Grüne Technologien: Nachhaltiges Schweden fördert neue Entwicklungen

Wenn es um Nachhaltigkeit und ökologische Entwicklung geht, sind die Skandinavier ganz vorne mit dabei. Besonders Schweden hat ein grünes Image und schon bei verschiedenen Rankings als das nachhaltigste Land der Welt abgeschnitten. Aus urbanen Projekten erwachsen regelrechte Green Citys, die die Entwicklung grüner Technologien und nachhaltigen Bauens fördern. Für junge Leute entstehen daraus neue Perspektiven in internationalen Studiengängen und Berufen.
von Regina Rohland, 17. Oktober 2016 um 09:20

Schweden erstreckt sich vom europäischen Festland bis zur Arktis durch mehrere Klimazonen hindurch. Bei Besuchern ist das nordische Königreich besonders wegen seiner vielfältigen Landschaften beliebt. Tiefgrüne Wälder, hunderte klare Seen, idyllische Inselgruppen und Dünenlandschaften entlang der Küsten wecken die Liebe zur Natur.

Aber nicht nur eine enge Verbindung zur Natur macht Nachhaltigkeit in Schweden aus. Es ist vor allem eines der ersten Länder, das Nachhaltigkeitsziele fest in der Politik verankert hat. Seit 1999 legt die Regierung jährlich dem Reichstag (Riksdag) Vorschläge zur ökologischen Nachhaltigkeit vor. Zu den festgelegten Zielen des Königreichs gehören zum Beispiel der rasche Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen und der Meeresschutz. Im Jahr 2001 veröffentlichte die schwedische Regierung ihre erste nationale Strategie für nachhaltige Entwicklung Sweden’s National Strategy for Sustainable Development. In Deutschland wurde ein entsprechendes Konzept unter Perspektiven für Deutschland - Unsere Strategien für eine nachhaltige Entwicklung  2002 von der Bundesregierung festgelegt und bestimmt den Kurs für nachhaltige Entwicklung hierzulande.

Heute gilt das nordische Königreich als eines der nachhaltigsten Länder der Welt. Zuletzt belegt Schweden bei der "Nachhaltigkeits-EM" den 1. Platz. Das Ranking wurde angelehnt an die Fußball-Europameisterschaft 2016 unter allen teilnehmenden Ländern ausgetragen. Bewertet wurden die europäischen Länder nach den ESG-Kriterien (Environment Social Governance).

Platz 1 für Bildung, geringen CO2-Ausstoß und kaum Korruption

Korruption, Bildungs­ausgaben, erneuer­bare Energien und CO2-Emissionen waren im Ranking entscheidend. Wie sich zeigt, sind Skandinavier wenig bestechlich. Die ersten drei Plätze gehen in der Korruptionsprävention an Finnland, Dänemark und Schweden. Zum Vergleich: Deutschland landet hier erst auf Platz 10. Besonders schlecht steht Deutschland bei den Bildungsausgaben da. Nicht einmal 5% des Bruttoinlandsprodukts werden in die Bildung investiert, in Schweden dagegen 6,82% und erhält den 10. Platz. Der 1. Platz geht an den Nachbarn Dänemark. Hier werden 8,75%, für Bildungsausgaben genutzt. Den Sieg als Europa-Meister erhält Schweden allerdings vor allem für seinen Fortschritt bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes.

Mit seiner stetig sinkenden CO2-Emission belegt Schweden auch im Klimaschutz-Index von Germanwatch jährlich einen der ersten Plätze. Verglichen werden die Anstrengungen zum Klimaschutz der 58 Industrie- und Schwellenländern mit dem höchsten CO2-Ausstoß. Untersucht wird vor allem die CO2-Emission der einzelnen Länder in Hinblick auf die Ziele der UN-Klimakonferenz. 2015 haben Dänemark und Schweden sogar erstmals den Schwellenwert übertroffen und leisten gegenwärtig ihren Beitrag, um das Zwei-Grad-Limit einzuhalten. 

Also wie schafft es das Königreich Schweden, sich an die Spitze für ökologische Neuerungen zu setzen? Ein wichtiger Punkt sind die starken Nachhaltigkeitsstrategien der Regierung, aus denen Förderung für neue, grüne Entwicklungen erwächst und sich auch an das Bewusstsein der Bevölkerung wenden.

Grüne Technologien fördern Zukunftsperspektiven

Besonderer Wert wird auf die Forschung und Entwicklung grüner Technologien gelegt, die langfristige Verbesserungen bewirken. Dazu gehört unter anderem die Kreislaufwirtschaft - auch als fester Bestandteil parlamentarischer Fragen. Unter dem Programm Waste-to-Energy  zum Beispiel werden 99% des nicht-recycelbaren Mülls aus den schwedischen Haushalten wiederverwendet. Zur Wärme- und Energiegewinnung werden die Abfälle verbrannt und wieder in das Energie-Netz eingespeist. Die erste Verbrennungsanlage dazu wurde bereits 1904 in Stockholm eröffnet. Inzwischen gibt es 32 dieser Anlagen, die Wärme für 810.000 Haushalte und Elektrizität für 250.000 Privathäuser erzeugen. Damit wurde auch die Zahl der langlebigen Mülldeponien, die durch Deponiegas und Sickerwasser Luft und Grundwasser verschmutzen, stark reduziert.

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Das Konzept zur Bewältigung der Müllberge ist besonders aufgrund der ansteigenden Bevölkerungszahl ein wichtiges Thema geworden. Denn auch in Schweden schreitet die Urbanisierung fort, besonders Stockholm wächst rasant. Derzeit zählt das Land 9.851.017 Einwohner (Stand Februar 2016). Davon leben allein über 920.000 in Stockholm. Insgesamt sind es 86% der schwedischen Bevölkerung, die in einer Stadt angesiedelt sind. Doch gleichzeitig werden auch nachhaltige Strukturen in den Städten integriert. Zum Stadtbild gehören mit Hydroelektronik und Windkraft betriebene öffentliche Verkehrsmittel, hunderte Parks und Grünflächen und Passivhäuser.

Umweltbewusste Studierende aus aller Welt

Zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung wurden in vierschiedenen Fachrichtungen innovative Studiengänge an schwedischen Hochschulen akkreditiert, die eng mit ökologischen Forschungsprojekten verbunden sind. So ist ein Austausch über die Landesgrenze hinaus entstanden, von dem alle profitieren. Auch für internationale Studierende wird eine bunte Palette an Studiengängen angeboten. Humanökologie, Nachhaltige Entwicklung, Umwelttechnik, Sustainable Development oder Nachhaltige Technologien sind nur ein paar davon. Mehr Informationen zu den Studien-Möglichkeiten:

Grüne Wohnkonzepte auf verlassenen Industriezonen

Was sich aus der Forschungsarbeit heraus bereits realisieren lässt, zeigen die vielen ökologischen Neuerungen in Schwedens Städten. 2010 wurde Stockholm als Umwelthauptstadt Europas ausgezeichnet und war die erste Stadt, die für ihre umweltfreundlichen Bemühungen den Titel erhielt. Besonders mit dem Bau von nachhaltigen Siedlungen hat sich die Hauptstadt hervorgehoben. So auch das Bauprojekt Royal Seaport  (schw. Norra Djurgårdsstaden), das 2011 an einem ehemaligen Industriestandort realisiert wurde. Entstanden sind hier Wohnräume und Büros unter sehr hohen Umweltauflagen. In dem Projekt stecken innovative Ideen zur Konstruktion und Versorgung der Gebäude. Zum Beispiel werden Techniken für klimaschonende Energieproduktion, Müllverwertung und Klimaschutz erfolgreich eingesetzt.

Im Süden von Stockholm liegt Hammarby Sjöstad, ein weiteres Beispiel für nachhaltige Stadtentwicklung. Die Idee entstand bereits in den 1990er Jahren und wurde 2002 ebenfalls auf einem alten Industriegelände erbaut. Technologien zur Selbstgewinnung von Energie aus Abwasser und Haushaltsabfällen oder neu entwickelten Solarzellen und –module werden eingesetzt. Eine andere Neuerung ist die Verwendung der städtischen Kloake zur Produktion von Biogas. 

Energieeffizientes Bauen: Ein wachsender Markt

Nachhaltigkeit ist auch in der Stadtverwaltung von Malmö nicht nur ein Gedanke am Rande, sondern der Leitfaden. In der Stadt am Öresund wurde im Västra Hamnen, einer alten Hafen- und Industrieanlage, eines der ersten ökologischen Baukonzepte weltweit realisiert. Planung und Bau wurden nach einem ökologischen Ansatz geführt, zum Beispiel bei Materialwahl, Energieverbrauch, Infrastruktur und Transport. Weitere nachhaltige Bauprojekte sind geplant und umweltfreundliche Strategien werden auch in anderen Teilen der Stadt umgesetzt. Möglich ist dies durch eine klare, ganzheitliche Stadtplanung.

Die umweltfreundlichen Wohnkonzepte in Städten wie Malmö und Stockholm sollen zeigen, dass die erforderlichen Technologien da sind und nur entsprechend genutzt werden müssen. Seither haben sich einige Clean-Tech-Unternehmen in Stockholm angesiedelt, die auch international tätig sind. Auch Architekten und Ingenieure aus aller Welt bereisen die Hauptstadt, um sich von neuen Möglichkeiten des ökologischen Bauens inspirieren zu lassen. Da solche Bauprojekte in Deutschland selten sind und in naher Zukunft kaum geplant, sind die schwedischen Städte mit nachhaltigen Baukonzepten als Anschauungsmodelle für Leute aus der Branche sehr interessant.  

Der nachhaltige Geist und das Bewusstsein für einen fairen Umgang spiegelt sich in den gesamten Städten wieder. Wer also zum Studieren oder Arbeiten nach Schweden kommt, kann auch seine Freizeit grüner gestaltet und sich über Urban Farming, Fair-Trade-Geschäfte, sehr gute Fahrradwege, Car-Sharing und weitläufige Grünflächen freuen. Wie leicht sich die Natur in die Großstadt holen lässt, zeigt Stockholm mit dem weltweit ersten städtischen Nationalpark. Der Königliche Nationalstadtpark (schw.: Kungliga nationalstadsparken) wurde 1994 errichtet und erstreckt sich über 27 km². Als Erholungsgebiet zeichnet er sich durch viele Gärten, Parks, Seen und den größten Bestand mächtiger, alter Eichen in Europa aus. Und mitten in dem Nationalpark befinden sich auch Wohnsiedlungen, Industriebetriebe, Bürokomplexe und die Universität Stockholm.

Mehr über Schweden, seinen Umgang mit der Umwelt und Entwicklungen auf Sweden Sverige.

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