Gestartet ist das Projekt 2013 von Berlin aus. Hier haben sich die beiden Unternehmensberaterinnen Frances Berger und Anabell Schuchhardt zusammengefunden und das "Heimwegtelefon" gegründet. Ursprünglich stammt die Idee aus Schweden. Dort gibt es bereits einen ähnlichen Service, der von der Polizei angeboten wird. In den letzten Monaten ist das Team von "Heimwegtelefon" gewachsen und wieder einsatzbereit.
Das Heimwegtelefon soll Menschen begleiten, die nachts alleine unterwegs sind. Wie können sie sich mit dem Service sicherer fühlen?
Frances Berger: Schon allein durch das Telefonat vermitteln wir Sicherheit. Der Anrufer ist von seinem mulmigen Gefühl abgelenkt und läuft viel selbstsicherer, nicht mehr ängstlich und sich ständig umschauend. Er ist nicht mehr in der typischen Opferrolle. Zudem gibt es immer einen Zeugen am Telefon, das schreckt Täter auch ab. Zu allerletzt können wir im Notfall sofort die Polizei alarmieren und den Standort des Anrufers angeben, so kann schnell Hilfe zum Anrufer geschickt werden.
Wann ist das Heimwegtelefon erreichbar? Und von wo aus kann man anrufen, beschränkt sich der Service nur auf Berlin?
Berger: Eigentlich kann man sogar von überall aus anrufen. Wir hatten auch schon Telefonate aus der Schweiz, England und Frankreich, dort können wir allerdings die Polizei nicht informieren.
In der Regel kommen unsere Anrufe aus ganz Deutschland.
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Wir sind donnerstags von 20 bis 24 Uhr und Freitag, Samstag und vor Feiertagen von 22 bis 4 Uhr unter 030-12074182 erreichbar.
Wie viele Anrufe erhaltet ihr pro Nacht?
Berger: Das ist ganz unterschiedlich aber im Durchschnitt sind es 15 Anrufe pro Nacht.
Bekommen die Menschen nicht durch das Angebot der Hotline das Gefühl vermittelt, dass es nachts auf den Straßen nicht sicher ist, gerade junge Frauen?
Berger: Ich selbst hatte schon immer ein persönliches Heimwegtelefon, nämlich meine Mutti oder meinen Mann. Unsicher habe ich mich persönlich eigentlich noch nie gefühlt, aber ich mag zum Beispiel das rascheln im Gebüsch schon nicht. Ich denke auch, dass man sich in Deutschland nicht unsicher fühlen muss, aber manchmal reicht auch ein blöder Spruch einer Gruppe angetrunkener Jugendlicher um sich unwohl zu fühlen.
Ich habe allerdings das Gefühl, dass gerade die Berichterstattung der Medien bei vielen auch Ängste schürt oder auch die rasante Verbreitung von Informationen, ob sie nun wahr sind oder nicht, in sozialen Medien.
Ist die Gefahr in Großstädten wie Berlin größer?
Berger: Nein, meiner Meinung nach nicht.
Wie helft ihr, wenn der Anrufer tatsächlich in Bedrängnis gerät?
Berger: Zuerst beruhigen wir den Anrufer natürlich und sollte es wirklich ein Notfall sein, rufen wir die Polizei. Das kam aber noch nie vor.
Aus welcher Idee ist das Projekt Heimwegtelefon entstanden?
Berger: Im Wesentlichen, weil Anabell und ich beide abends auf dem Heimweg telefoniert haben. Irgendwann unterhielten wir uns und stellten fest, dass wir beide nachts telefonieren, um uns sicherer zu fühlen. Anabell erzählte mir, dass es in Schweden bereits eine solche Hotline gibt. Wir haben uns gefragt, warum bei uns nicht? Um uns nicht darüber zu ärgern, haben wir uns gedacht, werden wir doch einfach selbst aktiv.
Alle arbeiten rein ehrenamtlich an dem Projekt, auch ihr als Gründerinnen. Wie finanziert ihr den Service und wie viel Arbeit steckt in dem Projekt?
Berger: Genau, wir arbeiten alle ehrenamtlich und das ist meist wirklich sehr viel Arbeit. Es sind nicht nur die Schichten, die wir Woche für Woche abdecken, wir stellen neue Helfer ein, entwickeln Leitfäden oder planen Weiterbildungen und Treffen. Werbung muss organisiert werden, die Website und Social Media sollten auf dem neusten Stand bleiben und natürlich möchten wir auch den Service verbessern.
Wir sammeln Spenden über betterplace.org, aber eigentlich reicht das hinten und vorne nicht, wir würden gern so viel mehr machen.
Was waren eure ersten Schritte bei der Umsetzung?
Berger: Da war eigentlich das Henne und Ei Problem. Wir brauchten Leute, die uns kennen und anrufen würden und eine besetzte Hotline. Niemand wollte über uns berichten, weil wir noch nicht aktiv waren, aber wir wollten nicht sinnlos eine Hotline besetzen, die niemand anruft. Am Ende haben wir dann unseren ersten Zeitungsartikel bekommen und dann musste alles ganz schnell gehen.
Mit dem Heimwegtelefon ging es bisher auf und ab, zeitweise war die Hotline gar nicht erreichbar. Mit welchen Schwierigkeiten habt ihr beim Ausbau des Projekts zu kämpfen?
Berger: Eigentlich genau das, was schon angesprochen wurde. Wir machen das alle ehrenamtlich und es kostet enorm viel Zeit und Energie. Die hat irgendwann gefehlt. Sobald ein Rädchen stehen bleibt, werden auch die anderen langsamer, dann hat man keine Anrufe mehr, keine Helfer, die auch telefonieren und irgendwann geht es nicht mehr weiter. Zum Glück haben wir einen Neustart gewagt.
Wie viele Helfer arbeiten in eurem Team und wie haben sie den Weg zu euch gefunden? Oder sucht ihr noch Helfer, wie können Interessierte euch unterstützen?
Berger: In diesem Jahr haben wir bereits über 50 Helfer gewinnen können und wir brauchen auf jeden Fall noch einige mehr.
Wie soll es mit Heimwegtelefon weitergehen?
Berger: Wir möchten gern zum Herbst und Winter hin die Zeiten auch auf unter der Woche anpassen, dazu benötigen wir natürlich Telefonhelfer. Außerdem soll der Service für die Anrufer verbessert werden. Aber was wir aus der ersten Phase gelernt haben, wir können nicht alles auf einmal umsetzten und versuchen ein bisschen kleinere Schritte zu gehen.
Das Heimwegtelefon ist erreichbar unter 030-12074182 von 20 bis 24 Uhr und Freitag, Samstag und vor Feiertagen von 22 bis 4 Uhr. Für Anrufer fallen die Gebühren eines Telefonats zum deutschen Festnetz an.
Wenn ihr das Heimwegtelefon unterstützen wollt oder weitere Informationen sucht, gelangt ihr hier zur Website.