Selbstverwirklichung: Mehr als das gute Gefühl
Der Wunsch nach Selbstverwirklichung wächst in unserer Gesellschaft als ein Phänomen des Wohlstands und der wirtschaftlichen Sicherheit. Sich selbst auch beruflich zu verwirklichen, ist eine starke Motivation. Ob mit einer Selbstständigkeit oder einer Anstellung in einem geliebten Bereich, so hofft man einen direkten Sinn bei seiner Tätigkeit zu erfahren. Dahinter steht oft der starke Wunsch, Gutes zu tun und sich zugleich mit seiner Arbeit identifizieren zu können. Man möchte zu einer bestimmten Gruppe von Menschen gehören, die sich über ihren Beruf definiert. Daraus schöpft man neben dem Gefühl der Zugehörigkeit auch Anerkennung und gesellschaftliche Akzeptanz. Es ist das Bedürfnis, seine Individualität auch im Beruf auszuleben. Sich selbst zu verwirklichen heißt, in Beziehung zu etwas zu treten. Es passiert also etwas zwischen einem selbst und der Umwelt. Die Erfüllung liegt in dem, was man erlebt. Unser Tun ist Selbsterfahrung.
Die Maslow´sche Bedürfnispyramide, ein Modell entwickelt von dem Psychologen Abraham Maslow, beschäftigt sich mit Motivationen und zeigt die unterschiedlichen Stufen der menschlichen Bedürfnisse auf. Die einzelnen Stufen der Pyramide bauen dabei direkt aufeinander auf: erst wenn die Bedürfnisse der unteren Stufe befriedigt sind, können wir uns den höheren Bedürfnissen widmen. Die unteren drei Stufen bilden die sogenannten Defizitbedürfnisse: Grundversorgung, Sicherheit und soziale Bedürfnisse. Sind diese erst befriedigt, wird laut Maslow Zufriedenheit empfunden. Die beiden oberen Stufen sind die Wachstumsbedürfnisse: Individualbedürfnisse wie Erfolg, Anerkennung, Stärke, Freiheit und Unabhängigkeit. An der Spitze erst steht die Selbstverwirklichung als ein nahezu theoretisches Konstrukt. Maslow ging davon aus, dass die Wachstumsbedürfnisse, also auch die Selbstverwirklichung, niemals komplett befriedigt werden und ohnehin nur 2% der Weltbevölkerung diese Stufe der Bedürfnispyramide erreichen können. Damit die Selbstverwirklichung gelingen kann, muss also zunächst alles andere stimmen: finanzielle Absicherung, sicherer Wohnraum, gute soziale Kontakte, ein berufliches Umfeld, das einen vorantreibt und inspiriert u.v.m.
Unter den falschen Bedingungen droht die Selbstverwirklichung, ob in Selbstständigkeit oder der Anstellung im gewünschten Bereich, zu scheitern. Allein schon aufgrund des psychischen Drucks, wenn man bei der Arbeit permanent um seine Grundsicherung bangen muss oder andere persönliche Bedürfnisse, wie Freizeit oder Freunde, zu weit in den Hintergrund treten.
Maslow verstand unter Selbstverwirklichung das Erkennen und Ausschöpfen des eigenen Potenzials. Durch geschickte Motivation und Hilfestellungen innerhalb einer Gruppe kann diese Stufe aber durchaus erreicht werden. Manchmal muss man auf dem Weg zum Traumjob einen Schritt zurückgehen oder einen Zwischenstopp einlegen. Aber nicht, um das Ziel aus den Augen zu verlieren, sondern um sich weiterzuentwickeln.
Du suchst nach einem Job mit Sinn?
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Job mit Sinn: Mit Sicherheit selbstverwirklichen
Ein wichtiger Schlüssel, um seine beruflichen Ziele verfolgen zu können und erfolgreich zu sein, ist das Selbstvertrauen. Dabei kommt es darauf an, sich auf seine Stärken verlassen zu können. Dies gilt für das eigene Unternehmen oder den Weg in einen begehrten Beruf.
Ein Tipp, den auch der Autor und Assistenzprofessor für Informatik an der Georgetown University, USA, Cal Newport in seinem Buch Die Traumjoblüge – Warum Leidenschaft die Karriere killt (engl. So good they can´t ignore you) gibt. Er warnt, »Folge deiner Leidenschaft! ist ein gefährlicher Rat.«. Eine Arbeit, die man nur aus Leidenschaft wählt, weckt sehr hohe Erwartungen. Würden diese enttäuscht, folgten daraus häufige Jobwechsel oder sogar massive Selbstzweifel. Newport rät daher dazu, seine Karriereplanung entlang der eigenen Fähigkeiten zu gestalten, um so einen guten und erfüllenden Job zu finden. Und die eigenen Fähigkeiten lassen sich zum Glück stetig ausbauen, wenn man weiß, wo und wie man dafür ansetzen muss.
Das Beste, was man laut Newport auf dem Arbeitsmarkt anbieten kann, ist Kompetenz. Und die muss man zusammen mit seinem Lebenslauf über seine Fähigkeiten aufbauen. Newport bezeichnet diese gesammelten Erfahrungen und Kenntnisse als Karrierekapital. Je wertvoller die erworbenen Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt sind, desto mehr Raum eröffnet sich für die Umsetzung der eigenen Ambitionen und auch bessere Stellenangebote werden greifbar. Und zugleich erhält man mehr Selbstvertrauen, wenn man durch Erfahrung besser und sicherer in seiner Arbeit wird. Man fühlt sich also zufriedener und kann immer mehr erreichen.
Die wichtigsten Merkmale für einen selbst erfüllenden Traumjob seien:
- Kreativität
- Einfluss (auf andere nehmen zu können)
- Selbstbestimmung (sich in seiner Arbeit frei organisieren zu können).
Du brauchst einen Plan: Besser werden und bleiben wer man ist
Um diese Ziele zu erreichen, bräuchte es das Karrierekapital, das es einem erst ermöglicht, diese Merkmale einzufordern oder umzusetzen. Statt seinen Leidenschaften zu folgen und einfach zu tun, was man liebt, empfiehlt Newport die Leistungsorientierte Lerntechnik (engl. Deliberate Practice). Das heißt die Grenzen seines Könnens so weit zu überschreiten, bis man sich gefordert fühlt, ohne sich zu überfordern.
»Wer permanent seine Grenzen ein Stückchen verschiebt und auf unmittelbares Feedback achtet, folgt einem allgemeingültigen Prinzip, das der Schlüssel für die Anhäufung von Karrierekapital in jedem beliebigen Fachgebiet ist.«*¹
Also die goldene Mitte finden: einen Job, der einen nicht langweilt, aber einem abverlangt, sich neues Wissen und weitere Fähigkeiten anzueignen. Um sich so auch weiterentwickeln zu können, ist ein stetiges Feedback seitens der Arbeitgeber*innen oder des Umfelds allerdings unerlässlich. Denn wie will man etwas lernen, wenn einem keiner sagt, was man gut oder weniger gut macht? Dies hilft aber auch, wenn man sich selbst neben der Arbeit weiterbilden will, um neue Fähigkeiten zu erlernen oder bestehende zu verbessern.
Für den Traumjob gibt es demnach auch Ausschlusskriterien, die verhindern sich weiterzuentwickeln:
- Eine Tätigkeit, die kaum Möglichkeiten bietet, sich durch eigene Leistungen hervorzuheben oder Fähigkeiten und Wissen zu vertiefen
- Wenn der Job einem sinnlos erscheint oder sogar schlecht für die Welt ist
- Die Tätigkeit einen dazu zwingt, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die man nicht mag.
Die eigenen Bedürfnisse und Interessen spielen an dieser Stelle doch eine entscheidende Rolle. Wen man mag oder nicht und was man als gut oder schlecht ansieht, ist eine Frage der Individualität. Und schließlich hat man, so hoffentlich, auch ein langfristiges Ziel, auf das man beim Ausbau seiner Fähigkeiten zusteuert. Newport selbst spricht hier von einer Mission, die der Arbeit nicht nur einen Sinn gibt, sondern auch hilft, die berufliche Laufbahn zu ordnen. Diese Mission sei ein Element, das sich gegen das Karrierekapital eintauschen lässt und zugleich nicht ohne dieses gelingen kann. Mehr noch, eine Mission erwachse oft erst aus den erworbenen Fähigkeiten, den Interessen, Berufserfahrung und dargebotenen Gelegenheiten. Und dafür muss man aktiv werden.
Mission zur Selbstverwirklichung: Am Ende macht es doch Sinn
Mit dem erworbenen Karrierekapital kann dann auch der Griff nach dem Job mit Sinn gelingen oder man findet ihn sogar erst. Auch die Selbstständigkeit droht dann nicht mehr so schnell zu scheitern, wenn man ausreichend Erfahrungen gesammelt hat und seine Kompetenz anbieten kann. Wichtig sei es, Erfahrungen in der Branche zu sammeln, die einem helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und zielführend umzusetzen. Auf dem Weg dorthin lohnt es sich also, auch eine Zeit lang einem Job nachzugehen, der auf den ersten Blick nicht so viel Sinn macht, aber einen dahin trägt mehr zu lernen und über sich selbst hinauszuwachsen. Im Idealfall treffen alle Merkmale zu, die einem helfen, das Karrierekapital auszubauen. Denn auch der Erfolg eines eigenen Projekts hängt davon ab, wie gut man sich auskennt. Newport formuliert dies unter dem Bekanntheitsgesetz: »Damit ein Projekt, das auf einer Mission beruht, erfolgreich verläuft, muss es in zweierlei Hinsicht bemerkenswert sein. Zum einen sollten alle Leute, die davon erfahren, sofort ihren Freundes- und Bekanntenkreis darüber informieren wollen. Zum anderen muss es am richtigen Ort aus der Taufe gehoben werden, damit es schon bald in aller Munde ist.«.*²
Eine Mission zieht Erfolg nach sich, wenn die entsprechenden Projekte dem Bekanntheitsgesetz genügen: Eine Idee erregt die Aufmerksamkeit der Leute, wenn sie in einer Umgebung entsteht, in der sie unmittelbar als etwas Besonderes auffällt. Das Gelingen eines Projekts oder eines eigenen Unternehmens beruht also auch auf Marktanalyse und der Überlegung, wie oder was man seine Idee anbieten kann. Am Anfang steht damit die Frage, wo man sich Feedback für die eigene Idee holen kann, um deren Erfolg abwägen zu können.
Und vielleicht gelingt es einem selbst doch nicht so ohne weiteres, den optimalen Weg einzuschlagen. Ein Job mit Sinn ist es, wenn man gut darin ist und seine Fähigkeiten ausbauen und einsetzen kann. Von da aus kann es Schritt für Schritt weitergehen. Bis man die Tätigkeit findet, in der man mit seinen Stärken und Fähigkeiten Gutes tun kann.
*¹ Newport, Cal, Die Traumjoblüge – Warum Leidenschaft die Karriere killt (engl. So good they can´t ignore you), Campus Verlag GmbH, 2013, S. 89.
*² ebd., S. 184.
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