Das Projekt »Green Up Your Future« (GUYF) soll jungen Menschen, die sich für einen »grünen« Job interessieren, bei der Berufswahl interaktiv unterstützen. Welche Formate kommen dabei zum Einsatz?
Dr. Hilke Oberhansberg: Als erstes sind da natürlich unsere Exponate der Ausstellung, mit der wir an verschiedenen Orten wie Bildungszentren, Universitäten, Messen, aber auch bei diversen Veranstaltungen oder Festivals zu finden sind. In der Ausstellung zeigen und erläutern wir mit interaktiven Exponaten, wie kluge (bionische) Innovationen zu einer nachhaltigeren, energie- oder ressourcensparenden Wirtschaftsweise beitragen und stellen die dahinter stehenden Berufe vor. Zusätzlich bieten wir begleitende Veranstaltungen wie Workshops, Vorträge oder Führungen an, bei denen wir zeigen, was einen Beruf nachhaltig und »grün« macht. Dann geht unsere Ausstellung aber auch online weiter: Auf unserer Homepage Green-Up-Your-Future.de stellen junge Auszubildende und Studierende in kurzen Videos ihre »grünen« Berufe vor, es gibt Hintergründe zum Thema Nachhaltigkeit und wir haben eine Berufsdatenbank mit über 350 Ausbildungswegen und Berufen. Hier kann sich jede*r über eine Suchmaske Berufsbilder vorschlagen lassen, die zu den persönlichen Neigungen und Fähigkeiten passen könnten. Und natürlich sind wir auch auf Facebook…
Sind Karrieremessen nicht langweilig und die Atmosphäre furchtbar steif? Was genau unterscheidet eine GUYF-Ausstellung von klassischen Jobmessen und was erwartet mich bei einem Besuch?
Hilke: Bei uns stellen sich ja nicht einzelne Firmen mit Postern und Flyern vor. Stattdessen vermitteln wir, wie vielfältig und vor allem zukunftsfähig eine grüne Jobwahl für junge Menschen ist. Alle Formate, die oben beschrieben sind, sind auf der Ausstellung zugänglich, man kann anfassen, ausprobieren und diskutieren.
Welche Branchen oder Tätigkeitsfelder sind in euren Ausstellungen vertreten?
Hilke: Alle! »Grün« hat eben nicht nur mit Pflanzen und Natur zu tun, sondern steht bei uns für alle Berufe, die zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise passen. Das sind zum einen ganz neue Berufsfelder, die z.B. mit Elektromobilität oder Tausch-Apps zu tun haben und vor 20 Jahren so noch gar nicht existierten. Dann gibt es aber auch die bestehenden Berufsbilder, die sich ändern oder neue Schwerpunkte finden, wie Berufe in der Biolandwirtschaft, die Elektrotechnikerin, die Smart-Home Lösungen installiert oder der Jurist für Umweltrecht. Hier sprechen wir vom »Greening« von Berufen. Aber letztlich kann jeder Beruf »grün« sein, wenn er nur mit einem Verständnis für Nachhaltigkeit umgesetzt wird. Das kann der Friseur sein, der Wasser und Energie spart und natürliche Haarprodukte verwendet oder die Tischlerin, die langlebige Möbel aus heimischen Hölzern baut und mit umweltfreundlichen Lacken und Ölen behandelt.
Wie ist die Idee für »Green Up Your Future« entstanden?
Hilke: Wir haben uns auf eine Ausschreibung des Bundesumweltministeriums beworben, die den Arbeitstitel »Jeder Job ist grün« trug. Wir hatten zusammen mit unserem Partner BIOKON die Idee, gute Ideen aus natürlichen Systemen mit innovativen Berufsbildern zu verknüpfen. Wo ist Bionik schon im Einsatz? So haben wir die bionischen Berufe als Aufhänger für »grüne« Berufe entwickelt – mit dem Versprechen einer grünen Zukunft.
Welche »grünen« Berufsfelder werden aus eurer Sicht in Zukunft besonders relevant sein? In welchen Branchen sind nachhaltige Innovationen am dringendsten notwendig?
Hilke: Natürlich sind Berufe, die mit der Energiewende zu tun haben, ein sehr gefragter Zweig. Besonders spannend werden aber sicher auch alle Berufe, die mit der Entwicklung und Planung von und in Städten zu tun haben. Es wird davon ausgegangen, dass bis 2050 nahezu 70% der Menschen in Städten leben werden, das heißt, was hier passiert – wie die Städte versorgt werden, wie gebaut wird, welche Dienstleistungen es geben wird und wie wir uns dort bewegen – hat großen Einfluss auf die Entwicklung der ganzen Welt.
Ein ganz zentrales Problem, das das Wirtschaftssystem derzeit hat, ist unsere »take-make-waste« Mentalität – wir nehmen Ressourcen (aus der Erde), produzieren etwas und werfen es nach kurzer Zeit weg. Das kann auf einem begrenzten Planeten einfach nicht funktionieren. Wir müssen also weg von dem Denken in linearen Produktionsprozessen hin zu einem Denken in Kreisläufen, wo alles, was in ein Produkt einfließt, am Ende des Gebrauchs wieder nutzbar gemacht wird. Auch wenn es schon kluge Ansätze einer Kreislaufwirtschaft gibt (z.B. Cradle2Cradle), ist dies sicher ein Bereich, in dem wir dringend Innovation und mehr Mut zur Umsetzung brauchen.
Welchen Stellenwert spielt eurer Erfahrung nach das Bedürfnis nach Sicherheit und Planbarkeit bei der jungen Generation? Inwieweit ist dies mit einer Tätigkeit im »grünen« Bereich vereinbar?
Hilke: Wir haben durchaus den Eindruck, dass jungen Menschen inzwischen klar ist, dass ihnen auch ein noch so »solider« Beruf langfristig keine Sicherheit bietet, wenn wir unsere Lebensbedingungen auf dem Planeten nicht in den Griff bekommen. Die zukunftssicherste Berufswahl ist eine Entscheidung für einen »grünen« Beruf, und zwar nicht nur, weil wir damit etwas für Umwelt und Klimaschutz tun, sondern auch, weil die Industrie langsam versteht, dass nachhaltiges Wirtschaften unsere einzige Chance ist.
Die Transformation ist schon im Gange. Energieeffizienz, Wasseraufbereitung, Ressourcen sparen sind längst zu neuen Geschäftsfeldern geworden. Unternehmen suchen Menschen, die diesen Weg mitgehen und unterstützen können.
Welchen Tipp würdet ihr jungen Menschen geben, die sich im »grünen« Bereich beruflich orientieren wollen? Wie kann ich herausfinden, welcher Job zu mir passt?
Hilke: Als erstes: Macht etwas, was euch wirklich interessiert, dann ist es viel leichter, es auch wirklich gut zu machen. Und egal was das ist: Die Berufe der Zukunft erfordern »grüne« Kompetenzen: Fachwissen, Verständnis für Nachhaltigkeit und die Fähigkeit, Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Wer das in seinen Beruf einbringt, kann die Zukunft mitgestalten.
Es gibt inzwischen eine Menge Ausbildungswege in verschiedenen Branchen, die diese Kompetenzen vermitteln. Auf unserer Homepage kann man sich aus über 350 Ausbildungen und Berufen Passende vorschlagen lassen. Außerdem findet ihr dort einen kurzen Blog »Wie finde ich den Richtigen?«, mit ein paar weiteren Tipps und Adressen zur Berufsorientierung.
Du willst mehr über das Projekt erfahren? Hier geht zur Website von »Green Up Your Future«. Kommt GUYF auch in deine Stadt? Wirf einen Blick auf die Tourdaten.