Ihr versteht eure Challenge in gewisser Weise als einen ersten Schritt in einen klimaschonenden Lebensstil. Worum geht es geht es (allgemein) bei dieser 35-Tage-Challenge und wie seid ihr auf diese Idee gekommen?
Fabian: Im Allgemeinen geht es darum, dass wir den Leser*innen aufzeigen möchten, wie sie in 35 Tagen ihren Weg in ein umweltbewusstes Leben finden. Das Wort »Challenge« bedeutet natürlich, dass das Buch nicht nur gelesen werden soll, sondern jeder Tag zum Mitmachen gedacht ist. Ein wichtiger Punkt, denn viele wissen, was getan werden könnte, aber erst Handeln verändert etwas. So kann jede*r selbst erfahren, welche Dinge man in den Alltag integrieren kann und dass es manchmal ja viel einfacher ist als gedacht. Insgesamt gibt es 35 spannende Tages-Challenges und 5 herausfordernde Wochenchallenges, die auf die Leser*innen warten.
Benjamin: Die Idee zum Buch entstand während einer 90-Tage-Fitnesschallenge. Da die vorgeschlagene Diät zu diesem Programm nicht meinem Gusto entsprach, habe ich nach einer Alternative gesucht und da ich mich vorher schon fleischreduziert ernährt habe, habe ich mich mit veganer Sporternährung befasst. Letzteres steht ja unmittelbar in Verbindung mit Nachhaltigkeit und aus dieser Kombination ist die Idee zum Buch entstanden. Mit meinem Bruder, der schon seit Jahren für dieses Thema einsteht, habe ich natürlich auch gleich den perfekten Ansprechpartner gefunden.
Aber gleich vorne Weg: Wir verlangen im Buch von niemandem, Veganer*in zu werden. Das ist ja das Interessante an dem Konzept, das jede*r Leser*in einen Tag lang zumindest ausprobieren kann, ob eine vegetarische oder vegane Ernährung nicht doch einen Versuch wert sein könnte.
Manchmal sind es nur ein paar kleine Veränderungen, die eine große Wirkung haben. Was sind für euch die wichtigsten kleinen Veränderungen, die jede*r von uns ganz schnell übernehmen kann?
Benjamin: Für mich sind die einfachsten Themen Essen & Trinken. Den Wasserhaushalt mit Leitungswasser anstatt Sprudelwasser aus der Flasche auffüllen, bringt auf das Jahr gesehen einiges und der Weg zum Supermarkt und das Schleppen von Wasserkisten spart man sich auch noch. Wenn wir schon beim Sparen sind: günstiger ist es auch. Also ein Gewinn auf ganzer Linie. Zum Thema Essen: Wir haben uns in der westlichen Welt einen Essenstil angewöhnt, der nicht nur ungesund für unsere Umwelt ist, sondern auch für uns selbst. Es muss jetzt auch nicht gleich jede*r Veganer*in werden, aber den Konsum von tierischen Produkten zu reduzieren, ist gar nicht so schwer - und niemandem schadet es, die Currywurst mit Pommes regelmäßig gegen ein gesundes Gericht einzutauschen.
Warum ist das auch für die Umwelt wichtig? 15 % der CO2-Emissionen in Deutschland entfallen auf den Lebensmittelsektor, hauptsächlich verursacht durch die Tierhaltung. Weltweit ist die Zahl sogar noch höher, da in ärmeren Gegenden im Verhältnis weniger für Konsum und mehr für Ernährung ausgegeben wird. Des Weiteren ist der Ernährungsstil für viele weitere Nachteile verantwortlich: Regenwaldrodung, Plastikflut, Nitratbelastung des Grundwasser usw. Also ein riesiger Hebel, den jede*r so in der Hand hält. Eigenwohl sollte nicht über dem Gemeinwohl stehen. Mit einer pflanzenbasierte Ernährungsweise lässt sich beides ideal kombinieren!
Bringt die Challenge auch einen Mehrwert für Menschen, die sich bereits intensiv mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz auseinander gesetzt haben oder dient sie eher als Einstiegshilfe in das Thema?
Benjamin: Das Buch kann sowohl als Einstiegshilfe dienen als auch denjenigen einen Mehrwert bieten, die sich bereits eingehender mit dem Thema beschäftigt haben. Zum einen gibt es für jede Tagesaufgabe einen Anfänger*innen- und Expert*innen-Modus und zum anderen haben wir versucht, das Thema weiter zu denken und nicht einfach nur irgendwelche 35 Aufgaben zu stellen. Als Beispiel fallen mir da die »Next-Level-Aufgaben« der letzten Woche ein: Hier versuchen wir, mehr als nur den eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Wir haben aber auch versucht, andere Aspekte unterzubringen, die für jede*n Einzelne*n wichtig sind, wie Zeitmanagement, persönliche Ziele, Sport, Bildung etc. Unserer Meinung nach gehört zu einem wirklich nachhaltigen Leben auch dazu, nachhaltig mit sich selbst umzugehen. Hintergrund ist, dass man sonst zu schnell Opfer der täglichen Versuchungen wird, sei es beim morgendliche Coffee-to-go oder beim Online-Belohnungskauf nach einem anstrengenden Arbeitstag.
Fabian: Außerdem reden wir gerne von einer zukunftsfähigen Lebensweise. Um dem gerecht zu werden, sind zwangsläufig alle Aspekte des Lebens auf ökologische Weise umzustellen - auch solche Dinge, die aufs Erste nicht mit Ökologie zu tun haben. Daher sind auch für die langjährigen Umweltschützer*innen Aufgaben dabei, die sie noch nicht kennen. Mehr wird aber nicht verraten :)
Ihr schreibt auch, dass sich im Moment zwar einiges in Richtung Nachhaltigkeit auf politischer Ebene tut, allerdings nicht unbedingt dort, wo die größten Schäden entstehen. Welche Gründe hat das und was müsste sich eurer Meinung nach tun, damit sich dies ändert?
Benjamin: Auf unserem Blog stellen wir gerne sogenannte »Klimafaktenchecks« online. Dort versuchen wir, verschiede nachhaltige Themen von einer anderen Seite zu beleuchten. Warum erzähle ich das? Weil wir am Ende eigentlich immer auf das gleiche Ergebnis kommen: Effizienz kann die Welt nicht retten, Suffizienz aber schon. Wir als Gesellschaft versuchen, die Themen einfach immer zu linear zu denken. Das heißt, Elektroautos sollen die mit Verbrennungsmotor ersetzen, Kohle soll durch regenerative Energien ausgetauscht werden usw.
Fabian: Die beste Kilowattstunde ist aber immer noch die, die nicht gebraucht wird. Wir müssten die heutigen Denkweisen überdenken und uns bspw. fragen: Wie kann die Mobilität gestaltet werden und welche Konzepte wären möglich, so dass die Menschen gerne auf das Auto verzichten, weil sie umweltfreundlicher, günstiger und ohne Stress zur Arbeit kommen. Daher glauben wir, dass die Veränderungen nicht nur von der Politik angeregt werden dürfen, sondern auch jede*r Einzelne seinen*ihren Beitrag dazu zu leisten hat.
Eine (politische) Vorreiterrolle möchte momentan dennoch niemand so richtig einnehmen und die Kritik an Aktivist*innen wie Greta Thunberg oder der Fridays for Future-Bewegung zeigt, dass es auch massive Ablehnung gegen Klimaschutzmaßnahmen gibt. Was sind eure Gedanken dazu?
Benjamin: Wir sprechen in unserem Buch ja davon, dass jede*r zur*zum Klimaheld*in werden kann und je mehr wir sind, desto leichter kann der Bösewicht Klimawandel, um beim Beispiel Held*innen zu bleiben, besiegt werden. Damit wollen wir sagen, dass wir unseren persönlichen Teil nicht unterschätzen dürfen, den wir dazu beitragen können, um zu bestimmen, was letztendlich geschieht.
Du suchst nach einem Job mit Sinn?
Du suchst nach einem Job mit Sinn?
Fabian: Um das weiter auszuführen: Auch wenn ich am Anfang nur mich selbst ändere, habe ich dennoch einen bestimmten Wirkungskreis. Agiere ich für andere in meinem Umfeld als Vorbild, das wiederum andere überzeugt, kann auch eine Einzelperson einen Schneeballeffekt verursachen. Je mehr sich also schlussendlich dafür einsetzen, desto eher wird sich etwas ändern. Produzenten wollen ihre Güter an den Markt bringen, Politiker*innen möchten bei der nächsten Wahl wiedergewählt werden. Daher ist unsere Herangehensweise eine »Bottom-Up-Lösung«. Fridays-For-Future gehen ja den anderen Weg. Beide Lösungen sind aber nur ein Teil der Wahrheit. Zusammen aber könnte DIE Lösung erreicht werden. Wir brauchen attraktive Alternativlösungen gegenüber dem Bestehenden, aber auch die politischen Rahmenbedingungen.
Müsste man den Menschen noch viel deutlicher bewusst machen, wie viel CO2 sie täglich produzieren, z.B. über eine App oder direkten Anzeigen im Smartphone, damit sich dort etwas ändert? Oder wäre das eurer Meinung nach kontraproduktiv?
Fabian: Ein interessanter Punkt, der natürlich Spielraum für eigene Meinungen lässt. Grundsätzlich vergleiche ich dieses Thema mit Kalorienzählen. Es macht für die Verbraucher*innen durchaus Sinn, zu wissen, welches Produkt weniger CO2-Emissionen auf seinem Weg verursacht hat. Vor allem wäre es ein ganz gutes Marktinstrument, damit Produzenten ressourceneffizienter produzieren. Auf der anderen Seite könnte ich mir auch vorstellen, dass der Blick für das große Ganze verloren geht. Beim Kalorienzählen hilft es mir am Ende des Tages auch wenig, wenn ich zwar weniger Kalorien zu mir genommen habe, diese Kalorien aber nur aus Zucker bestanden haben. Viel wichtiger ist das Verständnis dafür zu schaffen, was umweltfreundlich ist und was nicht. Diäten haben ja oft wenig Erfolg und meist kommt das Gewicht wieder zurück. Daher empfehle ich eine langfristige Umstellung und da ist CO2-Emissionen zu zählen der falsche Weg, da es nur kurzfristigen Erfolg verspricht.
Warum hat die Challenge genau 35 Tage?
Fabian: Eigentlich ganz einfach. 35 Tage ist durch sieben teilbar. Ein wichtiger Punkt, da wir versucht haben, dass die Aufgaben in den Wochenrhythmus integriert werden können. So steht jede Woche für sich. Wir wollten niemanden dazu zwingen, an Tag X dieses zu machen und an Tag Y jenes, wenn etwas anderes in der Woche besser passen würde. Zudem sind fünf Wochen ausreichend Zeit, um alle Aspekte eines nachhaltigen Lebens, die unseren Alltag betreffen, anzusprechen. So einfach wärs :)
Einmal Hand auf’s Herz: Haltet ihr euch auch immer strikt an eure Vorgaben oder gibt es auch Situationen, wo dies nicht so gelingt? Oft scheitert der gute Wille ja auch schlichtweg an den Umständen...
Benjamin: Vorgaben, dass hört sich für mich etwas streng an. Wenn jemandem Vorschriften erteilt werden, wie er*sie Leben soll, dann neigt der Mensch doch eher dazu, auf stur zu schalten oder genau das Gegenteil zu tun. Ein Mensch, der nicht bereit ist, sich zu verändern, wird das auch nicht tun. Wie der Begriff »Challenge« ja beschreibt, geht es um Herausforderungen, also darum, seine eigenen »Komfortzone« zu verschieben. Und genau wie für jede*n andere*n auch, stellten und stellen die Challenges im Buch auch für uns jeden Tag eine Herausforderung dar. Natürlich wird man an dem einen oder anderen Punkt scheitern, dass muss aber nicht heißen, dass man deswegen aufgibt und die Ausnahme zur Regel werden lässt.
Fabian: Für uns ist es aber nur ehrlich, wenn wir das, was wir vorschlagen, auch selbst machen. Wir wollten kein Buch schreiben, dass am Ende keine*r im Ganzen nachmachen kann. Daher stammen die Challenges aus unserem Alltag. Oft wird eine ökologische Lebensweise mit Verzicht gleichgesetzt. Genau diesem Vorurteil wollen wir mit dem Buch begegnen und zeigen, dass das Leben trotz Klimaschutz attraktiv gestaltet werden kann.
Benjamin: Auch wenn Fabian da schon einiges weiter ist als ich. Man sieht auch, dass es nicht von heute auf morgen getan ist, neue Gewohnheiten in seinen Alltag zu integrieren. Aber deswegen gibt es im Buch auch immer einen Anfänger*innen- und Expert*innen-Modus, zwischen denen man nach Belieben wechseln kann. Man sollte aber nicht müde sein, sich ständig zu verbessern und sich weiterzuentwickeln.
Habt ihr eventuell auch ein paar Tipps für angehende Autor*innen, die ihr mit uns teilen könnt?
Benjamin: Lesen, anfangen und Mut. Sokrates soll sinngemäß einmal gesagt haben, dass man durch Lesen an das Wissen herankommt, für das ein anderer Jahre gearbeitet hat. Also mein erster Tipp ist: Lesen und Notizen machen. Unglaublich ist nämlich, wie schnell man wieder vergisst. Um mit Hemingway einen weiteren großen Denker zu zitieren: »The first draft of anything is shit.« Aber indem man anfängt, etwas zu Papier zu bringen, ist der erste Schritt getan und das Rad ins Rollen gebracht. Und am Ende muss man sich natürlich trauen, sein Manuskript an einen Verlag zu schicken, auch wenn man dabei vielleicht zurückgewiesen wird und das ist auch schon das schlimmste was passieren kann. Also, nur Mut.
Über die Autoren:
Benjamin Eckert, Jahrgang 1985, studierte Betriebswirtschaftslehre an der Steinbeis-Hochschule Berlin und ist heute Abteilungsleiter bei einem der weltweit führenden Logistikdienstleister. Der Wirtschaftswissenschaftler kam über die Umstellung auf eine umweltfreundliche Ernährungsweise zum aktiven Klimaschutz, ohne vorher viel über einen nachhaltigen Lebensstil nachgedacht zu haben. Aus seiner eigenen Erfahrung heraus ist er überzeugt, dass jede*r seinen Teil zum Kampf gegen die Klimakrise beitragen kann – auch ohne umfassendes Vorwissen.
Fabian Eckert, Jahrgang 1988, kämpft seit 2008 aktiv für den Klimaschutz. Sein Fokus liegt dabei auf nachhaltigen Energiekonzepten. Er studierte Regenerative Energien und Energieeffizienz an der OTH Regensburg. Als Experte für Energiespeicher arbeitete er sechs Jahre lang an der Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher. Heute arbeitet er als Gesellschafter bei Consolinno Energy an der Zukunft der Energie. Und weil Energie nicht alles ist, verzichtet Fabian Eckert gern aufs Auto und ernährt sich vegan.
Du möchtest mehr über das Buch erfahren? Hier geht es zur entsprechenden Seite beim oekom-Verlag.
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