Diese Episode ist Teil der Reihe »Podcast für Quereinsteiger und ehrliche Bewerber« von BewerbungsUnikate.
Die wichtigsten Key Learnings dieser Podcast-Folge in Kürze
In dieser Episode sprechen BewerbungsCoach Christian B. Rahe und Oliver Munz darüber, welche Rolle das Thema Rhetorik in Bewerbungsgesprächen spielt. Oliver Munz ist Rechtsanwalt, Autor und Mitgründer des Bildungsträgers Rhetorican, der Menschen dabei unterstützt, mit der eigenen Stimme und Körpersprache überzeugend und gleichzeitig authentisch aufzutreten.
Seine Begeisterung für Rhetorik wurde u.a. durch seine Teilnahme im sog. Toastmasters Club geweckt – dieser internationale Verein hat in nahezu allen großen Städten eine eigene Gruppe, in der du in einem sicheren, wohlwollenden Setting deine rhetorischen Fähigkeiten aktiv trainieren kannst und wertschätzendes Feedback von den anderen Teilnehmenden erhältst. Hier kannst du nach einem Toastmasters Club in deiner Nähe suchen.
Du suchst nach einem Job mit Sinn?
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Rhetorik kann jede*r lernen
Grundsätzlich sei erwähnt, dass auch die mitreißendsten Rhetoriker*innen nicht vom Himmel gefallen sind, sondern diese Fähigkeiten über einen längeren Zeitraum aktiv trainiert haben, Stück für Stück über sich selbst und ihr Lampenfieber hinausgewachsen sind – und zu Beginn mit allergrößter Sicherheit nicht nur positives Feedback bekommen haben.
Erste Schritte
Viele Menschen empfinden Bewerbungsgespräche wohl ähnlich wie eine Prüfungssituation – und sind entsprechend nervös. Daher fällt es – verständlicherweise – oftmals schwer, sich gerade in dieser Stresssituation dann auch noch mit der Perfektion der eigenen Redekunst auseinanderzusetzen. Doch wie bereits erwähnt: Mit der richtigen Übung kann man auch in schwierigen Situationen überzeugend und souverän kommunizieren.
Doch wo kann man anfangen? Oliver Munz empfiehlt, sich zuallererst ein wenig mit den theoretischen Grundlagen auseinanderzusetzen (z.B. mit Hilfe eines Buches) sowie sich gute Beispiele und Vorbilder anzusehen. Ein Tipp sind die sog. TED-Talks, die frei auf YouTube verfügbar sind. Selbstverständlich gibt es auch TED-Talks zum Thema Rhetorik.
Üben, üben, üben…
Auch wenn man sich nicht dem Toastmasters-Rhetorik-Club anschließen möchte, gibt es natürlich Möglichkeiten, ins Üben zu kommen. Dafür empfiehlt der Experte, sich mit einem vertrauten Menschen zusammenzutun, ins Gespräch zu gehen und sich anschließend gegenseitig Feedback zu geben: Wie wirke ich beim Sprechen? Wie habe ich kommuniziert? Was könnte ich noch besser machen? Fest steht: Ohne Übung ein*e Meister*in der Rhetorik zu werden, ist schlichtweg unmöglich. Hier ist das aktive Training genauso wichtig, wie es z.B. bei olympischen Sportler*innen ist, wenn sie Bestleistungen erreichen wollen.
Die Angst vor dem Blackout
Ganz wichtig ist zudem ein Mindset, dass Fehler passieren dürfen und dies auch völlig in Ordnung ist. Im besten Falle sind weniger erfolgreiche Rede-Auftritte wertvolle Lern- und Entwicklungserfahrungen. Auch Oliver Munz erlebte vor Publikum das, wovor sich viele Redner*innen am allermeisten fürchten: Einen totalen Blackout. Was dies für negative Konsequenzen hatte? Gar keine. Diese Erfahrung, dass selbst ein Blackout keine reale Gefahr darstellt und die Angst davor völlig unbegründet ist, hat ihn anschließend viel entspannter werden lassen. Und genau diese Entspannung ermöglicht es, wirklich authentisch vor anderen sprechen zu können.
Authentizität vs Perfektion – bin ich, so wie ich bin, überhaupt »gut« genug?
Aus der Sicht von BewerbungsCoach Christian B. Rahe ist das Thema Authentizität, besonders im Kontext von Bewerbungsgesprächen, noch viel zu unterrepräsentiert. Viele seiner Klient*innen fragen, wie sie denn »richtig« oder gar »perfekt« auftreten. Dabei gehe es laut den beiden Experten gar nicht um »richtig« oder »falsch«, sondern eher darum, authentisch zu sein.
Auch der Arbeitgeber hat ein großes Interesse daran, sowohl das eigene Unternehmen authentisch darzustellen als auch die Bewerber*innen auf eine authentische Weise kennen zu lernen. Denn verstellen sich beide Seiten, kann es leicht passieren, dass es dann doch nicht passt, die*der Mitarbeitende wieder frustriert kündigt und die aufwändige Personalsuche von vorn beginnen muss. Konkret heißt das: Nur mit Authentizität auf beiden Seiten lässt sich herausfinden, ob man zusammenpasst, um spätere Frustration zu vermeiden.
Dabei sind Aufregung und Nervosität beim Bewerbungsgespräch völlig normal. Auch sollte man bedenken, dass es gerade die eigenen Ecken und Kanten sind, durch die man als Persönlichkeit wahrgenommen wird und diese auch der ausschlaggebende Faktor sein können, warum sich ein Arbeitgeber für eine*n Kandidat*in entscheidet.
Wichtig ist es also, sich zu erlauben, auch mal Fehler zu machen sowie Angst und Erwartungsdruck aus der Situation rauszunehmen – meist sind die Erwartungen an sich selbst weitaus größer als die Erwartungen von außen.
Ein überzeugendes Vorab-Telefonat führen
BewerbungsCoach Christian B. Rahe rät Jobsuchenden dringend, nicht einfach eine Bewerbung abzuschicken, sondern vorher immer erst im Rahmen eines Vorab-Telefonats das Gespräch mit dem potentiellen Arbeitgeber zu suchen. Dies dient nicht nur dazu, abzuklären, ob man sich dort überhaupt bewerben möchte, sondern vor allem dazu, eine Beziehungs-Basis aufzubauen, auf die man anschließend im Bewerbungsanschreiben Bezug nehmen kann.
Oliver Munz empfiehlt zuallererst eine gute Vorbereitung: Man sollte vorab recherchieren: Was zeichnet das Unternehmen aus? Wie stellt es sich nach außen dar? Darüber hinaus ist es essentiell, den eigenen Lebenslauf daraufhin zu überprüfen, inwieweit welche Stationen des Lebenslaufs zu den Anforderungen der Stelle passen.
Bevor man dann zum Hörer greift, sollte man sich mental in eine Stimmung bringen, in der man das Telefonat gerne führt. Das kann z.B. mit Hilfe eines guten Podcasts, Musik oder Buchs sein. Denn die Stimmung strahlt auch auf die Stimme aus. Den Erfahrungen von Oliver Munz nach kommt es gar nicht so sehr auf den eigentlichen Inhalt des Gespräches an, sondern auch auf die Persönlichkeit und Motivation, die man mit der eigenen Stimme transportiert und die Stimmung, die ich beim Gegenüber damit erzeuge: Wie leidenschaftlich und interessiert ist die*der Bewerber*in in Bezug auf die Stelle? Wie kommuniziert die Person?
Aus Nervosität vergessen, was man eigentlich sagen oder fragen sollte, ist völlig menschlich. Daher: Einfach vorher Notizen machen.
Eine Einstiegsfrage, die man beim Vorab-Gespräch gut stellen kann, ist z.B. »Ist die Stellenanzeige noch aktuell?« Dabei kann man schon die eigenen passenden Vorerfahrungen erwähnen oder – wenn man eher Quereinsteiger*in ist – direkt klären, ob sich eine Bewerbung lohnt.
Während des Gesprächs raten die beiden Experten dazu, möglichst viele offene Fragen zu stellen. Das heißt Fragen, die nicht mit »ja« oder »nein« beantwortet werden können. Ein gutes Fragewort für offene Fragen ist das »Wie…«? So entsteht automatisch ein Dialog und man kann Missverständnisse ggf. sofort klären.
Nach dem Gespräch hat der*die Personaler*in dann bereits einen ersten Eindruck und eine Stimme zur Bewerbung im Kopf – damit ist man anderen Bewerber*innen einen großen Schritt voraus.
Vorsicht mit Rhetorik-Techniken!
Doch wie sieht es mit den konkreten Rhetorik-Techniken und sprachlichen Kunstgriffen aus? Wer ein Rhetorik-Seminar belegt, lernt eine ganze Bandbreite von klassischen Techniken, z.B. um Gespräche zu steuern, unbemerkt Einfluss auf das Gegenüber auszuüben, empathisch zu wirken uvm.
Diese Techniken können natürlich sehr nützlich sein, dennoch besteht die Gefahr, dadurch künstlich rüberzukommen, wenn die Techniken unreflektiert angewendet und nicht in die eigene Persönlichkeit integriert werden. Profis erkennen sofort, wenn jemand ein Rhetorik-Seminar belegt hat und die Techniken einfach »abspult«. Zudem kann es gerade für Anfänger*innen überfordernd sein, sich zusätzlich auf die »richtige« Technik zu fokussieren – und nicht zuletzt bleibt dadurch weniger mentale Kapazität, um sich wirklich auf das Gegenüber zu konzentrieren und eine authentische Begegnung zu gestalten.
Beim Bewerbungsgespräch – der erste Eindruck zählt
Wird man schließlich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, ist der erste Eindruck von großer Bedeutung. Dazu zählen auch die Körpersprache und subtile Verhaltensweisen: Wie stehe von meinem Platz im Wartebereich auf? Wie gehe ich durch die Tür? Ja, auch das sagt einiges aus. Idealerweise gehe ich mit leicht gestreckter Brust und selbstbewussten Schrittes und ohne Hektik durch die Tür und schaue die Personen mit einem freundlichen Lächeln an. Auch wenn man eine gewisse Nervosität nach außen hin erkennen kann, ist das kein Problem – im Gegenteil, denn viele Personaler*innen werten es eher negativ, wenn man übertrieben lässig oder gar arrogant rüberkommt.
Man setzt sich erst hin, wenn man dazu aufgefordert wird. Der Händedruck ist ebenfalls wichtig für den ersten Eindruck: Viele Menschen tendieren zu einem laschen Händedruck. Am besten also vorher mit anderen Personen den eigenen Händedruck üben, so dass er fest, aber für das Gegenüber trotzdem noch angenehm ist. Dies signalisiert: »Ich stehe zu meinem Wort.«
Online-Bewerbungsgespräche souverän meistern
Es ist damit zu rechnen, dass auch nach der Pandemie viele Bewerbungsgespräche weiterhin online durchgeführt werden. Hier fällt der Händedruck natürlich weg – stattdessen können wir aber unser Lächeln und unsere Mimik einsetzen. Zudem sollten beim Sprechen die Hände auch in einem Zoom-Meeting auf natürliche Weise mitgestikulieren, um die eigenen Redebeiträge lebhaft zu gestalten. Tipp: Nicht in den Bildschirm, sondern direkt in die Webcam schauen, damit man Blickkontakt herstellt. Bei vielen Programmen lässt sich das Fenster, in dem die Gesprächspartner*innen zu sehen sind, auch an den oberen Bildschirmrand direkt unter die Kamera schieben, so dass man beim Blick in die Webcam auch gleichzeitig das Gegenüber sieht. Auch der Hintergrund, den man in der Kamera sieht, sollte aufgeräumt und neutral sein.
Wie wichtig ist Rhetorik überhaupt?
Studien deuten darauf hin, dass die inhaltliche Ebene nur zu etwa 12 % bestimmt, wie man von anderen wahrgenommen wird. Die restlichen 88 % gehen auf das Konto der Stimme und noch stärker auf das der sog. non-verbalen Rhetorik, d.h. Mimik, Gestik, Auftreten und die äußere Erscheinung. Als besonders sympathisch und vertrauenswürdig wird man nur dann wahrgenommen, wenn Inhalt, Stimme und das nonverbale Verhalten die gleiche Botschaft vermitteln: Genau dann sind wir authentisch.
Leidenschaft schlägt Qualifikation
Und noch eine beruhigende Nachricht zum Schluss: Wenn zwei Kandidat*innen in der engen Auswahl stehen, wählen viele Personaler*innen oftmals nicht die Person mit der höheren Qualifikation, sondern den*die Bewerber*in, der*die mehr echte Begeisterung und Leidenschaft für die Stelle rüberbringen konnten.
Wenn Du mehr über Oliver Munz erfahren möchtest, besuche gerne die Rhetorican-Webseite. Und hier geht es lang zur Homepage von BewerbungsCoach Christian B. Rahe-Helmerichs,