Am 12. November 2015 findet zum vierten Mal der "Green Day" statt, ein bundesweiter Berufsorientierungstag für Umweltberufe. Der "Green Day" soll Schülerinnen und Schülern der 8. bis 13. Klasse die Möglichkeit geben, "grüne" Berufe und Studiengänge kennenzulernen. Der Einblick in die Praxis soll bei der Berufs- und Studienwahl helfen.
Was sind "grüne" Jobs?
Zu den "grünen" Berufen zählen diejenigen, die direkt oder indirekt positive Auswirkungen auf den Umwelt- und Klimaschutz haben. Jobs sind "grün", wenn sie dazu beitragen, nachhaltige Unternehmen und eine nachhaltige Wirtschaft zu schaffen, so die Internationale Arbeitsorganisation (ILO). Beschäftigte in diesen Berufen helfen zum Beispiel, die Emission von Treibhausgasen sowie Abfälle und Umweltverschmutzung zu verringern.
Dazu gehören zunächst Berufe, deren Zusammenhang mit Umweltschutz offensichtlich ist. Die deutsche Arbeitsagentur nennt knapp 40 Berufe im Berufsfeld Umwelt- und Naturschutz, von Abfallberater/-in über Techniker/-in Umweltschutztechnik – zum Beispiel im Bereich erneuerbare Energien – bis hin zu Umweltschutzlaborant/-in.
Doch in der Praxis gehen die Möglichkeiten weit über die Umweltbranche hinaus, wenn die Wirkung des einzelnen Jobs als Maßstab angelegt wird. Damit können auch Berufe "grün" sein, die auf den ersten Blick keinen Bezug zu Umweltthemen haben. Zum Beispiel, wenn sich Mechatroniker/-innen mit Elektrofahrzeugen beschäftigen, wenn sich Maurer/-innen um die richtige Wärmedämmung kümmern oder Energie- und Gebäudetechniker/-innen Photovoltaikanlagen installieren. Auch nicht technische Berufe kommen demnach in Frage, zum Beispiel in Handels- oder Dienstleistungsunternehmen – je nachdem, wie "grün" die angebotenen Produkte und Dienstleistungen sind.
In welchen Branchen gibt es "grüne" Jobs?
Als "grün" können Jobs in Unternehmen der sogenannten Umweltwirtschaft angesehen werden. Darunter fallen Unternehmen, die Umweltschutzgüter und -dienstleistungen anbieten. Die Bandbreite reicht von Abfallwirtschaft und Recycling über Gewässerschutz und Abwasserbehandlung, Luftreinhaltung, Lärmminderung, erneuerbare Energien, umweltfreundliche Produkte, rationelle Energienutzung, Klimaschutz bis hin zu Mess-, Steuer- und Regeltechnik.
Nimmt man die Wirkung einzelner Jobs als Maßstab wie in der Definition der ILO, sind "grüne" Jobs aber auch außerhalb der Umweltbranche zu finden: überall dort, wo sich Menschen beruflich für den Wandel hin zur einer nachhaltigen Wirtschaftsweise engagieren.
Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung hat sich seit den 1990er-Jahren in der Politik und zunehmend auch in der Wirtschaft durchgesetzt. Hintergrund ist die Einsicht, dass es Grenzen für die Tragfähigkeit des Planeten gibt. Bestimmte ökologische Grenzen müssen eingehalten werden, damit alle Menschen einschließlich der nachfolgenden Generationen die Chance haben, ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Nachhaltig ist eine Entwicklung, die dauerhaft ökonomisch, ökologisch und sozial tragfähig ist. Eine Wirtschaft, welche dies erfüllt, wird oft als "Green Economy" bezeichnet.
Handlungsfelder beim Wandel zur "Green Economy"
Um eine nachhaltige Wirtschaftsweise zu erreichen, ist ein umfassender Wandel über alle Branchen hinweg nötig: eine ökologische Modernisierung von Produktion und Dienstleistungen. Der Wandel betrifft unter anderem die Handlungsfelder Energieversorgung, Ressourcennutzung (Rohstoffe, Wasser und Land), Mobilität und Infrastruktur und Konsum.
Fachleute gehen davon aus, dass Umwelt- und Effizienztechniken eine Schlüsselrolle für die Wirtschaft insgesamt spielen werden – gerade auch für klassische Wirtschaftsbereiche wie Autoindustrie oder Maschinenbau. Es wird zudem damit gerechnet, dass sich der Arbeitsmarkt in diesen Bereichen positiv entwickelt (siehe Hintergrundtext "Jobmotor Greentech").
Wie "grün" ist ein bestimmter Job?
Es gibt keine allgemeingültigen Qualitätskriterien für die Bewertung, in welchem Maße eine konkrete Berufstätigkeit "grün" ist. Auch für Unternehmen gibt es keinen allgemeingültigen Maßstab.
Jedoch existiert bereits eine Reihe von sogenannten Umweltmanagementsystemen. Das sind Standards, die darauf zielen, Umwelt- beziehungsweise Nachhaltigkeitsprinzipien systematisch im Unternehmen zu berücksichtigen. Die bekanntesten Umweltmanagementsysteme sind die Norm ISO 14001 und das europäische EMAS, das bereits seit den 1990er-Jahren existiert.
EMAS zum Beispiel sieht vor, dass Unternehmen systematisch erfassen, welche Wirkungen ihre Tätigkeiten beziehungsweise Produkte auf die Umwelt haben. Diese Wirkungen sollen dann kontinuierlich verbessert werden. Ob das Unternehmen die Vorgaben tatsächlich einhält, wird von unabhängigen Gutachterinnen und Gutachtern geprüft.
Zudem gibt es in vielen Unternehmen eine Selbstverpflichtung zu einer verantwortlichen Unternehmensführung. Sehr oft wird dafür der englischsprachige Ausdruck Corporate Social Responsibility (CSR) verwendet. CSR ist kein standardisierter Begriff. Wie Unternehmen ihre Verantwortung verstehen und sie konkret umsetzen, ist ihnen selbst überlassen. In der Regel veröffentlichen vor allem große Unternehmen umfangreiche Informationen zu ihren Aktivitäten im Rahmen der CSR.
Einen sogenannten Nachhaltigkeitskodex für Unternehmen hat der deutsche Rat für nachhaltige Entwicklung ausgearbeitet. Er soll dazu dienen, die Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen vergleichbar zu machen. Eine Reihe von großen deutschen Unternehmen wendet den Kodex freiwillig an. Zu den 20 Kriterien des Kodex gehört zum Beispiel, dass das Unternehmen analysiert, welche Chancen und Risiken seine Aktivitäten im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung mit sich bringen. Zudem muss es beschreiben, welche Umweltfolgen die Geschäftstätigkeit hat und wie es sicherstellt, dass Arbeitnehmerrechte berücksichtigt werden.
Über die genannten Standards hinaus gibt es eine große Vielzahl von Siegeln, Verbänden und anderen Kennzeichnungen für Unternehmen, die für bestimmte Merkmale in Bezug auf Umweltschutz oder Nachhaltigkeit stehen. Oft sind diese branchenspezifisch. In der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion gibt es zum Beispiel ökologische Anbauverbände wie demeter oder Bioland. Es gibt auch branchenübergreifende Verbände von Unternehmen, zum Beispiel "dasselbe in grün", der sich als Verband nachhaltiger Unternehmen bezeichnet. Ein weiterer Verband ist "UnternehmensGrün", der Bundesverband der grünen Wirtschaft. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Architekturbüros, IT-Dienstleister, Anwaltskanzleien, Finanzberatungen, Hotels und Restaurants.
Was bedeutet der Wandel für die Arbeitswelt?
"Grüne" Jobs sind ebenso vielfältig wie "normale" Jobs und in allen Berufsfeldern und Branchen zu finden. Vielen "grünen" Jobs ist gemeinsam, dass es um Wandel geht. Zum Teil sind sie gleichzeitig selbst vom Wandel betroffen. Denn Wandel der Wirtschaft hin zu einer "Green Economy" ist von Innovationen gekennzeichnet. Zwar sind die Ziele bekannt – zum Beispiel, dass die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen. Doch es sind noch nicht in allen Bereichen Lösungen verfügbar.
Neben technischem Fortschritt sind auch organisatorische und soziale Innovationen gefordert. Beim technischen Wandel geht es oft um Energie. Zum Beispiel müssen intelligente Stromnetze und Energiespeicher entwickelt werden, um den Umstieg auf erneuerbare Energien zu ermöglichen. Ein Handlungsfeld für sozialen und organisatorischen Wandel sind Städte: Hier sind zum Beispiel neue Konzepte gefragt, um in Zukunft Verkehrsströme klimaverträglich zu organisieren oder die Einwohnerinnen und Einwohner verstärkt mit regionalen Lebensmitteln zu versorgen.
Das bedeutet, dass sich auch die Strukturen des Arbeitsmarktes verändern. Neue Berufsbilder entstehen, einige verändern sich, andere verschwinden; manche Branchen wachsen, andere schrumpfen.
Was sind die wichtigsten Wege in "nachhaltige Jobs"?
Es gibt vielfältige Zugänge zu einer "grünen" Berufstätigkeit. Bereits unter den rund vierzig Berufen, welche die Bundesagentur für Arbeit im Berufsfeld Umwelt- und Naturschutz aufführt, finden sich sowohl Ausbildungsberufe als auch Berufe, die ein Studium erfordern. Zudem gibt es eine Reihe von Weiterbildungen.
Auch außerhalb dieses klassischen Berufsfelds gibt es vielfältige Jobs mit einem "grünen" Schwerpunkt. Da es keine allgemeinen anerkannten Maßstäbe dafür gibt, wie "grün" eine bestimmte berufliche Tätigkeit ist, sind Jobsuchende auf eine eigene Einschätzung im konkreten Einzelfall angewiesen.
Hinweise können zum Beispiel die Tätigkeitsschwerpunkte der Unternehmen bieten. Einen Überblick über Umwelttechnik-Unternehmen bietet zum Beispiel das Internetportal "Greentech made in Germany". Viele Firmen engagieren sich unabhängig vom Geschäftsfeld für mehr Umweltschutz oder verfolgen eine Nachhaltigkeitsstrategie. Erkennbar ist dies oft an einer freiwilligen Zertifizierung wie EMAS oder daran, dass das Unternehmen öffentlich dokumentiert, wie es seine Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft wahrnimmt (CSR).
Auch einzelne spezielle Online-Jobbörsen sind verfügbar, zum Beispiel greenjobs.de und nachhaltigejobs.de.
Weiterführende Links
Bundesumweltministerium: Green Management
Umweltbundesamt: Die Umweltwirtschaft in Deutschland
Unternehmensportal des Bundeswirtschaftsministeriums: Verantwortung und Nachhaltigkeit
Lizenz: "Grüne Jobs" und der Wandel zur nachhaltigen Wirtschaftsweise von umwelt-im-unterricht.de mit der Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.