Job mit Sinn: Welche Einstiegsmöglichkeiten in die Entwicklungszusammenarbeit gibt es?

Hilfe in Krisensituationen leisten, langfristig soziale Ungleichheit abbauen sowie eine Kooperation der beteiligten Länder auf Augenhöhe – das zeichnet die zeitgemäße Entwicklungszusammenarbeit aus. In Deutschland gilt die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn und Sitz zahlreicher NGOs als regelrechter Hotspot für diesen Bereich. Wie hat sich das Berufsfeld in den letzten Jahren entwickelt? Welche Qualifikationen werden gesucht? Wo finde ich Ansprechpersonen und passende Arbeitgeber? In diesem Artikel teilen eine Reihe von Expert*innen ihre persönlichen Erfahrungen und geben wertvolle Hinweise für den Einstieg.
© AKLHÜ e.V.
von Charlotte Clarke, 29. September 2021 um 07:03

Dieser Gastartikel wurde verfasst von Leif Kubik und ist unter dem Originaltitel »Hotspot für Jobs – Wer im weiten Feld der Entwicklungszusammenarbeit seine berufliche Zukunft sucht, kommt an der Bundesstadt nicht vorbei.« im General Anzeiger Bonn (Ausgabe vom 15.09.2021) erschienen.


Save the Date: Du interessierst dich für eine Karriere im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit? Dann solltest du dir den 23. Oktober 2021 im Kalender vormerken: Hier findet die Engagement Weltweit, deutschlands einzige Job- und Fachmesse im Bereich EZ statt. Ort: Rhein-Sieg-Halle in Siegburg.


»Der Anfang war schwierig, aber heute kann ich mir aussuchen, welche Aufträge ich annehme«, sagt Johanna Wolf. Die 41-Jährige hat vor gut zehn Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt, und mittlerweile ist die Expertise der studierten Soziologin und Politologin bei den Bonner Akteuren der Entwicklungsarbeit äußerst gefragt. Wolf bildet regelmäßig angehende Entwicklungshelfer an der Akademie für Internationale Zusammenarbeit (AIZ) aus und koordiniert aktuell als Teamleiterin ein Friedensbildungsprojekt in vier afrikanischen Staaten.

»Bonn hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten erfolgreich als deutsche Stadt der Vereinten Nationen und als Zentrum für die internationale Zusammenarbeit und nachhaltige Entwicklung etabliert«, heißt es stolz auf der Homepage der Stadt: Und tatsächlich prägen neben den mehr als 20 Organisationen der Vereinten Nationen mit ihren gut 1.000 Beschäftigten auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen das Jobangebot der Bundesstadt. Viele der dort angebotenen Arbeitsplätze widmen sich der Entwicklungszusammenarbeit. »In Deutschland haben sich seit dem Ende der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts mehr als 30.000 Menschen dafür entschieden, einen Entwicklungsdienst zu leisten«, weiß Gabi Waibel, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste (AGdD). Der Bonner Verein vertritt sieben Mitgliedsorganisationen, die für ein Tätigkeitsfeld stehen, das klassischerweise als »Entwicklungshilfe« bekannt ist. Heute spreche man allerdings von Internationaler Zusammenarbeit: »Die Entsendung von Fachkräften in alle Welt, auch im Programm Ziviler Friedensdienst, stellt einen wichtigen Mosaikstein der deutschen Entwicklungszusammenarbeit dar«, so Waibel weiter.

Große Organisationen wie Engagement Global, die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE), das zum Beispiel ein Postgraduierten-Programm im Bereich »Globale nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit« ins Leben gerufen hat oder auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das seinen ersten Dienstsitz ebenfalls in der Bundesstadt hat, bieten eine Vielzahl weiterer Jobs. »Wer eine Tätigkeit im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit sucht, kommt an Bonn eigentlich gar nicht vorbei«, so Waibel. Bonn sei auch deshalb der Hotspot in Deutschland, weil das BMZ als Fördergeldgeber die zentrale Anlaufstelle für alle Akteure ist.

Entwicklungszusammenarbeit sei das »gemeinsame Bemühen von Industrieländern und Entwicklungsländern, weltweite Unterschiede in der sozio-ökonomischen Entwicklung und in den allgemeinen Lebensbedingungen dauerhaft und nachhaltig abzubauen«, heißt es auf Wikipedia. Als Grundprinzip der Zusammenarbeit gelte dabei die »Hilfe zur Selbsthilfe« im Gegensatz zu bloßer Nothilfe in Krisensituationen. Und so weit wie die Definition ist auch das Tätigkeitsfeld gesteckt: So zeichnen sich die Mitgliedsorganisationen der AGdD für die Entsendung von Fachleuten ins Ausland verantwortlich; die im Dachverband AKLHÜ organisierten Nichtregierungsorganisationen kümmern sich hingegen um die Freiwilligenarbeit. Und im Hintergrund zeichnen das BMZ und die nachgelagerten Organisationen Engagement Global und die GIZ für den institutionellen Rahmen verantwortlich.

Fachmesse Engagement Weltweit | © AKLHÜ e.V.
 

Wer nun in der Entwicklungszusammenarbeit seine berufliche Zukunft finden will, für den kommen mehrere Einstiegsmöglichkeiten in Betracht: »Wer sich erfolgreich auf eine klassische Auslandsstelle beworben hat, hat einen ersten Fuß in der Tür«, erläutert Wanja Amling. Der 31-Jährige Referent des Dachverbands AKLHÜ organisiert mit »Engagement Weltweit« die deutschlandweit einzige Fach- und Jobmesse in diesem Bereich. »Jeder, der sich in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren will, sollte sich den 23. Oktober 2021 im Kalender rot anstreichen und dann in die Rhein-Sieg-Halle in der Bachstraße 1 in Siegburg kommen«, sagt er. Die Veranstaltung findet seit 2007 im zweijährigen Turnus statt, in Zukunft wollen die Organisationen die esse wegen des hohen Zuspruchs aber jährlich organisieren.

Johanna Wolfs beruflicher Werdegang ist in gewisser Weise typisch für eine Karriere in der Entwicklungszusammenarbeit: Zwar ist nur ein geringer Teil der in diesem Bereich tätigen Menschen selbstständig. Viele arbeiten aber befristet und projektbezogen: »Flexibilität, eine große Frustrationstoleranz und eine gewisse Unsicherheit gehören in diesem Bereich einfach dazu«, findet Wolf. Denn auch, wenn die Jobs heute nicht mehr so dünn gesät sind, wie vor 15, 20 Jahren, als man von der »Generation Praktikum« sprach, sollte man eine gewisse Portion Geduld mitbringen, wenn es einen in den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zieht.

Es geht natürlich auch anders – allerdings nur für die Top-Absolventen eines Jahrgangs, denen auch noch ein Quäntchen Glück zuteil wurde: Da Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sucht regelmäßig Referenten für den höheren Dienst.

Auch 60 Jahre nach seiner Gründung hat das Ministerium unter der Leitung von CSU-Minister Gerd Müller seinen ersten Dienstsitz in der Bundesstadt Bonn, die von seinem FDP-Amtsvorgänger Dirk Niebel angestoßenen Diskussion um eine mögliche Auflösung des Ministeriums ist mittlerweile kein Thema mehr.

Auch die Vereinten Nationen bieten natürlich eine ganze Menge entsprechender Tätigkeitsmöglichkeiten, wer sich für einen Job bei der UNO interessiert, findet allerdings keinen zentralen Ansprechpartner: Die einzelnen Organisationen in Bonn verfügen nämlich über keine einheitliche Personalabteilung. Stellenangebote werden auf den einzelnen Webseiten veröffentlicht und vorab Informationen gibt’s nur über die jeweilige UN-Organisation. Eine Übersicht findet man unter diesem Link. Um einen Einstiegsjob bei der UNO zu finden, sind das Büro für Führungskräfte in internationalen Organisationen (BFIO) bei der Arbeitsagentur sowie das UNVolunteers Programme gute Quellen. Das Jobportal Spinnen-Netz ist eine Fundgrube für Jobs bei allen möglichen internationalen Organisationen.

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Die Tätigkeiten sind also vielfältig, haben sich aber immer mehr in das akademische Milieu verlagert: »Wo früher noch Handwerker als Brunnenbauer in Afrika gefragt waren, geht es heute vermehrt um Kooperation auf Augenhöhe«, so Amling. Das lasse sich am Beispiel des Lieferkettengesetzes anschaulich zeigen. Die Prüfung der Nachhaltigkeit eines Lieferanten sei ohne kompetente Fachleute vor Ort nämlich gar nicht möglich. Eine Karriere in der Entwicklungszusammenarbeit könnte aber im Prinzip jeder machen, der eine gewisse Fachexpertise mitbringe. Zukünftig rät der Fachmann aufgrund des sehr heterogenen Berufsfelds zu einem Studium je nach eigenem Naturell. Spezialstudiengänge wie zum Beispiel »Friedens- und Konfliktforschung« böten aber grundsätzlich auch eine sehr gute Einstiegsmöglichkeit. Wichtig sei es aber in jedem Fall, mehrere Sprachen zu beherrschen und ein Grundverständnis von Projektmanagement mitzubringen. Darüber hinaus seien eine gewisse interkulturelle Kompetenz und ein Sinn für soziales Engagement unabdingbar: »Denn die Entwicklungszusammenarbeit ist nicht die Branche, um das große Geld zu machen«, findet er. »Es geht vielmehr um Sinnstiftung.«





 

Hier gibt es Jobs – Potentielle Arbeitgeber in der UNO-Stadt:

  • Vereinte Nationen
  • Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
  • Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)
  • Engagement Global
  • Deutsches Institut für Entwicklungspolitik
  • Arbeitsgemeinschaft der Entwicklungsdienste (Für Auslandseinsätze
  • AKLHÜ e.V. – Netzwerk für internationale Personelle Zusammenarbeit (Für Freiwillige)


Weitere aktuelle Stellen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit findest du in unserer Jobdatenbank sowie auf Impactify - Die Plattform für Karriere mit Sinn.


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