In Interviews mit euch liest man ja oft, dass ihr von Bewerbern überrannt werdet – interessieren sich wirklich so viele für soziale Jobs?
Carola von Peinen: Auf jeden Fall! Sehr viele Menschen zieht es in Jobs, die für sie sinnhaft sind. Sehr oft hören wir, dass unsere Bewerber mit ihren aktuellen Jobs in einem klassischen Wirtschaftsunternehmen nicht generell unzufrieden sind, denn dort haben sie oft gute Arbeitsbedingungen, ein tolles Gehalt und Entwicklungsmöglichkeiten. Aber dass oft „nur“ der Unternehmensprofit im Fokus steht, reicht vielen nicht mehr. Talente klagen oft darüber, dass sie gar nicht wissen, wo sie überhaupt so einen Job suchen sollen. Viele Unternehmen im sozialen und nachhaltigen Bereich rekrutieren immer noch stark über persönliche Netzwerke. Das bedeutet für sie weniger Aufwand und auch geringere Kosten als eine öffentliche Ausschreibung. Gleichzeitig bemerken die Unternehmen aber, dass sie so Potentiale verschenken und Stellen z.B. mit kaufmännischem Profil nicht zufriedenstellend besetzen können.
In den letzten Jahren sind deshalb immer mehr spezialisierte Jobbörsen aus dem Boden gewachsen – neben nachhaltigejobs.de zum Beispiel greenjobs.de, csr-jobs.de, epojobs.de und thechanger.org – die auch unter den Bewerbern immer bekannter werden. So wird es für kleine Unternehmen einfacher, eine gute Reichweite mit ihrer Ausschreibung zu erreichen und potentielle Bewerber gezielter anzusprechen als über die teuren großen Jobbörsen und Print-Anzeigen. Deshalb ist es auch für Bewerber sinnvoller, sich in spezialisierten Jobbörsen nach dem Job mit Sinn umzuschauen als z.B. in der Tageszeitung.
Worauf sollten Bewerber noch achten?
Von Peinen: Das Motivationsschreiben ist ein zentraler Bestandteil der Bewerbung. Es bietet die Chance, authentisch darzustellen, warum man eine Stelle antreten möchte und warum man der oder die Richtige dafür ist. Vor allem aber sollte man hier seine Motivation für die Stelle und die Vision des Unternehmens begründen. Das darf gerne auch etwas emotionaler oder persönlicher werden. Gerade Wechsler, die im CV nur schwierig ihren Bezug zur Stelle verdeutlichen können, sollten diese Möglichkeit unbedingt nutzen! 08/15-Schreiben sind also tabu.
Zudem sollte man im CV soziales Engagement deutlich machen und ausführlich beschreiben. Wenn man dann zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, lohnen sich ein paar Gedanken zum Dresscode. Eine Orientierung bieten z.B. die Mitarbeiterfotos auf der Homepage des Unternehmens. Im Gespräch sollte man neben Inhalten auch auf die Wortwahl achten: Oft wirken eine zu betriebswirtschaftliche Sprache, bestimmte Fachbegriffe oder Anglizismen abschreckend. Am besten achtet man darauf, welche Begriffe die Gesprächspartner selber verwenden – es kann aber auch sehr gut ankommen, offen danach zu fragen, denn das zeigt dem Gegenüber, dass man sich der Thematik bewusst ist.
Apropos Wechsler: Wie stehen die Chancen, nach einigen Jahren in der Wirtschaft in ein Sozialunternehmen, eine NGO oder eine Stiftung zu wechseln?
Von Peinen: Das ist sehr unterschiedlich. Einige Arbeitgeber befürchten sicherlich, dass sie vielleicht jemanden einstellen, der sie nicht versteht, für unprofessionell hält oder alles umkrempeln will, ohne zu wissen, warum man Dinge nun einmal so macht, wie man sie macht. Es ist wichtig, als Bewerber um diese Vorurteile zu wissen und sich entsprechend darauf einzulassen. Deshalb ist es gut, beim Vorstellungsgespräch bedacht aufzutreten, sich sehr genau vorzubereiten und Kritik am Unternehmen diplomatisch zu äußern. Es geht um einen respektvollen Umgang miteinander auf Augenhöhe. Idealerweise sammelt man schon in der Bewerbungsphase Erfahrungen im sozialen Bereich, z.B. über ein Ehrenamt oder indem man seine Fähigkeiten pro bono sozialen Projekten zur Verfügung stellt.
Mit welchen Qualifikationen können Wechsler punkten?
Von Peinen: Viele Unternehmen wollen sich wirtschaftlich und professionell aufstellen; gerade in kaufmännischen und Management-Positionen sind Wechsler darum durchaus begehrt. Ein Nachteil, den viele Wechsel allerdings oft haben, ist das nicht vorhandene Netzwerk im sozialen Bereich. Letztendlich überzeugt man den potentiellen Arbeitgeber aber mit der eigenen Persönlichkeit.
Teil 2 des Interviews: Der Ein- und Umstieg in den sozialen Bereich und Tipps für die Bewerbung