Alles Gute auf einer Karte: Interaktive Transparenz-Plattform »Karte von morgen« bewertet nachhaltige Organisationen in deiner Region nach ethischen Kriterien

Die Nachhaltigkeitsszene wächst, hat aber ein zentrales Problem: Die Akteur*innen sind oftmals zu wenig sichtbar und vernetzt. Auf der »Karte von morgen« kann jede*r nachhaltige Unternehmen, Organisationen und Initiativen eintragen und/oder nach ethischen Faktoren bewerten. Durch die Hilfe der Online-Community werden so besonders engagierte Akteur*innen auch besonders sichtbar. Wie die Karte auch als Basis für Kooperationen in der analogen Welt dienen kann, verrät Helmut Wolman, Mit-Initiator der »Karte von morgen«, im Interview.
Foto: © Helmut Wolman
von Charlotte Clarke, 17. Oktober 2019 um 06:24

Mit der Online-Plattform Karte von morgen möchtest du den positiven Wandel unserer Gesellschaft sichtbar machen. Was genau zeigt mir die Karte?

Helmut Wolman: Die Karte von morgen zeigt die besten Beispiele der sozial-ökologischen Transformation. Das beginnt bei Müllvermeidung bei Unverpacktläden, geht über gesunde Lebensmittel und fairer Kleidung bis hin zu innovativen, selbstgeführten Unternehmen, die sich als Teil einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft sehen.

Welche Kriterien sollten Unternehmen oder Initiativen erfüllen, um auf der Karte von morgen einen Platz zu finden? Warum werden manche Markierungen auf der Karte größer dargestellt als andere?

Helmut: Wir sind kein Siegel, sondern eine Transparenzplattform: Jedes Unternehmen erscheint ggf. auf unserer Karte, wenn ein*e Nutzer*in das relevant findet. Aber auf unserer Karte kann jedes Unternehmen bewertet werden - sowohl mit positiven als auch negativen Aspekten. Da die Karte nachhaltige und positiv bewertete Einträge durch größere Pins bzw, Markierungen hervorhebt, nennen wir sie »Positivfaktoren«: Diese sind Solidarität, Natürlichkeit, Erneuerbarkeit, Fairness, Menschlichkeit und Transparenz.

Denn eigentlich suchen wir nur »Best Practices« und in der Smartphone-App werden bspw. auch nur gut bewertete Einträge angezeigt.

Foto: © Helmut Wolman

Können auch nachhaltige Projekte und Unternehmen außerhalb Deutschlands eingetragen werden?

Helmut: Ja, die Karte funktioniert überall. In Mexico, Peru und anderen Ländern gibt es sogar schon Regionalpilot*innen. Das sind die lokalen Redakteur*innen, die in ihrer Region über alle Einträge informiert werden. Auch die Lieferketten einiger Produkte werden abgebildet, daher ist die weltweite Verfügbarkeit ganz wichtig, sonst kann ich nicht die Bäuer*innen meines Kaffees sichtbar machen. Aber 90 % der mittlerweile rund 15.000 Einträge kommen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Die Karte von morgen funktioniert nach dem Wiki-Prinzip: Jede*r kann einen Eintrag erstellen oder bestehende Einträge bearbeiten. Werden die eingetragenen Unternehmen und Organisationen auf ihre Richtigkeit und Übereinstimmung mit euren Kriterien überprüft? 

Helmut: Ja, dafür haben wir unsere Regionalpilot*innen, die eine Mail bekommen, sobald etwas eingetragen oder verändert wird. Aber auch viele aufmerksame Nutzer*innen korrigieren Fehler oder melden sich bei uns, z.B. wenn die Bewertungen unglaubwürdig sind. Das ist wirklich super.

Finden neben der bloßen Listung auf der Karte auch weitere Formen der praktischen Zusammenarbeit mit den eingetragenen Akteur*innen statt?

Helmut: In vielen Städten ist die Karte nur die Basis für umfassende Netzwerk- und Kooperationsprozesse, aber das hängt sehr von den lokalen Initiativen ab. Oftmals gibt es Stadtführungen zur Karte, »Foren von morgen« und »Märkte der Ideen«, wo sich die Innovationsszene der Nachhaltigkeit trifft.

Wie kann ich bei euch als Regional- oder Themenpilot*in aktiv werden und welche Voraussetzungen muss ich dafür erfüllen?

Helmut: Jede*r kann Regionalpilot*in werden. Wir suchen besonders Menschen in lokal gut vernetzten Initiativen. Die besten Beispiele sind FairNetzt Lörrach, Transition Town-Initiativen oder Lokale Agenda 21-Gruppen, aber auch viele Privatpersonen übernehmen diese Aufgabe und werden dabei oft von lokalen Vereinen unterstützt.

Foto: © Helmut Wolman

Welche Möglichkeiten gibt es darüber hinaus, das Projekt zu unterstützen?

Helmut: Wir machen viel Bildungsarbeit an Schulen, für die wir Referent*innen ausbilden. Aber ein ganz entscheidender Teil ist natürlich die Software, wo es noch viel Potential für Optimierung gibt. Wer sich also als Softwareentwickler*in engagieren will oder die Entwicklung eines neuen Features finanzieren will, ist herzlich willkommen! 

Was ist die Geschichte hinter der Karte von morgen? Wie ist die Idee entstanden?

Helmut: Es gibt viele Geschichten hinter der Karte, denn scheinbar haben schon viele Menschen nur darauf gewartet. Mein persönlicher Zugang waren meine Reisen in Lateinamerika, wo ich visionäre Projekte für soziale Gerechtigkeit, der Landlosenbewegung und Nachhaltigkeit finden und besuchen wollte. Aber besonders als konsumkritischer Stadtführer in Berlin und als Organisator der jährlichen überregionalen Zukunfts-Radtour »Ideen erfahren« brauchten wir immer dringender eine Plattform, wo wir Nachhaltigkeit in Städten, aber auch überregionale Themenkarten darstellen konnten. 

Daraus wurde dann die Karte von morgen mit Regionalpilot*innen, Hashtags und Positivfaktoren.

Wie wird das Projekt finanziert und mit welchen Kooperationspartner*innen arbeitet ihr zusammen?

Helmut: Wir finanzieren uns bisher zu 50 % über öffentliche Fördermittel und der Rest über Beiträge der Städte und Kommunen, die meist den Druck der Papierkarten finanzieren. Immer wieder gibt es Unternehmen, die uns die Entwicklung einzelner Funktionen finanzieren oder sich durch eine Spende beteiligen.

Die Karte von morgen zeigt, dass es bereits eine große Anzahl an Akteur*innen gibt, die sich für eine zukunftsfähige Gesellschaft einsetzen. Das macht Mut. Welche Maßnahmen können Initiativen und nachhaltig wirtschaftende Unternehmen zusätzlich ergreifen, um ihre Sichtbarkeit und ihren positiven Impact zu erhöhen?

Helmut: Jetzt kommt es darauf an, lokale, werteorientierte Netzwerke zu bilden und zu kommunizieren. Unternehmen können z.B. alle ihre Zulieferer bzw. Abnehmer kartieren (mit einem eindeutigen Hashtag wie #»unternehmensname«zulieferer), bewerten und ihre Kund*innen auf diesen Transparenz-Schritt hinweisen, bestenfalls in dem sie direkt die Karte von morgen als iframe (Anm. d. Red.: Softwareelement zur Einbindung fremder Inhalte auf der eigenen Website) auf ihrer Seite einbinden. Das schafft Vertrauen und stärkt eine sinnorientierte Zusammenarbeit. Dabei sollten Unternehmen aber unbedingt mit zivilgesellschaftlichen Initiativen zusammenarbeiten, um Menschen auch real zusammen zu bringen. Bei der solidarischen Landwirtschaft, wo Verbraucher*innen in den Produktionsprozess ihrer Lebensmittel einbezogen werden und direkten, persönlichen Kontakt zu den Landwirt*innen haben, ist dies das Erfolgskonzept. Wir beraten hier gerne.



Du kennst ein Unternehmen, eine Organisation oder Initiative, die einen Platz auf der Karte von morgen haben sollte oder suchst nachhaltige Projekte in deiner Region? Hier geht es lang zur Website der Karte von morgen. Über die Fortschritte des Projekt kannst du dich auch auf dem Blog der Karte von morgen auf dem Laufenden halten.

Ein umfassendes Konzept zur Bewertung von Unternehmen nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien bietet auch das alternative Wirtschaftsmodell der Gemeinwohl-Ökonomie. Mehr dazu in unserem Artikel »Gemeinwohl-Ökonomie: Welche Unternehmen als Pioniere für eine zukunftsfähige Wirtschaft vorangehen«.

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