Mit Social-Bee habt ihr Deutschlands ersten Integrationsdienstleister für Geflüchtete gegründet. Was macht euer Konzept besonders?
Sarah Schilberg: Es gibt viele Zeitarbeitsunternehmen und Personaldienstleister auf der einen sowie Flüchtlingsorganisationen auf der anderen Seite - unser Konzept, Zeitarbeit aber als Non-Profit zu nutzen, um aus den Einnahmen die Weiterbildung und Unterstützung von Menschen mit Fluchthintergrund zu ermöglichen, ist so bislang neu. Mit dieser Möglichkeit der nachhaltigen Integration wurden wir dieses Jahr sogar beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.
Vor dem Jobeinstieg möchtet ihr die Bewerber*innen möglichst gut auf ihre zukünftige Tätigkeit vorbereiten. Wie genau sieht diese Vorqualifizierung aus?
Sarah: Als Non-Profit können wir erst umfangreich agieren, wenn eine Überlassung, also die Verleihung des Arbeitnehmers an ein Partnerunternehmen, zustande kommt, denn aus den Einnahmen finanzieren wir die Betreuung und Weiterbildung. Allerdings durchlaufen Bewerber*innen bei uns einen mehrstufigen Bewerbungsprozess, in dem wir auch Tipps geben, wie man sich in einem Bewerbungsgespräch am besten verhält. Unmittelbar vor Start des neuen Jobs absolvieren wir außerdem mit den zukünftigen Mitarbeiter*innen einen umfangreichen Onboarding-Workshop, bei dem auch eine spezifischere Vorbereitung auf den jeweiligen Einsatzbetrieb erfolgt.
Oftmals stellt der unvermeidbare bürokratische Aufwand eine Hürde für Unternehmen dar, Geflüchtete einzustellen. Bietet ihr auch in diesem Bereich Unterstützung an?
Sarah: Als zwischengeschalteter Arbeitgeber kümmern wir von Social-Bee uns neben Weiterbildung und Betreuung auch um alle bürokratischen Themen. Wir organisieren notwendige Arbeitserlaubnisse und unterstützen bei asylrechtlichen Themen.
In welcher Weise werden die Unternehmen durch die Festanstellung von Menschen mit Migrationserfahrung bereichert ?
Sarah: Wir bekommen häufig von unseren Partnerunternehmen zurückgemeldet, wie dankbar sie sind, dass wir ihnen tolle neue Mitarbeiter bescheren konnten! Viele unserer Mitarbeiter*innen überzeugen im Betrieb durch ihre hohe Motivation und ihren Willen, sich einzubringen – da werden womöglich fehlende Qualifikationen schnell zur Nebensache. Auch sprachlich entwickeln sich die Mitarbeiter*innen durch unser Begleitprogramm und den täglichen Kontakt zu deutschen Kolleg*innen schnell weiter. Das kommt bei den Unternehmen gut an. Natürlich bringen kulturelle Unterschiede auch spannende Abwechslung in ein Team, erweitern den Horizont und stärken die interkulturelle Kommunikationsfähigkeit.
Wie kam die Idee zur Gründung von Social-Bee zustande und wie setzt sich euer Team zusammen?
Sarah: 2015 engagierten sich einige aus unserem Team bei der Ankommens-Hilfe, zum Beispiel am Münchner Hauptbahnhof. So wichtig eine Willkommenskultur auch ist - den beiden Social-Bee Gründern Zarah Bruhn und Maximilian Felsner wurde schnell klar, dass Integration eine größere Herausforderung sein würde. Zugang zu Arbeit ist ein entscheidender Faktor, um in einer Gesellschaft anzukommen und sich ein selbstständiges Leben aufbauen zu können. Aber zahlreiche Unternehmen schrecken vor den Hindernissen zurück, die es zu bewältigen gilt: Wer darf arbeiten und wie beantragt man die notwendige Arbeitserlaubnis? Was ist, wenn die Sprachkenntnisse nicht ausreichen oder wichtige Integrationsaufgaben im Unternehmensalltag nicht zu bewältigen sind? Hier setzen wir von Social-Bee an: Unser Team setzt sich zusammen aus einer Recruiting-Abteilung, die Bewerbungen entgegennimmt und den Bewerbungsprozess begleitet. Unser Vertriebsteam kümmert sich dann um die Vermittlung der Kandidaten an Partnerunternehmen, die Personalbedarf und Interesse an Integration haben. Sobald eine Platzierung im Unternehmen geglückt ist, übernimmt unser Integrationsmanagement-Team. Jede*r Mitarbeiter*in erhält dort Einzelbetreuung durch eine*n unserer Integrationsmanager*innen, die sich um alle Fragen und Weiterbildungsmaßnahmen kümmern.
Wie finanziert ihr als Non-Profit-Organisation eure Arbeit?
Sarah: Durch das Modell der Arbeitnehmerüberlassung ist unser Geschäftsmodell langfristig selbsttragend. Auch haben wir für den Start unseres ersten Standorts in München und auch unseren zweiten Standorts in Stuttgart Darlehen, Anschubfinanzierungen und Spenden durch verschiedene Stiftungen und Unterstützer*innen erhalten.
Was waren zu Beginn die größten Hürden bei der Umsetzung eures Projekts?
Sarah: Der größte Gegner der Integration ist immer das Vorurteil. Davon blieben wir in unserer Arbeit leider auch nicht verschont. Besonders im Nachgang zu unserer bundesweiten Aufklärungskampagne Employ-Refugees erhielten wir einige rechte Anfeindungen von Flüchtlingsgegner*innen. Unternehmen und Partner sind aber grundsätzlich sehr offen gegenüber Geflüchteten und stellen sich gemeinsam mit uns erfolgreich möglichen Herausforderungen der Integration. Ganz egal, ob es sich um einen DAX Konzern oder einen Einmannbetrieb handelt. Jede*r kann sich aktiv für die Integration Geflüchteter einsetzen und so gleichzeitig langfristig tolle Mitarbeiter*innen gewinnen.
Gibt es einen Erfolg, auf den ihr besonders stolz seid?
Sarah: Bei Social-Bee sind wir auf jede*n unserer Mitarbeiter*innen mit Fluchthintergrund stolz: Seit 2016 konnten wir bereits über 180 Menschen in Arbeit bringen. Mehr als 80 davon haben unser Social-Bee Programm bereits erfolgreich durchlaufen und wurden in den Einsatzbetrieben übernommen. Auch stolz sind wir auf unseren zweiten Stuttgarter Standort! Denn so können wir in einem weiteren Bundesland Geflüchtete unterstützen.
Welche Möglichkeiten gibt es für mich, Teil eures Teams bei Social-Bee zu werden? Welche fachlichen und persönlichen Qualifikationen sollte ich als potentielle*r Mitarbeiter*in im Idealfall mitbringen?
Sarah: Wir bei Social-Bee brennen dafür, Menschen einen fairen Arbeitsmarktzugang zu ermöglichen. Wir wollen mit unternehmerischen Mitteln einen sozialen Wandel vorantreiben und arbeiten dafür Tag für Tag im engagierten Team. Wenn du proaktiv und offen bist, unternehmerisch denkst und für das Gute brennst, passt du zu uns ins Team! Wir suchen zum Beispiel immer gute Netzwerker*innen für unseren Vertrieb.
Was sind eure nächsten Schritte? In welche Richtung möchtet ihr Social-Bee in den nächsten Jahren weiterentwickeln?
Sarah: Langfristig möchten wir noch mehr Menschen einen fairen Arbeitsmarktzugang ermöglichen und im Idealfall die Zeitarbeitsbranche auf soziale Art und Weise revolutionieren. Perspektivisch ist es für uns daher denkbar, in weitere Bundesländer zu expandieren. Auch die Zielgruppe um weitere benachteiligte Gruppen zu erweitern, schließen wir nicht aus.
Du möchtest mehr erfahren? Hier geht es zur Website von Social-Bee.