Du informierst als Journalistin und Content Creatorin über gleich mehrere digitale Kanäle (Online-Magazin »EKOLOGISKA MAG«, Podcast »Fairquatscht« und Instagram-Kanal »mysustainableme«) über Herausforderungen und Lösungen der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit. Wie würdest du hier deine »Mission« beschreiben? Was möchtest du deinen Follower:innen vermitteln?
Marisa Becker: Ich bin fest davon überzeugt, dass Wissen Macht bedeutet. Deshalb versuche ich auf allen Kanälen, Wissen rund um Nachhaltigkeit und Klimakrise in kleineren und größeren Häppchen aufzubereiten. Mir ist es ein Anliegen, dass die Bewältigung der Klimakrise nicht daran scheitert, dass wir es nicht besser wussten. Leider machen Lobbyarbeit und zum Teil auch gezielte Verbrauchendentäuschung es mitunter schwer zu entlarven, was wirklich die beste Alternative ist. Hier will ich meine Follower:innen dabei unterstützen, durchzublicken.
Ich kann mir vorstellen, dass es gar nicht mal so einfach ist, einen Blog oder Podcastchannel von Null an aufzubauen. Was war die größte Herausforderung? Und welche Tipps hast du für angehende Content Creator:innen? Wo fange ich überhaupt an?
Marisa: Ich persönlich bin ja nie mit der Intention »Ich will das beruflich machen« da rangegangen, sondern das ist das, wohin es sich über die Jahre entwickelt hat. Ich arbeite ja immerhin schon seit mehr als fünf Jahren an meinem Instagram-Kanal. Am Anfang war das vor allem eine große Spielwiese für mich, auf der ich mich ausprobieren konnte. Ähnlich war es beim Podcast: Ich wollte einfach mehr Interview-Erfahrung sammeln, mich ausprobieren. Dass ich das jetzt seit knapp vier Jahren mache, habe ich damals so nicht geahnt. Deshalb wäre mein Tipp: Macht es so, dass es euch wirklich Freude bereitet! Es bringt nichts, wenn man sich zu jedem Post quälen muss – es sollte schon Spaß machen. Ich glaube, die Menschen merken auch, ob man mit Herzblut dabei ist oder nicht.
Auf welche Projekte oder Veröffentlichungen bist du besonders stolz und warum?
Marisa: Besonders stolz bin ich auf das Buch, das ich gemeinsam mit meinem Vater geschrieben habe. Nicht, weil es mein Lieblingsthema behandelt, sondern weil ich so eng mit meinem Vater zusammengearbeitet habe und das eine wirklich schöne Erfahrung war, die jetzt vor dem Hintergrund seines Todes noch einmal stark an Bedeutung für mich gewonnen hat. Ansonsten arbeite ich gerade an einem zweiten Buch, das sich an Jugendliche richten und zu dem es sogar Unterrichtsmaterialien geben wird. Die Vorstellung, dass mit meinem Buch in Schulen gearbeitet wird, ist schon ziemlich cool. Damit werde ich meiner Mission, Wissen zu vermitteln und zum Handeln zu befähigen, mehr als gerecht!
Du suchst nach einem Job mit Sinn?
Du suchst nach einem Job mit Sinn?
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Marisa: Der startet meist um 8 Uhr morgens und es werden erst einmal meine Mails und Termine gecheckt. Dazu gibt’s einen Obstteller und eine Tasse Kaffee. Im Anschluss werden die To-Dos des Tages erledigt, das kann Content Creation, Recherche, ein Telefonat oder auch ein Interviewtermin sein.
Für meine Arbeit als freie Journalistin fahre ich aber auch mal raus und besuche Menschen, fotografiere sie. Es kommt immer stark darauf an, was konkret gerade ansteht. Aber: Es ist trotz Schreibtisch-Job sehr abwechslungsreich, was ich liebe. Um 13 Uhr mache ich in der Regel Feierabend und hole meine Tochter ab.
Welche Aufgaben/Tätigkeiten als Content Creatorin machen dir besonders Spaß und welche kosten dich eher Überwindung?
Marisa: Ich liebe es, Themen zu recherchieren und mir zu überlegen, wie ich diese am besten aufarbeite, so dass jede:r etwas daraus mitnehmen kann. Spaßig ist es auch, neue Produkte zu testen und sich ein Urteil zu bilden. Ebenso mag ich es, den Kontakt zu vielen Menschen zu pflegen. Ich bekomme natürlich auch mal unangenehme Nachrichten, die es dann zu beantworten gilt. Das mache ich naturgemäß etwas weniger gern. Und zum Thema Steuern: Hallelujah, ich bin froh, dass jeder Brief vom Finanzamt erst einmal bei meiner »Steuerdame« landet, die mich vorwarnt, falls etwas Doofes dabei ist. Auch der ganze »Versicherungs-Kram« ist für mich irgendwie unangenehm, muss aber sein.
Klischee »selbst und ständig«: Stimmt das?
Marisa: Bevor ich Mutter wurde: Auf jeden Fall! Seit meine Tochter auf der Welt ist, arbeite ich aber nach Plan (Ausnahmen gibt’s natürlich!) und versuche auch, mich daran zu halten. Trotzdem scrolle auch ich am Abend im Bett durch Instagram und beantworte noch Nachrichten oder so. Aber ich denke mir: Das machen alle, für mich ist es eben ein Job – so what? Insofern würde ich sagen, dass ich gelernt habe, hier eine klarere Grenze zu ziehen. Persönlich mag ich ja mehr das »Selbstständig = Ständig ich selbst«-Klischee. Denn das bin ich bei der Arbeit wirklich, ich muss mich nicht verbiegen.
Welche Fähigkeiten und Kenntnisse halten Sie für besonders wichtig für eine Karriere in der Medienbranche? Hast du selbst eine »klassische« journalistische Ausbildung absolviert oder bist du Quereinsteigerin? Welche Chancen bestehen deiner Erfahrung nach generell für Quereinsteiger:innen in dieser Branche?
Marisa: Ich habe Kommunikations- und Medienwissenschaften studiert, sowohl im Bachelor als auch im Master an der Uni Leipzig. Währenddessen habe ich immer nebenher journalistisch gearbeitet, erst beim Lokalradio der Universität, mephisto 97.6, später dann beim kreuzer, dem ahoi Magazin, detektor.fm und beim Deutschlandfunk. Ein Volontariat habe ich aber nicht absolviert, auch weil ich nach meinem Master und mit Baby erst einmal Geld verdienen wollte, zumal ich es dann nicht mehr geschafft hätte, meine eigenen Kanäle weiter zu bespielen.
Ich bin also so gesehen Quereinsteigerin und glaube, dass man heute bessere Chancen denn je hat, denn Medienhäuser freuen sich sehr über Leute, die schon eine eigene Reichweite mitbringen. Viele Formate sind ja auf diese Weise zum Beispiel zu funk gekommen.
Du bist derzeit eines der Gesichter einer Kampagne des BMBF zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Magst du uns kurz etwas über die Kampagne erzählen und wie deine Rolle als Botschafterin dort aussieht?
Marisa: Es geht darum, Menschen durch Bildung dazu zu befähigen, nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Unter anderem weil sie verstehen, wie stark die globalen Zusammenhänge sind und dass unser Handeln sich auch am anderen Ende der Welt auswirkt. Diese Botschaft von BNE ist genau das, was meine Arbeit auszeichnet. Im Kern geht es mir ja genau darum: Menschen dazu zu befähigen, eine nachhaltige Wahl zu treffen, kritisch zu sein, Zusammenhänge zu sehen. Insofern habe ich mich sehr über die Anfrage gefreut, bei dieser Kampagne dabei zu sein und kann mich mit der Botschaft sehr gut identifizieren.
Wie empfindest du es, durch deine öffentliche Sichtbarkeit ein Stück weit eine Vorbildrolle inne zu haben?
Marisa: Das ist eine riesige Ehre! Ich freue mich immer total, wenn Menschen mir schreiben, dass sie aufgrund von Post XYZ dies und das umgestellt haben. Das ist das größte Kompliment an meine Arbeit, das ich kriegen kann. Mir ist aber auch wichtig klarzumachen, dass jede:r Vorbild ist – egal, wie viele Follower:innen er oder sie hat. Besonders die eigene Peergroup, also die Menschen, mit denen man sich umgibt, kann man selbst sehr stark beeinflussen. Dieses Potenzial sollten wir nutzen!
Wie gehst du mit den negativen Seiten von Social Media um? Spielen »Hate Speech« und ähnliche unschöne Phänomene in deinem Alltag als Influencerin eine Rolle?
Marisa: Ich habe bisher das Glück gehabt, weitestgehend davon verschont geblieben zu sein. Aber ich bekomme natürlich auch mal Nachrichten, die so gar nicht schön sind. Mir hilft es, viel darüber zu reden und mir klarzumachen, dass die Menschen, die Hassnachrichten schreiben, das Problem haben. Und nicht ich. Aber das ist natürlich auch nicht immer einfach.
Du beschreibst deine Arbeit als Journalistin als »konstruktiv«. Was bedeutet das konkret für dich und warum ist eine konstruktive Perspektive gerade in unserer heutigen Krisenzeit besonders wichtig? Und wie lässt sich das mit der dringlichen Tatsache vereinbaren, dass es für einen Wandel unserer Gesellschaft quasi »fünf nach 12« ist?
Marisa: Mir ist es bei all meinen Beiträgen wichtig, Handlungsoptionen aufzuzeigen. Ich möchte nicht, dass jemand meine Beiträge liest und dann in eine Klima-Angst verfällt, die ihn oder sie lähmt. Außerdem finde ich es schwierig, nur anzuklagen, was schlecht läuft, ohne konkrete Gegenvorschläge zu präsentieren. Ich denke, dass eine »Hey, das läuft schlecht, aber wir haben hier Alternative XYZ-Haltung« deutlich mehr Mut und Handlungskraft zur Folge hat, als ein reines Schlechtreden der aktuellen Situation – auch wenn wir in vielen Bereichen große Probleme haben. Mir hilft dieser Optimismus, die Lust zur Veränderung nicht zu verlieren. Denn das ist das Schlimmste, was uns meiner Meinung nach passieren kann: dass wir aufgeben. Dass wir nicht mehr die Kraft mobilisieren können, um uns dieser Monster-Aufgabe Klimawandel zu stellen. Denn dann haben wir garantiert verloren.
Über Marisa Becker
Marisa Becker, 26, ist freie Journalistin und Content Creator für Social Media mit Fokus auf Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen. Sie ist Mitgründerin des Online-Magazins »EKOLOGISKA MAG«, betreibt den Podcast »Fairquatscht« und den Instagram-Kanal »mysustainableme«.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zeigt mit der aktuellen Kampagne zur Stärkung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) inspirierende Menschen, die sich für nachhaltige Ziele einsetzen – und die wiederum von ihren Vorbildern erzählen. Lass dich von persönlichen Geschichten auf bne-jetzt.de beflügeln – und fangen wir gemeinsam an, eine nachhaltige Zukunft zu gestalten!