklang stehen.
- Stakeholder-Dialog fördern: Unternehmen sollten aktiv Kund:innen, Mitarbeitende und Partner:innen in ihre gesellschaftspolitischen Aktivitäten einbeziehen und in einem stetigen Austausch bleiben, um Akzeptanz und eine gemeinsame Wertebasis zu schaffen.
- Klare Kommunikation: Transparenz über Ziele, Maßnahmen und Fortschritte ist entscheidend, um Vertrauen zu gewinnen.
- Langfristige Perspektive einnehmen: CPR sollte nicht als kurzfristige Marketingmaßnahme betrachtet werden, sondern als strategische Entscheidung mit nachhaltigem Engagement.
- Partnerschaften eingehen: Die Zusammenarbeit mit NGOs, Wissenschaft und politischen Akteuren kann helfen, Wirkung zu verstärken und Expertise auszubauen.
Vorbilder und Beispiele für Corporate Political Responsibility
Verantwortungseigentum
Einige vorbildliche Unternehmen haben die Stiftung Verantwortungseigentum gegründet und wollen somit eine neue Rechtsform für Unternehmen etablieren. Verantwortungseigentum ist ein alternatives Unternehmensmodell, bei dem die Kontrolle über das Unternehmen nicht an Kapitalinteressen gekoppelt ist. Stattdessen dient das Unternehmen einem langfristigen Zweck und wird von Menschen geführt, die aktiv mit ihm verbunden sind. Eine automatische Vererbung oder Übernahme durch Großkonzerne ist ausgeschlossen. Gewinne werden reinvestiert oder zweckgebunden ausgeschüttet, anstatt an externe Investor:innen abgeführt zu werden. Für die entsprechende Rechtsform ist (zumindest in Deutschland) noch keine offizielle Rechtsgrundlage geschaffen worden, so dass das Verantwortungseigentum bislang durch ein kompliziertes formelles “Hilfskonstrukt” realisiert wird. Gleichzeitig setzen sich die Unternehmen in politischen Gremien dafür ein, dass das Verantwortungseigentum künftig eine offiziell anerkannte Rechtsform (gleichwertig der GmbH oder AG) wird und bürokratische Hürden abgebaut werden.
Zu den rund 200 Unternehmen in Verantwortungseigentum in Deutschland zählen z.B. Ecosia, Alnatura, die GLS Bank, Soulbottles, Zeiss, WEtell, Voelkel und Waschbär.
Unternehmerischer Aktivismus am Beispiel von WEtell
Unternehmerischer Aktivismus beschreibt das aktive, öffentliche und oft politische Engagement von Unternehmen für gesellschaftliche und ökologische Anliegen. Dabei geht es nicht nur um CSR-Maßnahmen oder nachhaltige Geschäftspraktiken, sondern um eine klare Positionierung und Einflussnahme auf gesellschaftliche Debatten – auch auf die Gefahr hin, Kontroversen auszulösen oder wirtschaftliche Risiken einzugehen.
Der nachhaltige Mobilfunkanbieter ist auf vielen Ebenen absoluter Vorreiter in Punkto soziale und ökologische Verantwortung und greift auch das Thema unternehmerischer Aktivismus immer wieder auf.
So fordert WEtell aktiv gesetzliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltigere Telekommunikationsbranche, setzt sich für strenge Datenschutzrichtlinien ein und positioniert sich gegen die kommerzielle Nutzung von Kund:innendaten. Das Unternehmen macht zudem seine Entscheidungen und Prozesse öffentlich, um eine maximale Transparenz zu gewährleisten. WEtell nutzt bewusst unternehmerische Kommunikationskanäle, um politische Aufklärung und Aktivismus zu betreiben. Zum Beispiel werden Kund:innen offen dazu aufgerufen, sich an Klimastreiks zu beteiligen und sich für Datenschutz einzusetzen. Die Verschmelzung von unternehmerischer und politischer Aktivität ist bei WEtell sehr stark: So beteiligen sich die Gründer:innen von WEtell z.B. bei Klimastreiks und berichten auf offiziellen Kanälen darüber. Persönliche Werte, die unternehmerische Mission, Geschäftsmodell und gesellschaftliche Verantwortung sind untrennbar miteinander verknüpft.
Finanzwesen als politischer Hebel für eine gerechtere Welt: Beispiel GLS Bank
Die GLS Bank versteht sich als Vorreiterin einer ethischen Finanzwirtschaft und setzt Corporate Political Responsibility auf mehreren Ebenen um. Ihr Geschäftsmodell beruht darauf, Kapital gezielt in nachhaltige, soziale und ökologische Projekte zu lenken. Anstatt profitorientierte Großunternehmen oder spekulative Finanzprodukte zu unterstützen, setzt die Bank strenge Auswahlkriterien an und investiert ausschließlich in Bereiche wie erneuerbare Energien, ökologische Landwirtschaft, Bildungsprojekte und gemeinwohlorientierte Unternehmen.
Ihr politisches Engagement zeigt sich nicht nur in der konsequent nachhaltigen Kreditvergabe, sondern auch in ihrer aktiven Einflussnahme auf gesellschaftliche Debatten. Die GLS Bank bezieht regelmäßig Stellung zu Themen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Finanztransparenz. Sie fordert strengere Regulierungen für den Finanzsektor, setzt sich für eine sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft ein und engagiert sich in politischen Bündnissen, die nachhaltige Gesetzgebung vorantreiben. Auch in der eigenen Unternehmenskultur setzt sie Maßstäbe: Entscheidungen werden demokratisch getroffen, Vorstandsgehälter sind gedeckelt, und Transparenz gegenüber Kund:innen ist ein zentrales Prinzip.
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Ben & Jerry’s: Aktivismus als unternehmerische Verantwortung
Ein weiteres Unternehmen, das CPR auf umfangreiche Weise in die Praxis umsetzt, ist der Eishersteller Ben & Jerry’s. Das Unternehmen ist seit Jahrzehnten für seine progressive Haltung bekannt und nutzt seine Marktposition aktiv, um gesellschaftspolitische Themen voranzutreiben.
Während viele Konzerne sich bei politischen Fragen neutral verhalten oder nur vorsichtige Statements abgeben, geht Ben & Jerry’s weit darüber hinaus. Das Unternehmen bezieht offen Stellung zu Rassismus, Klimawandel, LGBTQ+-Rechten und wirtschaftlicher Ungleichheit. Es unterstützt soziale Bewegungen nicht nur finanziell, sondern setzt seine gesamte Kommunikationsstrategie darauf, gesellschaftlichen Wandel zu fördern. Kampagnen werden bewusst politisch ausgerichtet, und das Unternehmen kooperiert mit NGOs, um legislative Veränderungen zu unterstützen. Besonders auffällig ist, dass Ben & Jerry’s nicht nur über Probleme spricht, sondern sich aktiv für Gesetzesinitiativen einsetzt. Es nutzt seine Bekanntheit, um Druck auf politische Entscheidungsträger auszuüben, beispielsweise für strengere Klimaschutzgesetze oder eine humane Flüchtlingspolitik.
Patagonia: Radikaler Umweltschutz als unternehmerische DNA
Ein weiteres Beispiel für unternehmerischen Aktivismus ist Patagonia. Das Outdoor-Bekleidungsunternehmen stellt nicht nur nachhaltige Kleidung her, sondern versteht sich als politischer Akteur im Kampf gegen die Klimakrise. Unternehmensgründer Yvon Chouinard hat Patagonia so ausgerichtet, dass wirtschaftlicher Erfolg untrennbar mit ökologischem und sozialem Engagement verbunden ist. Patagonia unterstützt Umweltschutzorganisationen mit einem erheblichen Teil seines Gewinns, finanziert Klimaklagen gegen Regierungen und stellt seinen Mitarbeitenden frei, sich aktiv an Protesten zu beteiligen.
Ein besonders starkes Zeichen setzte das Unternehmen, als es seine Steuerersparnisse aus der US-Steuerreform 2017 vollständig für Umweltprojekte spendete. Zudem engagiert sich Patagonia in der politischen Debatte über Naturschutzgesetze und setzt sich gegen die rücksichtslose Ausbeutung öffentlicher Landflächen ein. Das Engagement des Unternehmens geht über klassische CSR-Maßnahmen hinaus, denn es nimmt bewusst Konflikte mit Politik und Industrie in Kauf, um seinen Werten treu zu bleiben.
Fazit: Wirtschaft als Treiber nachhaltiger Transformation
In einer Zeit multipler Krisen kann sich die Wirtschaft nicht aus gesellschaftlichen Debatten heraushalten. Corporate Political Responsibility ist mehr als eine strategische Entscheidung – sie ist eine Notwendigkeit für Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein wollen. Durch verantwortungsbewusstes politisches Engagement können sie nicht nur zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen, sondern auch nachhaltige wirtschaftliche Vorteile erzielen.
Eine ganze Reihe vorbildlicher - und erfolgreicher(!) - Unternehmen zeigt bereits, dass Corporate Political Responsibility weit über bloße Nachhaltigkeitsstrategien hinausgeht. Sie stellen politische Haltung über kurzfristige Profitinteressen, setzen sich aktiv für gesetzliche Veränderungen ein und nutzen ihre wirtschaftliche Macht, um gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben. Während viele Konzerne Nachhaltigkeit als Marketinginstrument verwenden, beweisen sie, dass unternehmerische Verantwortung nur dann glaubwürdig ist, wenn sie tief in der Unternehmensstruktur verankert ist. Die Zukunft gehört Unternehmen, die sich nicht nur als Marktakteure, sondern auch als politische Gestalter begreifen.