Dieser Gastartikel wurde verfasst von Marlene Eimterbäumer, Mariana Lesmes, Sara Perez & Lesly Vega, Studierende des Fachs »Management in Nonprofit-Organisationen« an der Hochschule Osnabrück.
Die internationale Entwicklungszusammenarbeit ist weiblich: Über 75 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Nonprofit-Organisationen (NPOs) sind Frauen – deshalb überrascht es sehr, dass sich dies nicht auf Führungsebene widerspiegelt. Dort beobachten wir immer noch eine starke männliche Dominanz. Wie kann sich dies ändern? Und woher kommen künftige Führungskräfte?
Sie absolvieren zum Beispiel Studiengänge wie den Master »Management in Nonprofit-Organisationen« an der Hochschule Osnabrück, der an das Helmut-Schmidt-Programm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) angeschlossen ist. Laut DAAD werden mit diesem Programm »zukünftige Führungskräfte in Politik, Recht, Wirtschaft und Administration nach den Prinzipien guter Regierungsführung akademisch weiterqualifiziert und praxisorientiert auf ihre spätere berufliche Tätigkeit vorbereitet.« Im Rahmen des Programms werden Masterstipendien an Studierende aus Entwicklungsländern vergeben.
Innerhalb der letzten fünf Jahre waren über 80 % der Stipendiat:innen im Studiengang »Management in Nonprofit-Organisationen« der Hochschule Osnabrück weiblich und diese Verteilung spiegelt sich auch in den generellen Bewerber:innenzahlen des Studiengangs wider: Der Großteil der Interessierten an einer Karriere im NPO-Bereich ist weiblich.
Diese Entwicklung zeigt sich auch im späteren Arbeitsumfeld: Professorin Dr. Annette Zimmer bestätigt in einem Interview, dass der Nonprofit-Sektor in Deutschland – gerade im Vergleich zu Markt und Staat – einen deutlichen Frauenüberhang aufweist: »Mehr als 75 Prozent der 2,3 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Nonprofit-Organisationen sind weiblich«, so Zimmer (Netzwerk Frauen und Geschlechterforschung NRW). Doch wie sieht es aktuell in den Führungspositionen in Nonprofit-Organisationen aus? Dort spiegelt sich laut Professorin Dr. Annette Zimmer der hohe Frauenanteil der Branche nur bedingt wider: »Als Ergebnis lässt sich feststellen, dass der Frauenanteil in hauptamtlichen Vorständen bei 27 Prozent, in Geschäftsführungen von NPOs bei etwa 50 Prozent liegt, wobei jedoch in jeder dritten Geschäftsführung keine einzige Frau zu finden ist.« Auch wenn der Nonprofit-Sektor, verglichen mit der Privatwirtschaft (31% Frauenanteil), etwas besser dasteht, sollte diesem Thema dringend mehr Beachtung geschenkt werden – zumal der Großteil der Mitarbeitenden weiblich ist, sollte zumindest der Anspruch sein, dass sich diese Verteilung auch auf der Führungsebene wiederfindet.
Diversity-Fragen sind für die Führungsebene von internationalen NPOs nicht nur in Bezug auf das Geschlecht der Mitarbeitenden sehr aktuell, sondern auch in Bezug auf deren Herkunft. Um den Anforderungen an Vielfalt gerecht zu werden, führen Unternehmen und auch NPOs zunehmen das Diversity Management als Teil des Personalmanagements ein. Gutting (2012) beschreibt Diversity Management »als den bewussten Einsatz und die Steuerung von personeller Vielfalt als Ressource«.
Doch wie entwickelt sich der Personaleinsatz in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit? Die Qualität der Projekte kann stark von der Passung der Führungskräfte zu dem Einsatzort abhängen, weshalb die Herkunft der Führungskräfte eine sehr wichtige Rolle spielt. Denn es kann eine große Herausforderung für eine NPO darstellen, wenn sie in Gebieten tätig ist, denen die Mitarbeitenden nicht entstammen (Schenk, 2021). Die Arbeit vor Ort erfordert Kenntnisse über die »dort maßgeblichen Werte, Normen, Erwartungen, Kommunikationsregeln und kulturellen Hintergründe« (Schenk, 2021); aber auch fachliche Expertise. Grundmann von der Humboldt Universität zu Berlin beobachtet den Trend, dass weniger Fachkräfte entsandt werden und stattdessen Projekte vor Ort durch Budgetfinanzierung gefördert werden.
Bei der GIZ beispielsweise arbeiteten zum Stichtag 31. Dezember 2020 insgesamt knapp 23.600 Mitarbeitende. Davon waren rund 5.000 in Deutschland und 2.600 als so genannte »Entsandte« im Ausland beschäftigt. Rund 16.000 Mitarbeitende arbeiteten als lokale Kräfte in den Partnerländern. Insgesamt arbeiteten mehr als 70 Prozent der Mitarbeitende der GIZ im Ausland. In diesem Kontext sind gut ausgebildete Führungskräfte aus den Ländern, in denen die Projekte umgesetzt werden, für den Projekterfolg von zentraler Bedeutung. Schenk sieht außerdem, dass der »reflektierte und proaktive Umgang mit Vielfalt [..] [bei der Arbeit von NPOs] für Reichweite und Erfolg« (Schenk, 2021) entscheidend ist, vor allem auch in Bezug auf Attraktivität für Spender:innen und somit für das Image der Organisation selbst.
Doch wie sieht es nun für junge Führungskräfte auf dem NPO-Arbeitsmarkt aus? Für viele Absolvent:innen ist es reizvoll, durch die eigene Arbeit die Lebensbedingungen anderer Menschen zu verbessern und globale Zusammenhänge besser zu verstehen. Doch für Berufe in dem Bereich werden üblicherweise Fachkräfte mit Berufserfahrung gesucht (Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden-Württemberg). Grundmann von der Humboldt Universität zu Berlin bezeichnet die internationale Entwicklungszusammenarbeit als »kleines Arbeitsfeld mit hohen Ansprüchen«. Jährlich werden nur ca. 1.300 Stellen neu ausgeschrieben, darunter nur 100 für Nachwuchskräfte. Nachwuchs- und Traineeprogramme gewinnen mittlerweile an Beliebtheit, insbesondere für Jobs in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Diese Programme schließen meist ein Jahr Vorbereitungszeit in Deutschland ein und stellen den Berufseinsteiger:innen jeweils Mentor:innen zur Seite (beispielsweise in den Programmen von den Maltesern oder der GIZ).
Eine andere Variante für Interessierte besteht darin, den Berufseinstieg durch Praktika zu erleichtern und somit erste Erfahrungen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zu sammeln. Praktika werden u.a. von der Welthungerhilfe, GIZ und Viva con Agua. Zahlreiche weitere Non-Profits im Bereich Entwicklungszusammenarbeit findest du hier in unserem Verzeichnis.
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