Employer Branding und Nachhaltigkeit: Nur wer sich zukunftsfähig ausrichtet, gewinnt die besten Talente

Nachhaltigkeit in der Politik und Wirtschaft wird für viele immer wichtiger. Vor allem junge Menschen fordern mehr Klimaschutz und wünschen sich einen Arbeitgeber, der ihre Werte teilt. Dabei sind Rentabilität und eine ökologisch-soziale Ausrichtung längst keine Gegensätze mehr, denn die besten Talente können Unternehmen nur für sich gewinnen (und halten), wenn sie mehr bieten als den fast schon obligatorischen Obstkorb im Pausenraum - und dies auch erfolgreich nach außen kommunizieren. Wir zeigen mögliche Strategien für ein zukunftsfähiges Employer Branding.
Foto ©: Charles Etoroma on unsplash.com
von Robert Franzen, 21. August 2020 um 08:39

Klimaschutz ist wichtiger Bestandteil unserer Debattenkultur geworden, was sich auch in den Vorstellungen bzw. Ansprüchen der jungen Generationen von Arbeitenehmer*innen gegenüber den Arbeitgebern widerspiegelt. Ein »Job mit Sinn« oder eine Firma, die ähnliche Werte teilt, sind in den letzten Jahren für die sogenannte »Generation Y« zu einem immer wichtigeren Punkt bei der Berufsorientierung bzw. bei der Jobsuche geworden. Für die nach 2000 Geborenen, also die »Generation Z«, welche die aktuelle Fridays-For-Future-Bewegung anführt, dürfte dieser Aspekt sogar noch wichtiger werden.

Schon eine Greenpeace-Studie aus dem Jahre 2012 zeigt, dass sich viele 15 - 24-Jährige über den Umweltschutz Gedanken machen und sich viele sogar aktiv daran beteiligen. Spätestens seit Greta Thunberg und den Fridays-For-Future-Demonstrationen ist dieser Trend deutlich geworden. Diesen Wunsch nach Veränderung kriegen daher auch immer mehr Unternehmen zu spüren. Gerade mittelständische Unternehmen, die im ständigen Kampf mit großen mächtigen Konzernen um Angestellte kämpfen müssen, stehen in Zeiten von Fachkräftemangel und dem sogenannten »war for talents« vor der großen Herausforderung, aus der Masse hervorzustechen und die jungen Talente für sich zu gewinnen. Hier bietet sich dank Employer Branding eine Chance, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Doch erst einmal der Reihe nach.


Ziele des Employer Brandings 


Employer Branding (im dt. auch »Arbeitgebermarkenbildung« genannt) bezeichnet im Endeffekt nicht anderes, als eine unternehmensstrategische Maßnahme, die zur Bildung eines positiven Arbeitgeber-Images dient. Dabei werden hauptsächlich Strategien aus dem Marketing verwendet, welche die Positionierung der Arbeitgebermarke gegenüber den Wettbewerbern stärken. Das Ziel ist also, einen Arbeitgeber von der Konkurrenz abzuheben und sich so attraktiver für die Arbeitnehmer*innen zu machen. Gängige Maßnahmen sind zum Beispiel das Hervorheben bestimmter Unternehmenswerte, aber auch das Anbieten flexibler Arbeitszeitmodelle, die Option auf Home Office, eine »Flatrate« auf gesundes Obst und Getränke, flache Hierarchien sowie vielleicht auch Dienstwagen oder Dienstfahrräder. 

Durch das steigende Bewusstsein der Arbeitnehmer*innen bezüglich Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit sollten Unternehmen allerdings auch über die oben genannten, mehr oder weniger »grundlegenden« Angebote hinausgehen, denn diese sind mittlerweile (fast) überall zu finden und werden kaum noch als »Bonus« oder »Extra« wahrgenommen. Es gilt also vielmehr, einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten, der allerdings nicht nur für das Unternehmen selbst, sondern im Idealfall auch für die Umwelt und/oder die Gesellschaft als Ganzes einen positiven Effekt hat. 

Wer also als Unternehmen einen Mehrwert für zukünftige Mitarbeitende schaffen möchte und darüber hinaus auch ein nachhaltigeres Geschäftsmodell anstrebt, dem können die Folgenden Employer Branding-Strategien mit Sicherheit helfen:


Foto©: Patrick Perkins on unsplash.com



Employer Branding-Strategien

Schritt 1 - Analyse

Die Analyse des eigenen Unternehmens ist einer der wichtigsten Punkte überhaupt, denn nur so können eventuelle Schwachpunkte, Verbesserungsmöglichkeiten und Stärken herausgearbeitet werden. Vor allem Aspekte, die einen von anderen Unternehmen in der gleichen Branche unterscheiden, sollten besonders unter die Lupe genommen und zusammengetragen werden. Hier spielen auch die Mitarbeitenden eine große Rolle, denn deren Feedback ist meist Gold wert, da sie den täglichen Betriebsablauf selbst miterleben und so wertvolle Eindrücke aus den verschiedenen Tätigkeitsbereiche eines Unternehmens (Produktion, Vertrieb, Marketing etc.) liefern. Wichtig ist vor allem auf das Betriebsklima, Weiterbildungsmöglichkeiten, Work-Life-Balance und die allgemeine Jobzufriedenheit einzugehen. Auch was den Befragten am meisten am Unternehmen gefällt oder wo sie eventuell noch Nachholbedarf sehen (zum Beispiel beim Thema Nachhaltigkeit), können wichtige Informationen für das Employer Branding sein. 

Wichtig ist aber, dass sich die Mitarbeitenden frei äußern dürfen und keine Konsequenzen zu befürchten haben, falls sie einige negative Aspekte aufzählen. Letztendlich sollten diese Belange sogar sehr ernst genommen werden, denn sie haben einen wichtigen Einfluss auf das Wohlergehen und damit auch auf die Arbeit der Mitarbeitenden (und damit auch auf das Employer Branding). Deshalb kann es sinnvoll sein, die Befragungen anonym und randomisiert, also mit zufällig ausgewählten Personen, durchzuführen, damit diese Hemmschwelle erst gar nicht entsteht. Zudem können in die Analyse auch die Meinungen von Bewerber*innen mit aufgenommen werden. Auch diese bieten einen interessanten Einblick, wie das Unternehmen von außen wahrgenommen wird, denn diese sind letztendlich auch diejenigen, bei denen du einen guten Eindruck machen möchtest. 


Schritt 2 - Zielgruppenanalyse

Dies führt auch direkt zum zweiten Schritt: Die Zielgruppenanalyse. Hier sollte definiert werden, wer gezielt mit den neuen Employer Branding-Maßnahmen erreicht werden soll. Berufsanfänger*innen, Quereinsteiger*innen oder Jobwechsler*innen haben alle unterschiedliche Ansprüche und Wünsche und entsprechend sollte eine neue Strategie auch auf diese unterschiedlichen Zielgruppen abgestimmt werden bzw. alle Zielgruppen berücksichtigen. Während Absolvent*innen sich vermutlich erst einmal ihren beruflichen Fähigkeiten und ihrem Karriereaufbau widmen möchten, sind Jobwechsler*innen mit mehreren jahren Berufserfahrung und Familie vermutlich eher auf eine gute Work-Life-Balance und Absicherung im Alter aus. 


Schritt 3 - Wettbewerbsanalyse

Ein ebenfalls wichtiger Schritt bei der Ausarbeitung einer Employer Branding-Strategie ist die Wettbewerbsanalyse. Hier nimmt man die Konkurrenz unter die Lupe und schaut, welche Strategien sie verfolgen und was man daraus lernen kann. Hier geht es aber nicht darum, andere zu kopieren, sondern die eigenen Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten und hervorzuheben - und gegebenenfalls von den Fehlern der anderen zu lernen. Den Mut zu haben, Dinge anders zu machen, ist ein wichtiger Bestandteil eines innovativen Employer Brandings und kann dich ganz weit nach vorne bringen. 


Schritt 4 - Kernbotschaften herausarbeiten und im Personalmarketing umsetzen

Hast du die verschiedenen Analysen zusammengetragen und ausgewertet, geht es auch schon damit weiter, die Kernbotschaften herauszuarbeiten, die du in deinem Employer Brand hervorheben möchtest. Hast du zum Beispiel herausgefunden, dass sich die Mitarbeitenden eine höhere Work-Life-Balance und mehr Entfaltungsmöglichkeit wünschen und auch die ein oder andere Nachhaltigkeitsidee hatten, sollte dies auf jeden Fall auch in die Strategie mit aufgenommen werden. Je kreativer du und die Mitarbeitenden damit seid, desto höher wird auch die Attraktivität des Unternehmens. Das Wichtige ist aber, dass diese Aspekte auch wirklich im Unternehmen umgesetzt und täglich gelebt werden!

Wie in Punkt 2 bereits angesprochen, sollte bei der Umsetzung allerdings immer darauf geachtet werden, dass verschiedene Maßnahmen getroffen werden, um alle unterschiedlichen Karrierelevel anzusprechen. Gibt es z.B. die Möglichkeit, unterschiedliche Arbeitszeitmodelle zu wählen (50%-Stelle, 60 %-Stelle o.ä) oder hat gar die ganze Firma nur eine 4-Tage-Woche, kann man zwischen einer betrieblichen Altersvorsorge oder Anteilen an der Firma wählen oder durchlaufen alle neuen Mitarbeitenden ein Mentor*innenprogramm o.Ä., werden alle Gruppen gleichzeitig angesprochen und so die Firma für eine größere Anzahl an Jobsuchenden interessant. Sowieso erhöhen solche Maßnahmen auch die Chance, dass Talente im Unternehmen bleiben und sich nicht nach zwei bis drei Jahren nach einer neuen Stelle umschauen, weil sie woanders bessere Perspektiven für sich sehen. 

Natürlich sollten auch besonders Aspekte wie Nachhaltigkeit und soziales Engagement berücksichtigt und dafür Strategien entwickelt werden. Dies ist vor allem für das Thema »Alleinstellungsmerkmal« relevant. Wenn das Unternehmen Menschen mit Behinderungen inkludiert, auf Ökostrom läuft und/oder sich die Mitarbeitenden regelmäßig an sozialen Projekten beteiligen können, steigert das nicht nur das Ansehen in der Gesellschaft und bei möglichen Arbeitnehmer*innen, sondern gibt auch gleichzeitig etwas an die Gesellschaft zurück und erhöht zudem die Zufriedenheit der Belegschaft. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten also. Wichtig ist allerdings, dass es sich bei diesem Image nicht nur um eine leere Hülle handelt, sondern auch in der Praxis hält, was es verspricht. Dies bedeutet, dass ein Unternehmen auch wirklich hinter allen Angeboten steht und diese auch lebt, gerade auch in der Führungsetage. 

 

Employer Branding ist eng mit HR und CSR verknüpft


Damit dies auch der Fall ist, kann es von Vorteil sein, sich intensiv mit dem CSR-Management zu beschäftigen oder eventuell sogar eine*n CSR-Manager*in einzustellen, der*die sich um diese Belange kümmert. So kann sichergestellt werden, dass die Maßnahmen aus dem Employer-Branding auch wirklich umgesetzt werden und nicht nur leere Floskeln bleiben. Zudem könnten auch die Mitarbeitenden für das Thema Social Intrapreneurship sensibilisiert werden und angehalten werden, mit Vorschlägen an die zuständige Person heranzutreten. Auch dies steigert die Profilierung des Unternehmens enorm und sorgt gleichzeitig für mehr Innovationsgeist und Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden. 

Foto©: bantersnaps on unsplash.com


Das CSR-Team sollte sich darüber hinaus auch immer mit dem HR-Team und der Marketing-Abteilung austauschen, denn hier gibt es viele Schnittstellen. Eine aufrichtig gemeinte und gut umgesetzte CSR-Strategie kann mitunter sogar mehr bewirken als jede (meist aufwendig und teuer erstellte) PR-Kampagne. Gerade soziales Engagement, das Einhalten von Fairtrade-Standards oder die Vermeidung von umweltbelastenden und ausbeuterischen Produktionsketten sind wichtige Aspekte einer nachhaltigeren Wirtschaft, die man auch in seine Geschäftsprozesse integrieren kann und dadurch auch positiv auf einen zurückfallen. Denn Employer Branding richtet sich nicht nur nach Außen, sondern auch nach Innen. Eine gelebte Unternehmenskultur hilft den aktuellen Mitarbeitenden dabei, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren und gerne dort zu arbeiten - und so werden diese auch zu Markenbotschafter*innen, die gerne von ihrem Arbeitgeber berichten und stolz darauf sind, etwas sinnstiftendes in ihrem Arbeitsalltag zu leisten. Und wie der amerikanische Geschäftsmann Thomas J. Watson schon wusste: »You can get capital and erect buildings, but it takes people to build a business«. 

Fazit - Employer Branding als Chance für eine zukunftsfähige Wirtschaft


Employer Branding sollte daher also wirklich als Chance gesehen werden, sich neu zu ordnen und sein Unternehmenskonzept zu überarbeiten. Dies ist dann nicht nur für die Umwelt und die Menschen, sondern, wie wir gesehen haben, auch für die Firma als solches gut, da sie nicht nur für Jobsuchende attraktiver wird, sondern auch allgemein ein besseres Image bekommt. Diese Aspekte werden in Zukunft noch weitaus wichtiger werden, weshalb es sich schon heute lohnen kann, auf ein nachhaltiges Wirtschaften umzusatteln. Natürlich dürfen keine Wunder erwartet werden und eine Umstrukturierung dauert immer ihre Zeit, aber manchmal sind es auch schon die kleinen Dinge, die eine große Wirkung erzielen...


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