Schon unsere Artbezeichnung impliziert, dass wir eine forschende Spezies sind: Homo sapiens - der verstehende bzw. kluge oder auch wissende Mensch. Um unsere Umwelt zu verstehen, müssen wir sie allerdings erst einmal beobachten und analysieren – und unsere Erkenntnisse weitergeben, denn nur so profitieren wir als Gesellschaft davon.
Damit möglichst viele Menschen über die Erkenntnisse wissenschaftlicher Forschung informiert werden und diese verstehen, bedarf es der richtigen Kommunikation. »Wissenschaftskommunikation« ist im Endeffekt genau das, wonach es sich anhört: Die Schnittstelle zwischen Wissenschaft auf der einen und der Öffentlichkeit auf der anderen Seite – aber auch innerhalb der wissenschaftlichen Community selbst kann der Wissenschaftskommunikation eine wichtige Rolle zukommen.
Innerhalb der Forschungsgemeinschaft wird in aller Regel über Publikationen in fachspezifischen Journals kommuniziert. Zu den bekanntesten Journals gehören z.B. Nature oder Science. Diese Veröffentlichungen sind für Menschen außerhalb dieses Fachgebiets in aller Regel jedoch kaum nachzuvollziehen – und oftmals aufgrund der Notwendigkeit, sehr teure Abonnements für den Zugriff auf Fachartikel abzuschließen, noch nicht einmal frei zugänglich. Nebenbei erwähnt: Dieses Geschäftsmodell der Wissenschaftsverlage, welches Wissen, was eigentlich der Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollte, zu einer privatwirtschaftlichen Handelsware macht, wird zu Recht auch scharf kritisiert.
Um Wissen für die Allgemeinheit verfügbar zu machen und sie daran teilhaben zu lassen, bereiten Wissenschaftsjournalist*innen die Ergebnisse der Fachpublikationen so auf, dass sie möglichst für jede*n nachzuvollziehen sind. Die große Herausforderung besteht darin, sehr komplexe Sachverhalte auf relevante Informationen zu reduzieren, hochspezifische Fachsprache in allgemein verständliche Formulierungen umzuwandeln, ggf. Zusatzinformationen in Form von Infografiken zu erstellen und die Erkenntnisse vor allem in einen übergeordneten Zusammenhang einzubetten: Wofür ist das eigentlich gut? Welchen praktischen Nutzen können diese Forschungsergebnisse haben? Zum Beispiel können sie zur Weiterentwicklung einer Technologie, zur Klärung bislang ungelöster Fragen oder zu neuen Therapien für bestimmte Krankheiten beitragen.
Je nach Zielgruppe wird in der Wissenschaftskommunikation zwischen verschiedenen »Teilbereichen« unterschieden, die jeweils unterschiedliche, manchmal aber auch überschneidende Funktionen aufweisen. Zum einen ist das der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, wo Wissenschaftskommunikation zum Teil auch als Synonym zum Begriff »Wissenschafts-PR« verwendet wird. Darüber hinaus gibt es allerdings auch noch den sogenannten Wissenschaftsjournalismus, der wissenschaftliche Informationen aufbereitet und der Gesellschaft bzw. der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Auch Institutionen wie etwa Science Centers, Planetarien oder Wissenschaftsmuseen werden als Akteure der Wissenschaftskommunikation angesehen und leisten einen wichtigen Beitrag bei der Vermittlung von Wissen(schaft). Ähnlich wie in anderen kommunikativen Bereichen , nutzt die Wissenschaftskommunikation die klassischen Medien Text, Bild und Bewegtbild sowie Online-Medien aller Art.
Neben der allgemeinen Öffentlichkeit, in der eine möglichst breite Masse der Bevölkerung angesprochen werden soll, kann sich Wissenschaftskommunikation auch an spezifische Zielgruppen richten, zum Beispiel an politische Akteur*innen, die ebenfalls verständlich aufbereitete Informationen benötigen, um fundierte Entscheidungen (z.B. für Gesetzesänderungen oder andere politische Maßnahmen) treffen zu können.
Wissenschaftsjournalismus vs. Wissenschafts-PR
Die Aufgaben der zwei wichtigsten Bereiche der Wissenschaftskommunikation, der Wissenschaftsjournalismus und die Wissenschafts-PR, überschneiden sich zwar teilweise, weisen aber auch große Unterschiede auf, so dass diese Begriffe streng genommen nicht synonym verwendet werden können. Obwohl die Vermittlung und die Verbreitung von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Hauptaufgaben beider Sparten gehören, sind sowohl die der Arbeitsschwerpunkt als auch die angewendeten Methoden unterschiedlich.
Der Wissenschaftsjournalismus dient vor allem der Vermittlung bzw. Übersetzung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Ziel ist es, die Bevölkerung über die Erkenntnisse zu informieren, diese in einen Diskurs bzw. Kontext einzuordnen und deren Relevanz zu verdeutlichen. Dabei haben Wissenschaftsjournalist*innen, genau wie andere Journalist*innen auch, stets eine Verpflichtung, möglichst neutral und nicht interessengeleitet zu berichten. Selbstverständlich hinterfragen, bewerten und kommentieren sie die Forschungsentwicklung aber auch in ihren Beiträgen.
Der Wissenschaftsjournalismus deckt hier die unterschiedlichsten Bereiche ab und orientiert sich meist an aktuellen Entwicklungen (z.B. Klimawandel, Fortschritte bei Behandlungen von Krankheiten etc.) oder besonderen Ereignissen (z.B. die Fukushima-Nuklearkatastrophe 2011, der Vulkanausbruch auf Island 2010 oder aktuell die Corona-Krise). Im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen also vor allem Themen aus den Naturwissenschaften, der Technik, Medizin und vereinzelt auch aus der Geschichts- und Sozialwissenschaft sowie Psychologie. Erkenntnisse aus den Geisteswissenschaften werden hingegen meist im Kulturjournalismus behandelt.
Darüber hinaus gibt es auch im Bereich Unterhaltung (etwa im TV und seit einigen Jahren auch bei YouTube) Formate, die dem Wissenschaftsjournalismus zuzuordnen sind. Prominente Beispiele sind die berühmte »Sendung mit der Maus«, »Löwenzahn«, »Quarks und Co.« oder die YouTube-Kanäle maiLab oder MrWissen2go.
Während es beim Wissenschaftsjournalismus also um die Verbreitung von Erkenntnissen in den Massenmedien für eine breite Öffentlichkeit geht, ist die Wissenschafts-PR vor allem damit beschäftigt, in der Öffentlichkeit oder auch in der Politik ein Bewusstsein und eine positive Wahrnehmung des eigenen Wirkens zu erzielen, was vor allem für Forschungseinrichtungen und die Forscher*innen selbst ein wichtiger Faktor ist: Denn hier geht es neben der Wissensvermittlung auch darum, zu zeigen, dass die Forschung relevant ist und auch in Zukunft noch weiter gefördert werden sollte. Dabei werden Erkenntnisse in verständlicher Form für bestimmte Zielgruppen bereitgestellt, die zur richtigen Zeit mit der passenden Botschaft angesprochen werden sollen. Ansonsten unterscheidet sich die Arbeit methodisch kaum von der klassischen PR. Zu den wichtigsten Tools gehören folgende PR-Maßnahmen:
- Klassische Pressearbeit (Pressemitteilungen, Gespräche mit Journalist*innen, Pressekonferenzen etc.)
- Wissenschaftliche Veröffentlichungen/Stellungnahmen
- Teilnahme an wissenschaftlichen Veranstaltungen (Messen, Fachkongressen, Workshops und bei Seminaren, Events in Wissenschaftsmuseen, Planetarien o.Ä.)
- Online-PR (Webseiten-Pflege, Newsletter, Blog, redaktionelle Beiträge etc.)
Ausbildung, Einstieg und Arbeitgeber
Möchtest du in der Wissenschaftskommunikation arbeiten, wird meist ein naturwissenschaftliches Hochschulstudium (z.B. Physik, Chemie, Medizin, Geographie o.Ä.), vorausgesetzt, das mindestens mit einem Master abgeschlossen ist. Dies bildet die Grundlage dafür, den wissenschaftlichen Diskurs fundiert verstehen und Forschungsdaten korrekt interpretieren zu können. Darüber hinaus kann es, gerade für den Wissenschaftsjournalismus, von Vorteil sein, wenn du diesen Abschluss mit einer journalistischen Ausbildung ergänzt, zum Beispiel in Form eines Volontariats. Auch im Bereich Wissenschafts-PR kann ein Volontariat nicht schaden, hier besteht allerdings auch die Möglichkeit, etwa über einen Quereinstieg aus dem Journalismus oder über Assistenzstellen im Pressebüro den Einstieg zu schaffen.
Entsprechende Stellen findest du im Bereich Wissenschaftsjournalismus vor allem beim Radio, bei der Presse, im Fernsehen oder im Online-Journalismus. Dabei kannst du sowohl freiberuflich für mehrere Medienhäuser oder -formate als auch festangestellt bei einem Medium, einem Sender oder anderen Arbeitgebern arbeiten. Darüber hinaus veröffentlichen manche Wissenschaftsjournalist*innen auch populärwissenschaftliche Bücher, haben eigene Podcasts, YouTube-Kanäle oder eigene Fernsehsendungen. Der wohl bekannteste deutschsprachige Wissenschaftsjournalist ist der Luxemburger Ranga Yogeshwar, der viele Jahre lang die Wissenschaftssendung Quarks moderierte. Auch die Chemikerin Ma-Thi Nguyen-Kim, Moderatorin und Initiatorin des YouTube-Kanals maiLab und seit 2018 neue Moderatorin von Quarks, hat in den letzten Jahren enorm an Bekanntheit gewonnen und für ihre Arbeit bereits etliche Auszeichnungen und Preise erhalten.
Wer gerne in den Bereich Wissenschafts-PR einsteigen möchte, findet vor allem Stellen in den Presseabteilungen von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Stiftungen und Verbänden sowie wissenschaftlich-technisch ausgerichteten Unternehmen.
Das A und O ist hier allerdings (wie grundsätzlich im medialen Bereich), dass du schon frühzeitig anfängst, praktische Erfahrungen zu sammeln. Das kann sowohl bei privaten Unternehmen, Lokalzeitungen oder Fernsehsendern sowie z.B. am eigenen Institut möglich sein. Gerade im Bereich Wissenschafts-PR kann eine studentische Aushilfsstelle an der eigenen Uni ein super Sprungbrett darstellen, denn so sammelst du nicht nur praktische Erfahrung, sondern kommst gleichzeitig auch mit wissenschaftlichen Themen, Professor*innen und Wissenschaftler*innen in Berührung und kannst so wichtige Kontakte knüpfen. Auch im Wissenschaftsjournalismus gibt es Aushilfsstellen oder Praktika, die den Einstieg in die Wissenschaftskommunikation erleichtern – etwa bei bestimmten Sendungen, im Wissenschaftsressort einer Zeitung oder bei einem Online-Magazin.
Warum Wissenschaftskommunikation so wichtig ist
Besonders im Informationszeitalter, in dem wir zunehmend mit Falschinformationen konfrontiert werden, ist eine gut geplante und ausgeführte Wissenschaftskommunikation wichtiger denn je. Da wir viele Informationen auch ungefiltert erhalten (vor allem über Soziale Medien), fällt es uns als Individuum – und als Gesellschaft – immer schwerer, diese Inhalte einzuordnen, zu interpretieren, in den richtigen Kontext zu bringen und deren Glaubwürdigkeit korrekt einzuschätzen.
Die verstärkte öffentliche Verbreitung von Fake News, populistischer Propaganda und Verschwörungsmythen zeigt, wie empfänglich wir – auch als vermeintlich aufgeklärte Gesellschaft – für potentiell gefährliche Falschinformationen sind. Eine gute Wissenschaftskommunikation kann also dabei helfen, unsere Welt und komplexe Phänomene besser zu verstehen, auch schwierige Inhalte zugänglicher zu machen und mehr Vertrauen zu schaffen. Wenn du also an wissenschaftlichen Themen interessiert bist, dich aber weniger als Forschende*r siehst, sondern lieber im medialen Bereich arbeiten möchtest, ist die Wissenschaftskommunikation die ideale Kombination deiner Interessen und einer sinnstiftenden Tätigkeit, welche die Gesellschaft ein Stück voran bringen könnte.
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